Identitäre auf Anti-Flüchtlingsmission: C-Star verfolgt Rettungsschiff
Das Schiff der Gruppe „Defend Europe“ fährt vor Libyens Küste hinter einem Rettungsschiff her. Dann nimmt es Kurs auf Tunesien. Dort ist es nicht erwünscht.
Vor der libyschen Küste fuhr die „C-Star“ 30 bis 45 Minuten mit einem Abstand von wenigen hundert Metern hinter der „Aquarius“ her, später folgte es dem Rettungsschiff aus größerer Distanz.
Die Besatzung der „Aquarius“, die von den beiden Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen betrieben wird, wollte sich nicht dazu äußern, ob sie die Nähe der „C-Star“ als Bedrohung empfand. Während die „C-Star“ in der Nähe war, fuhr das Rettungsschiff allerdings mit doppelter Geschwindigkeit.
Das von der Gruppe Defend Europe gecharterte Schiff hatte Anfang Juli den Hafen von Dschibuti verlassen und über den Suez-Kanal und Zypern Kurs auf die libysche Küste genommen. Am Samstag traf es dort ein. Die Besatzung will die libysche Küstenwache auf Flüchtlingsboote aufmerksam machen und sie drängen, die Flüchtlinge zurück nach Libyen zu bringen.
Deutsche, französische und italienische Identitäre
Mit ihrer Schiffstour im Mittelmeer wollen die Rechtsextremisten zugleich gegen die Arbeit der privaten Seenotrettungsorganisationen protestieren, die vor Libyen Schiffbrüchige retten und die Flüchtlinge dann nach Europa bringen.
Mitte Mai hatten sie eine Kampagne im Internet gestartet und 76.000 Euro für die Anmietung ihres Schiffs eingesammelt. Hinter der Aktion stehen deutsche, französische und italienische Mitglieder der Identitären Bewegung, die in Deutschland wegen ihrer völkischen Ideologie vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Am Sonntag nahm die „C-Star“ Kurs auf Tunesien. Fischer im Hafen von Zarzis an der Südostküste des Landes wollten ein Anlegen des Schiffes verhindern. Sie wollten „Nein sagen“, sagte der Vorsitzende der Fischervereinigung, Chamseddine Bourassine. „Wir werden den Kanal schließen, der (den Schiffen) zur Versorgung dient“, sagte er. „Das ist das Mindeste, was wir tun können angesichts dessen, was im Mittelmeer geschieht, angesichts des Sterbens von Muslimen und Afrikanern“, sagte er.
Auch Italien protestiert gegen die Aktivitäten der privaten Rettungsorganisationen. Rom wirft ihnen vor, die illegale Migration zu begünstigen. Mit einem Verhaltenskodex für Hilfsorganisationen will die italienische Regierung die Zahl der in Italien ankommenden Flüchtlinge verringern. Italien will die Organisationen unter anderem verpflichten, bewaffnete Polizisten an Bord ihrer Rettungsschiffe mitzunehmen.
Die deutsche Organisation Jugend Rettet hat den Kodex nicht unterschrieben. Gegen sie ermittelt die italienische Justiz wegen des Vorwurfs, Flüchtlinge nicht nur aus Seenot zu retten, sondern auch von Booten aufzunehmen, die von Schleppern eskortiert werden. Das Schiff der Organisation, die „Iuventa“, wurde vor der Insel Lampedusa beschlagnahmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei