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Ideologie der BlockchainDie ineffizienteste Datenbank der Welt

Kommentar von Michael Seemann

Blockchains werden gehyped, aber wenig gebraucht. Rechte interessieren sich dafür, weil sie den etablierten Institutionen misstrauen.

Eine Blockchain funktioniert wie ein Haufen miteinander vernetzer, verschlüsselter Grundbucheinträge. Sie kostet Zeit, Rechenkraft und Ressourcen Foto: João Silas/unsplash

D ie Blockchain wird derzeit überall als neue Wundertechnologie gepriesen. Sechsmal kommt das Wort im Koalitionsvertrag vor, immer im Kontext neuer, vielversprechender Digitaltechnologien.

Doch was steckt dahinter?

Die erste populäre Anwendung, die Blockchaintechnologie nutzte, war Bitcoin. Bitcoin basiert darauf, dass alle Transaktionen, die mit der digitalen Währung gemacht werden, in einer Art Grundbuch vermerkt werden. Nur liegt dieses Grundbuch nicht bei einem zentralen Grundbuchamt, sondern auf den Computern aller Bitcoin-Nutzer. Jeder hat eine identische Kopie aller Transaktionen. Und jede neue Transaktion wird mehr oder weniger gleichzeitig in all diesen Büchern vermerkt. Erst wenn der Großteil aller Bücher die Trans­aktion aufgeschrieben hat, gilt sie als vollzogen. Dabei wird jede Transaktion mit den vorhergehenden kryptografisch verkoppelt, sodass ihre Gültigkeit für alle nachprüfbar ist. Schiebt nun etwa jemand eine gefälschte Transaktion dazwischen, dann stimmen die Berechnungen nicht mehr, und das System schlägt Alarm. Am Ende hat man eine Speichertechnologie, die kein Einzelner kontrollieren oder manipulieren kann.

Schon früh räumten selbst Bitcoin-Skeptiker ein, dass unabhängig von der digitalen Währung die zugrunde liegende Blockchaintechnologie das eigentliche Zukunftspotenzial berge. Seitdem zerbrechen sich viele Menschen den Kopf, wo man sie noch anwenden könnte.

Komplette Dezentralisierung

Das Internet galt immer als eine besonders dezentrale Technologie, doch das stimmt für die meisten Dienstleistungen schon lange nicht mehr. Sie alle nutzen eine Suchmaschine (Google), ein soziales Netzwerk (Facebook) und einen Nachrichtendienst (WhatsApp). Diese Dienste basieren darauf, dass sie zentral unsere Daten halten und organisieren. Die Blockchaintechnologie scheint einen Ausweg zu weisen: Alle Dienste, die bislang über zentrale Datenbanken funktionierten, könnten nun auch mit einer solchen verteilten Blockchain organisiert werden. Ein Zentrum bräuchte es dann nicht mehr.

Michael Seemann

ist Kulturwissenschaftler, Autor und beschäftigt sich seit 13 Jahren mit Netzthemen. Der Text erschien zuerst auf seinem Blog.

Die Ideen gehen so weit, komplexe Geschäftsprozesse in Blockchains ­abzubilden. Beispielsweise automatisierte Auszahlungen an ein Konto, wenn eine Aktie einen bestimmten Wert erreicht. Das nennt sich dann „Smart Contracts“.

Der Hype um die Blockchain ist fast so alt wie der um Bitcoin, wir reden also bereits seit sechs bis sieben Jahren über die Unabwendbarkeit dieser Technologie. Hunderte, ja Tausende Start-ups haben sich seitdem gegründet. Ebenso viele Anwendungszwecke der Blockchain wurden seither behauptet.

Warum, so fragt sich der interessierte Beobachter, gibt es neben den Kryptowährungen (die selbst hauptsächlich Spekulationsblasen ohne wirkliche Anwendung sind) dann noch keine einzige populäre Anwendung? Warum hat noch keine auf Blockchain basierende Suchmaschine Google bedroht oder ein blockchainbasiertes sozia­les Netzwerk Facebook? Warum sehen wir keine Fahrtenvermittlung auf Blockchainbasis und keine Wohnungsvermittlung, obwohl genau diese Zwecke so oft angepriesen wurden? Warum verbleiben alle Blockchaintechnologien in der Projektphase, und keines findet einen Markt?

