Identität von Fußballprofi Bakery Jatta: Die Beweislage ist dünn
Ein Spieler des HSV aus Gambia soll anders heißen, als er behauptet. Auch beim Alter soll er gemogelt haben. Schon ist von Abschiebung die Rede.
Für Sulayman Kuyateh ist die Sache auch klar, nur anders. Der gambische Fußballtrainer, früherer Coach des dortigen Erstligaklubs Brikama United, sagt: „Ich kannte ihn als Jatta, nicht als Daffeh.“ Von einer falschen Identität könne keine Rede sein. In Gambia sei es sehr normal, dass man mit verschiedenen Namen auftritt.
Kuyateh nimmt die Berichte aus Deutschland nicht ernst. „Ich glaube, das ist alles nur ein Gerücht.“ An Jattas Integrität lässt Kuyateh keinen Zweifel: „Ich würde ihn vor jedem Gericht verteidigen, denn er ist zu ernsthaft, um so etwas zu machen.“ Das bestätigt auch ein von der taz befragter gambischer Sportjournalist: „Die Sache ist hier nicht in den Nachrichten, weil man es nur als unwichtiges Gerücht wahrnimmt.“
Bakery Jatta kam 2015 zunächst in Niedersachsen unter, dort wurde sein Fußballtalent erkannt, ein Probetraining bei Werder Bremen vermittelt, doch Jatta entschied sich selbst für den HSV, der sich auch um das Talent bemühte. Auf der HSV-Website erschien 2016 ein Interview, in dem Jatta sagte, er habe in Afrika nie für einen Verein gespielt. Bald wurde auch Bild auf den jungen Mann aufmerksam und schrieb die große Story vom Mittelmeerflüchtling, der es zum begehrten Fußballstar gebracht hat.
Spur würde sich im Sommer 2015 verlieren
Doch Sport-Bild behauptet nun, Daffeh habe sich nur als Jatta ausgegeben. Dessen Spur verliere sich seit Sommer 2015 – „in der Zeit, als Jatta in Deutschland ankam“. Daffeh alias Jatta sei eben nicht das Fußballwunderkind, das noch nie bei einem Verein gespielt habe. Vielmehr sei er U20-Nationalspieler gewesen, als Profi auch im Senegal und in Nigeria unter Vertrag. Angedeutet wird also Asylbetrug, die Rede ist ja schon von Abschiebung.
Und an diesem Sonntag tritt der HSV im DFB-Pokal beim Chemnitzer FC an. Ein Verein, dem vorgeworfen wird, einen „Asylbetrüger“ zu beschäftigen, trifft auf den Klub, der dauerhaft wegen rechtsextremer Verbindungen im Gerede ist und der gerade ein massives Problem mit seinen Fans hat, nachdem er einen Spielern wegen dessen Kontakten zur Neonaziszene beurlaubt hat.
Nach einem 0:4 verlorenen Ligaspiel, bei dem Jatta 65 Minuten spielte, hat der 1. FC Nürnberg Protest beim DFB eingelegt. Was passiert, wenn der HSV mit Jatta in Chemnitz aufläuft – und gar gewinnen sollte – mögen sich Szenekenner nicht vorstellen.
Allein: Die Belege, die Sport-Bild herbeigeschafft hat – zwei ehemaligen Daffeh-Trainern wurden Fotos von Jatta zugeschickt, die diesen als Daffeh identifizierten – sehen eher schwächlich aus. Sulayman Kuyateh, Jattas Ex-Trainer bei Brikama United, sagt: „Die beiden Trainer, mit denen die Bild-Zeitung gesprochen hat, wollen nur Geschichten über den jungen Spieler verkaufen. Sie wissen kaum etwas über ihn und seine Karriere.“
„Er hat einen gültigen Pass“
Jattas Arbeitgeber, der HSV, verweist darauf, dass er einen gültigen Reisepass und eine Aufenthaltsgenehmigung hat. „Bakery hat sich seit seiner Ankunft bei uns als tadelloser Sportsmann und als verlässlicher Mitspieler gezeigt“, erklärt HSV-Boss Bernd Hoffmann. „Er hat sich schnell in unsere Mannschaft und in unseren Klub integriert. Wir schätzen ihn als Spieler und Menschen.“
Im Jahr 2016, als er Jatta unter Vertrag nehmen wollte, ließ der HSV den Spieler, der als 18-jährig galt, medizinisch untersuchen. Laut damaligem HSV-Sportchef Peter Knäbel kam heraus, dass „die biologische Entwicklung abgeschlossen ist“.
Auch Jattas Berater Efe-Firat Aktas verweist im Hamburger Abendblatt darauf, dass es keinen begründeten Zweifel an Jattas Identität und Alter gibt: „Er hat einen gültigen Pass. Der wurde überprüft. Alles andere ist für uns nicht relevant.“ Die Aufenthaltsgenehmigung hat Jatta im Sommer 2015 erhalten, als er in Deutschland ankam, und sich als 17-Jähriger vorstellte. Wenn die Angaben falsch wären, erklärte Falko Droßmann, der zuständige Leiter des Bezirksamts Hamburg-Mitte im NDR, „dann wird auch der Aufenthalt rückwirkend verwirkt“. Auch Droßmann spricht von möglicher Abschiebung.
Derzeit ermittelt auch der DFB, ob ein Verstoß gegen das Sportrecht vorliegt: Grund für die DFB-Untersuchungen ist der Protest des 1. FC Nürnberg. Dass der Club damit durchkommt, glaubt aber niemand.
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