piwik no script img

Ignoranz der Autobauer für ChinaElektrisch? Och nö

China ist für die Autobranche der größte Markt. Doch die Regierungspläne für mehr Elektroautos sorgen für Widerstand.

Die Hoffnung auf Luft-Verbesserung durch E-Autos stirbt zuletzt. Passanten 2014 in Peking Foto: dpa

Peking taz | Wenn am heutigen Donnerstag der Genfer Autosalon seine Pforten öffnet, dann wird das Land China im Fokus stehen, der weltweit größte Absatzmarkt für Autos. Die Stimmung ist angespannt – die chinesische Regierung setzt die Autobauer derzeit mächtig unter Druck. Erst im Herbst veröffentlichte das chinesische Industrie- und Informationstechnologieministerium Pläne, wonach es eine verpflichtende Mindestquote für Elektroautos geben soll.

Je nach Rechenart sahen die Pläne vor, dass fast jedes vierte verkaufte Fahrzeug mit einem Elektro- oder Hybridmotor ausgestattet sein muss. Und zwar bereits ab 2018. Vor allem für die deutsche Automobilindustrie wäre der vorgegebene Zeitplan nicht einzuhalten gewesen, monierte sie. Zwar hat sich die erste Aufregung inzwischen gelegt. In Berlin ist vergangene Woche durchgesickert, China sei bereit, die Schonzeit um ein weiteres Jahr zu verlängern. Auch solle die Elektroquote nicht ganz so streng gehandhabt werden wie vorgesehen.

Trotzdem verwunderte die Aufregung vom Herbst. Angesichts der extremen Umweltbelastung in den meisten chinesischen Großstädten hatte Chinas Führung schon 2013 das Ziel ausgegeben, die Zahl der Elektroautos bis 2020 auf mindestens 5 Millionen zu erhöhen. Bisher hinkt China diesem Ziel weit hinterher. Kein Wunder also, dass die Regierung über verschärfte Maßnahmen nachdenkt.

China ist inzwischen der größte und wichtigste Markt für die weltweite Autobranche. Insgesamt bei fast 22 Millionen lag die Zahl der verkauften Fahrzeuge im vergangenen Jahr. Man sollte denken: Was die Regierung in dem auch weiterhin streng regulierten Staat will, findet bei der Automobilindustrie auch Gehör.

Länger, breiter, mehr PS

Doch die meisten Autobauer, so macht es bei der Vorstellung ihrer neuen Modelle den Eindruck, ignorieren die Zielvorgaben der chinesischen Regierung weitgehend. Größer, luxuriöser und mit noch mehr Hubraum – das ist stattdessen das Motto der meisten Aussteller beim Genfer Autosalon. Von den 900 ausgestellten Fahrzeugen erfüllen gerade einmal 66 das für 2021 ausgegebene CO2-Emissionsziel der EU-Kommission.

BMW will die Schweizer Bühne nutzen, um sein neues Modell, den 5er Touring, vorzustellen. Mercedes präsentiert sein E-Klasse-Cabrio mit Allrad­antrieb. Volkswagen zeigt den Arteon, eine Variante seines Passats, nur länger, breiter und mit 280 PS. Sogar der Polo, traditionell der Kleinwagen von VW, wird mit längerem Radstand präsentiert. Als GTI schafft er es auf über 200 PS. Autos mit neuen Antriebsformen (NEV), wie Elektromotoren oder Hybridautos, sind in Genf hingegen kaum zu sehen.

Käufer von E-Autos erhalten umgerechnet rund 9.000 Euro

Dabei versucht Chinas Regierung bereits seit 2011 mit großzügigen Subventionen den Verkauf von Elektro- und Hybridautos anzukurbeln. Für Elektrofahrzeuge erhalten die Käufer einen Zuschuss von umgerechnet rund 9.000 Euro. Zudem bekommen Fahrer von Elektroautos sofort ein Nummernschild. Wegen der hohen Verkehrsbelastung werden die Kennzeichen in Städten wie Peking und Schanghai bei konventionellen Autos nur noch verlost. Die Chance, ein Nummernschild zu ergattern, liegt derzeit bei 1 zu 80.

Daimler und VW haben mit ihren chinesischen Joint-Venture-Partnern zwar Elektro­autos für den chinesischen Markt entwickelt. Doch der Verkauf läuft schleppend. „Die meisten ausländischen Autobauer versuchen die Entwicklung von Elektromobilität bewusst hinauszuzögern“, vermutet He Lun, ein führender chinesischer Autoexperte.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Wie man das "kein Abgas in Städten"-Problem noch lösen kann:

    Hyundai bringt Brennstoffzellen-SUV mit 800 km Reichweite, Quelle; http://www.ingenieur.de, Tankzeit 3 Minuten.

    Auch hier: alle anderen Probleme bleiben.

  • Der Boomerang kommt irgendwann zurück. Wir hier in Europa sitzen auf einer art Grünen Insel und bauen unseren Wohlstand zusehens mehr und mehr auf den Schultern der Menschen in fern Ost die zu Billiglöhnen arbeiten. Falls die Gesetzgeber den Autobauern hier in Europa weiterhin den roten Teppich ausrollen und keine klaren Ansagen in Punkto umweltschonender Antriebe und Arbeitsplatzsicherung machen, wird sich das Druckmittel Arbeitsplätze von ganz alleine erledigen, denn ein Verbrennungsmotor besteht aus ca. 2500 Teilen .... ein Elektromotor nur aus etwa 50 . Getriebe, Abgasanlagen, Motorsteuerelektronik , Kraftstofftechnik, Öle und und und fallen einfach weg ! Wenn Autoindustrie und Politik weiter dermaßen im Scheuklappenmodus bleibt, und nicht jetzt schon anfängt alternative Arbeitsplätze zu schaffen wird es irgendwann genauso oder noch schlimmer eskalieren wie damals im Kohlenpott als die Gruben nach und nach geschloßen wurden! Wer die Branche dann noch genauer beobachtet der wir feststellen das schon jetzt hochdotierte Manager und Ingineure von bekannten Autobauern in Fernost an neuen Standorten feilen um dort ein neues Autoproduktionsmekka zu schaffen, wohl wissend das hier in Europa der Zug gerade abfährt ohne das jemand einsteigt...

    • @Bodo Klimmek:

      Das scheint mir genau der Artikel zu sein, der letzens bei der TAZ zum Thema "Wegfall von Arbeitsplätzen in der Automobilbranche befürchtet" erschien. Und wir wiederholen es noch einmal: E-Mobilität löst genau ein Problem: Abgase in Städten. Es löst nicht: Platzbedarf, Zerschneidung von Natur durch Autobahnen, Bereitstellung von elektrischer Energie, Zeit zum Pendeln, Feinstaub durch Abrieb, Ressourcenbedarf für die Herstellung der Autos, Entsorgung der gebrauchten Komponenten. Wenn es ein Cradle-to-cradle Konzept gibt, dann ja. Sonst lassen.