Die Antwort ist: Blockchain ist mehr Ideologie als Technologie. Ideologie meint hier, dass dahinter eine Vorstellung steht, wie Gesellschaft funktioniert und wie sie funktionieren sollte.

Vertrauen zwischen Unbekannten

Eines der ältesten Probleme der Sozialwissenschaft ist die Frage, wie Vertrauen zwischen Unbekannten hergestellt werden kann. Gesellschaft funktioniert erst, wenn dieses Problem hinreichend gelöst ist. Der Ansatz unserer modernen Gesellschaft ist es, Institutionen zu etablieren, die als vertrauensvoller Dritter Interaktionen absichern. Denken wir an Banken, das Rechtssystem, Parteien oder Medien. All diese Institutionen bündeln Vertrauen und sichern so soziale Handlungen zwischen Unbekannten ab.

Diese Institutionen allerdings erlangen durch ihre zentrale Rolle eine gewisse gesellschaftliche Macht, die Anhängern einer bestimmten Denkrichtung schon immer ein Dorn im Auge war: nämlich den Libertären, oder auch Anarchokapitalisten. Sie glauben zum Beispiel, dass es keinen Staat geben solle, der sich in die Angelegenheiten der Menschen einmischt. Der Markt – als Summe aller Individuen, die miteinander handeln – solle das von sich aus regeln. Libertäre sind entsprechend sehr kritisch gegenüber Institutionen wie Zentralbanken, die Währungen ausgeben. Die Zentralbanken – und Banken überhaupt – aus der Gleichung zu streichen ist schon der Grundgedanke hinter Bitcoin.

Hinter Blockchain verbirgt sich der libertäre Wunsch einer Gesellschaft ohne Institutionen. Statt Vertrauen in Institutionen sollen wir Vertrauen in die Kryptografie haben.

Hinter Blockchain verbirgt sich der libertäre Wunsch einer Gesellschaft ohne Institutionen. Statt Vertrauen in Institutionen sollen wir Vertrauen in die Kryptografie haben. Statt unserer Bank sollen wir auf die Unknackbarkeit von Verschlüsselungen vertrauen, statt Uber oder einer Taxi-App sollen wir einem Protokoll vertrauen, das uns einen Fahrer vermittelt.

Deswegen sind Bitcoin und die Blockchaintechnologie so beliebt bei den amerikanischen Rechten, die eine lange libertäre Tradition haben und den Staat ablehnen. Deswegen kommen sie auch bei deutschen Rechten sehr gut an, zum Beispiel bei Alice Weidel von der AfD, die nun die Keynote auf einer großen deutschen Bitcoin-Konferenz halten wird und ein eigenes Blockchain-Start-up gründet. Wer gegen „Lügenpresse“ und „Altparteien“ wettert, steht im Zweifel auch allen anderen Institutionen kritisch gegenüber.

Naives Misstrauen

Wenn man also in Blockchain investiert, macht man eine Wette gegen das Vertrauen in die Institutionen. Und das ist auch der Grund, warum diese Wette noch nicht ein einziges Mal gewonnen wurde. Denn die Ideologie des Anarchokapitalismus ist naiv.

Rein technisch kann eine Blockchain dasselbe, was jede Nullachtfuffzehn-Datenbank schon lange kann – tendenziell eher weniger. Das einzige Feature, das die Blockchain auszeichnet, ist, dass niemand einer zentralen Instanz vertrauen muss. Statt einer Datenbank braucht es Millionen Datenbanken. Statt eine Transaktion einmal aufzuschreiben, muss sie Millionen Mal aufgeschrieben werden. All das kostet Zeit, Rechenkraft und Ressourcen.

Wenn man also die libertäre Grundannahme, dass die Menschen den Institutionen misstrauen sollen, nicht teilt, dann ist die Blockchain nur die ineffizienteste Datenbank der Welt.

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16 Kommentare

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  • Oje. Also, dass die Banken tendenziell Angst vor der Blockchain haben und dies eventuell ein Grund ist, weshalb die Technologie sich trotz der vielen Ideen und Start-Ups noch so gar nicht etabliert hat, das halte ich ja noch für denkbar. Der Artikel deutet es ja an. Bloß interessieren sich Banken auch sehr für die Blockchain- und Bitcoin-Technologie. Anzunehmend ist, dass sie wenn überhaupt, dann nach dem Willen und zu einem Zeitpunkt, den diese Institutionen für richtig halten etabliert wird.

    Und aus so einer Art rechten Vereinnahmung durch die AfD dann gleich zu stricken, dass die ganze Technologie böse, böse und rechts ist, ist ziemlicher Unfug. Es gibt so einer Keynote, so ärgerlich sie ist, zu viel Raum und der AfD zu viel Macht.

    Das Institutionenvertrauen ist sicherlich bei Rechtsextremen gering. Im Übrigen aber würde durch das Etablieren der Technik im Finanzsektor aber nicht eine Institution durch ein Protokoll oder Programm ersetzt, wie es der Artikel darlegt. Sondern duch eine oder mehrere neue Institutionen oder es zöge eine Veränderung der bestehenen Institutionen nach sich. An dieser Stelle geht die Argumentation völlig schief.

    Auch werden alle möglichen anderen Kryptowährungen außer Acht gelassen - besonders grüne, nachhaltige etwa. Und das ist nur ein Beispiel.

    Der tiefere Grund dafür, dass sich Ideen und Anwendungen bislang nicht durchgesetzt haben ist sicherlich mit den Mitteln der



    Soziologie zu greifen. Hier aber eher im Bereich Feldtheorie, denke ich.

  • Also ...



    1. Bitcoin als Währung ist zur Zeit sehr spekulativ, "Coin-IPO"s (ICO) nutzen v.a. den Initiatoren.



    2. Bargeld ist den Staaten verhasst, da es sich um eine Privatsphäre handelt, die man nicht so einfach durchschnüffeln kann. OK und Kinderpornos werden weiterhin genutzt werden, um Bargeld zu verteufeln. Wer hier nicht "libertär" = Bargeldfan ist, dem/der ist auch nicht mehr zu helfen.



    3. Bitcoin-Transaktionen sind keineswegs anonym, also näher an SWIFT als an ca$h. Wie auch wohl, die Transaktionen sollen ja verifizierbar sein, das schließt ja dann Sender/Empfänger/Betrag als Minimum ein.



    4. Blockchains sind zunächst einmal eine stromintensive Alternative zu elektronischen Notaren mit Hashfunktion - und wirklich nicht viel mehr.



    5. Datenbanken haben mit Blockchains nur sehr bedingt zu tun, es geht ja um Daten *und* ihre Integrität.



    6. Dem Staat zu mißtrauen ist links außer Mode gekommen. Wirft ein bezeichnendes Licht auf die derzeitigen Machtinhaber/in.



    7. Vertrauen in die Kryptographie kann durchaus angemessener sein als V. in die derzeitigen Institutionen, Linke denken bitte an TTIP, Rechte an "2015". Dass RSA mit Quantenrechnern den Bach runter geht, ist allg. bekannt; welche Hashfunktion (i.e. Blockchainkern) betroffen sein werden, wissen wir - noch - nicht. Da wird aber nichts verheimlicht.

  • Der Artikel fasst es etwas polemisch, aber zutreffend zusammen: Bitcoin ist Teufelszeug, und Blockchain overhyped. Der faire Wert von Bitcoins ist null.

    Ein Skandal ist, dass es die Regierungen dieser Welt wieder einmal nicht schaffen, eine Zockerwelt trocken zu legen. Bitcoin wird nie eine Geldfunktion haben (selbst ein Bitcoin Congress hat kürzlich die Bezahlung des Eintrittsgeld mit Bitcoins abgeschaltet).

    Massives Politikversagen -- aber wen wundert das schon noch mit Blick auf unser politisches Personal.

    • @Sven :

      Overhyped ist gebongt, dass Bitcoin bei der derzeitigen Volatilität kein Zahlungsmittel ist - auch gebongt. Ob BC jemals sich so beruhigt, dass mensch es zum "Zahlen" nutzen kann - fraglich.

      Aber: Nicht die Technik, das Eigentum an Daten öffentlich eindeutig festmachen zu können und sich zu einigen, wo die Daten für alle lesbar liegen ist Teufelszeug. Es sind die Motive der Spekulanten, die es derzeit unbrauchbar machen. Der Politik Versagen bei der Zügelung der Gier vorzuwerfen, scheint mir ein bischen hoch gegriffen.

  • „Warum hat noch keine auf Blockchain basierende Suchmaschine Google bedroht oder ein blockchainbasiertes soziales Netzwerk Facebook?“

     

    Hier offenbart der Autor vollumfänglich seine Ahnungslosigkeit darüber, welche Datenarchitektur welcher Problemstellung angemessen ist. Demzufolge hat er wohl alle vollmundigen Ankündigungen ernst genommen, die von Laien auf Augenhöhe mit ihm losgetreten wurden.

     

    Das könnte man auf sich beruhen lassen, wenn jetzt nicht die ''steile These'' zu einer ''schrägen These'' mutieren würde.

    Ex falso quodlibet.

     

    „Eines der ältesten Probleme der Sozialwissenschaft ist die Frage, wie Vertrauen zwischen Unbekannten hergestellt werden kann.... Denken wir an Banken, das Rechtssystem, Parteien oder Medien. All diese Institutionen bündeln Vertrauen und sichern so soziale Handlungen zwischen Unbekannten ab.“

     

    Soweit die Theorie. Die Verwicklung der Politik in den Diesel-Skandal, die Bereitschaft bei TTIP Souveränität aufzugeben, das Sperren der Parteien gegen Transparenz beim Lobbyismus, die Shareholder-Value-Orientierung der Banken und ihr erfolgreiches Mauern in Brüssel gegen Regulierung - sieht das für einen Sozialwissenschaftler nach einer erfolgreichen Lösung des alten Vertrauensproblems aus?

     

    Zwischen der Extrem-Positionen ''libertär'' und ''totalitär'' spielt sich das Leben der Zivilgesellschaft ab. Ein ''Entweder-Oderismus'' trägt nicht zur Lösung bei, sondern verschleiert die Frage, um die es geht: Wo und wie weit soll/darf/muss sich Staat einbringen und wo hält er sich besser raus?

     

    Das Zutrauen zu Institutionen ist leider nur eine Alternaive (! Wortwitz) zur libertären Grundannahme.

     

    Dem Beharrungsvermögen der gewordenen Institutionen wie Banken steht die Bewegungsunfähigkeit des Publikums entgegen, mit einer untauglichen Begrifflichkeit aus Münz-Welten, das Buchgeld zu denken, geschweige denn das Daten ''Geld''.

     

    Das Umdenken zur Geldwende wird in den Köpfen des Publikums vorbereitet.

    Wer hat daran Interesse?

    • @Hans-Florian Hoyer:

      Sachfrage:

      Hat wirklich JEDER Bitcoin User die 160GB Blockhain?

      Muss jede Transaktion wirklich von "einem Großteil" aller User verifiziert werden bevor sie als vollzogen gilt?

      So steht es in dem Artikel, aber ich dachte es wäre anders?

      • @André Wunstorf:

        1. Nein. User und Knoten im Netzt wären da zu unterscheiden. Ich habe z.B. nur eine Wallet, keinen Bitcoin-Knoten.

        2. Es geht nicht um die einzelne Transaktion, sondern um den Block, der nach allen Regeln vorne neu an die Chain gekettet wird. Weil verschiedene "Miner" die Blöcke unterschiedlich zusammenstellen können, gibt es unterschiedliche Versionen von Blöcken. Da zählt Geschwindigkeit.Die Mehrheit der aktiven Knoten bestimmt, mit welcher Version der Chain weiter gemacht wird. Dann müssen Transaktionen, die im "falschen" Block gelandet sind, in einen neuen Block aufgenommen werden.

  • Ich hätte nicht gedacht, dass es mich mal jucken würde, wenn einfach gestrickte Geister mich in die rechte Ecke stellen "wollen". Als langjährige taz-Leserin hätte ich solch undifferenzierte und plumpe Aneinanderreihung von Zeilen nicht erwartet, jedenfalls nicht hier.

     

    Andererseits ist gerade bei den jüngsten Ereignissen wie der Finanzkrise, den diversen Abhör-Aktionen, Datenklauskandalen, Dieselaffären uvm. deutlich geworden, dass es eben immer noch eine große und träge Masse quer durch alle politischen Lager gibt, die lemmingartig den Institutionen vertraut und deren Vertretern naiv hinterherhächelt.

     

    Letztendlich bestärken mich solche Artikel nur in meiner Meinung, dass BTC & Blockchain mit all ihren noch vorhandenen Schwächen trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung sind. Wie eben auch alle anderen Maßnahmen, die der staatlichen Allmacht, den Bankstern, den Schnüfflern und den kriminell agierenden Günstlingen etwas in den Weg stellen.

  • Der Artikel hinterlässt den Eindruck, das libertäre Denken sei nur unter Rechten und Anarchokapitalist*innen vertreten, was so ja definitiv nicht richtig ist. Jede anarchistische Denkströmung ist (mal mehr mal weniger) libertär. Ich begreife mich selbst als libertär, bin aber absolut gegen Anarchokapitalismus - dass es so etwas überhaupt gibt, finde ich persönlich schon sehr verwunderlich - und noch viel mehr gegen rechtes Gedankengut. Der Artikel hat für mich den Beiklang, dass sich verdächtig/lächerlich macht, wer sein Vertrauen nicht staatlichen Institutionen schenken mag. Anarchokapitalist*innen sind naiv? Sehe ich auch so. Aber wer staatlichen Institutionen (zu sehr/blind) vertraut, ist das meiner Meinung nach eben auch.

  • Wir leben in einer Zeit, in der Systemkritik plötzlich als "rechts" definiert wird. Dabei ist es gerade die Linke, die sich gegen das System der Banken und der staatlichen Allmacht stellt. Der "starke Staat" ist sicher eher eine rechte Ideologie als eine linke Ideologie. Dabei ist es sicher richtig, dass es auch rechte anarchische Strömungen gibt.

    Wir leben in einer Welt, in der die Regierungen die totale Kontrolle über die IT wollen und zunehmend bekommen. Staatliche Überwachung und staatliches Hacking ist omnipräsent. Kryptographie ist das Mittel um diesem etwas entgegen zu setzen. Beim Nachrichtenaustausch ist es die Verschlüsselung und bei den Transaktionen ist es die Blockchain. Eine Transaktion, die von staatlichen Stellen weder verhinderbar ist, noch rückgängig gemacht werden kann, stört die Regierung und freut sowohl Liberale als auch linke und rechte Anarchisten. Wer der staatlichen Allmacht das Wort redet, will keine freie Gesellschaft, sondern eine Diktatur, in die wir immer weiter hineinschlittern.

    Das Problem dabei ist die Balance. Wir wollen weder staatliche Allmacht noch staatliche Ohnmacht. Bei der Digitalisierung fällt es schwer, die staatliche Macht so zu begrenzen, dass der Staat im Einzelfall alles darf, aber dies auf den Einzelfall beschränkt bleibt. Wir haben entweder geheime Kommunikation und sichere Transaktionen auch für Terroristen oder für niemanden. Die Idee, dass der Staat nur in begründeten Einzelfällen überwachen und einschreiten kann, funktioniert digital zumindest zur Zeit nicht.

  • Bitcoin ist ineffizient - insofern stimmt die Überschrift. Das muss aber nicht bei allen Blockchain-Anwendungen so sein.

     

    Es mag an der ein oder anderen Stelle um Vertrauen gehen, aber warum sollte ich das ausgerechnet Banken gegenüber haben? Ich denke, auch bei der Blockchain-Technologie wird es einen Spezialisten geben, zu dem ich hingehe, wenn ich z.B. einen Vertrag per Blockchain abschließe. Warum? Das Gute und gleichzeitig das Schlechte daran ist, dass bei Vorliegen bestimmter Kriterien Geld fließt. Und diese Bedingungen so eindeutig zu formulieren, ist in der analogen Welt schon schwierig genug.

    Die Banken kennen ein solches Instrument schon ziemlich lange (Akkreditiv) und auch das ist ziemlich bürokratisch und teuer.

     

    Was bei der ganzen Diskussion um Bitcoin und Co aber völlig übersehen wird: Der Widerspruch zu allen Grundsätzen der europäischen Datenschutzgrundverordnung. Kein Recht auf vergessen, keine Datenminimierung, keine wirkliche Anonymität, Speicherung in Drittländern, ...

    • @Martin74:

      @Martin74

      Das die Blockchain was das Recht auf vergessen Probleme hat ist klar. Es können eben keine Einträge gelöscht werden.

      Das Recht auf vergessen bezog sich ursprünglich aber nur auf Suchmaschienen, wie google. Das Datum selbst, darf z.b in Archiven weiter vorhanden bleiben. Eine blockchain ist in dem Moment nur ein einfacher zugängliches Archiv. Im zweifel wären z.b die Blockchainexplorer Seiten in der Pflicht, die Auffindbarkeit von Einträgen zu erschweren.

      Vielleicht gib es auch irgendwann einen Blockchain Typus der von alt nach neu löschen kann, oder der Besitzer eines Recorts kann alte einträge selbst löschen.

      Ich nehme an das ist kryptogtaphisch schwer zu machen. Bin da kein Spezialist, Denkbar ist es allemal.

  • Dieser Kommentar ist, mit Verlaub gesagt, völliger Blödsinn. Bitcoin ist ineffizient, Blockchains nicht notwendigerweise. Und dass ausgerechnet der Verzicht auf Autorität eine rechte Idealvorstellung sein soll, ist geradezu absurd.

     

    Dass die Linken derzeit überall an Boden verlieren liegt an genau dieser Art von völliger Verständnislosigkeit. „Ich verstehe die Welt nicht mehr“ hört man da überall. Stimmt! Liegt aber nicht an der Welt...

    • @Mustardman:

      Sehr richtig. Antiautorität = rechts und staatstragend = links?

      Dezentralität ist immer ineffizient, wenn man das Gleiche auch zentral genauso gut machen kann. Warum etwas 100 000 Mal berechnen, wenn es reicht, dies auf einem Rechner zu machen? Weil es eben nicht reicht, wenn man etwas sicher machen möchte. Das gilt für jede Blockchain. Daher ist auch die Betrachtung der Blockchain als eine Datenbank unpassend. Als solche ist sie notwendigerweise ineffizient. Wenn ich die Blockchain dagegen zur Absicherung kritischer Prozesse einsetze, dann kann sie eine sonst kaum herstellbare Sicherheit dafür bieten.

      • @Velofisch:

        Anstatt auf Institutionen wie Banken zu vertrauen (die ich bei Fehlern verklagen kann), soll ich mein Geld also windigen Coinboersen in Form von Cryptocodes anvertrauen? Wie irre ist es denn, einem Code zu vertrauen, der von unbekannten Programmierern geschrieben wurde? Ohne Regressmöglichkeiten?

        Bitcoin entstammt im Kern einem kriminellen Umfeld, das anonymes Zahlen bräuchte. Wenn ich hier jetzt gerade Linke sehe, die Bitcoin verteidigen, dann Frage ich mich, ob diese Linken auch für intransparente Steueroasen sind?