IMDb hebt Filme mit Frauen hervor: Mit einem „F“ für mehr Frauen
Die Datenbank IMDb hat ein Rating eingeführt, um Frauen im Film sichtbarer zu machen. Leider ist es auf der Seite ziemlich schwer zu finden.
Alle lieben Filme. Sie sind Unterhaltung, sie sind Basis zahlreicher Gespräche, sie sind Aufmunterer, Langeweilevertreiber – und sie sind eine Männerdomäne. Noch immer sind meist Männer die Helden auf der Leinwand – und hinter der Kamera sieht es sogar noch schlimmer aus. Die Online-Filmdatenbank IMDb will daran etwas ändern – mit einem einzelnen kleinen Buchstaben: einem „F“.
Anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März führte IMDb das sogenannte F-Rating ein. Als „F-Rated“ gelistet wird ein Film dann, wenn eine Frau das Drehbuch geschrieben, Regie geführt oder eine der Hauptrollen gespielt hat. Er kann also mit bis zu drei „F“ ausgezeichnet werden. „Das F-Rating ist ein guter Weg, Frauen auf der Leinwand und hinter der Kamera hervorzuheben“, sagte IMDb-Chef Col Needham der BBC.
Die Datenbank ist dabei nur der Neuzugang unter verschiedenen Institutionen, die das Rating bereits anwenden. Eingeführt wurde es 2014 von der britischen Filmproduzentin Holly Tarquini, die das Filmfestival in Bath leitet. In Großbritannien wurde es inzwischen von 40 Kinos und Filmfestivals übernommen. „Im echten Leben sind Frauen nicht vor allem Augenweiden, Prinzessinnen, dumme Blondchen, zeternde Ehefrauen oder Opfer“, heißt es auf der Webseite von „F-Rated“. Solche Filme auszuzeichnen, die mehr als das zu bieten haben, erlaube es den Zuschauer_innen, „mit ihrem Sitz abzustimmen“ und sich aktiv für Filme mit F-Rating zu entscheiden.
Das Rating ist an den schon 1985 entwickelten Bechdel-Test angelehnt. Dieser sollte aufzeigen, wie stereotyp Frauen in Filmen dargestellt werden. Um den Test zu bestehen, muss ein Film mindestens zwei Frauenrollen aufweisen. Diese Frauen müssen Namen haben (Ja, selbst das ist nicht immer der Fall) und miteinander sprechen – über andere Themen als Männer, Haushalt oder Mode. Was 1985 ein Thema war, ist heute immer noch relevant: Von den 25 Top-Filmen des Jahres 2016 fiel knapp die Hälfte durch.
Nur sieben Prozent Regisseurinnen
Eine traurige Bilanz; denn um den Test zu bestehen, muss ein Film nicht mal ansatzweise progressive Frauenrollen aufweisen. Es muss schlicht und einfach in mindestens einer Szene zwei nicht-anonyme Frauen miteinander ein normales Gespräch führen lassen. Über Stau. Über die Präsidentenwahl. Über Aliens, die drauf und dran sind, die Welt zu zerstören. Nach radikalen feministischen Forderungen klingt das nicht.
Hinter den Kameras sieht es sogar noch trauriger aus: Eine Studie untersuchte die 250 Top-US-Filme des vergangenen Jahres. Das Ergebnis: Nur 24 der Produzent_innen waren Frauen. Gerade mal 13 Prozent der Drehbücher wurden von Frauen geschrieben. Und Regie führte nur in sieben Prozent der Fälle eine Frau.
Gut also, dass IMDb diese Missstände nun sichtbar machen will. Und auch hier sprechen die Zahlen für sich: Von den mehr als vier Millionen erfassten Filmen können sich zum Zeitpunkt dieser Recherche gerade mal 22.059 Werke mit mindestens einem „F“ schmücken. Das sind etwa 0,5 Prozent. Wie viele der Filme schon auf ihre F-Tauglichkeit überprüft wurden, ist aber offen.
„F“s zählen ist Handarbeit
„Wir begrüßen alle Maßnahmen, die dazu führen, weibliche Filmschaffende und ihre Werke sichtbar zu machen“, sagt auch Bettina Schoeller Bouju, Vorstand der Initiative Pro Quote Regie. Der Zusammenschluss von Regisseurinnen setzt sich für mehr Frauen unter den Filmschaffenden ein. Durch das F-Rating sei es hoffentlich möglich, schneller qualitativ hochwertige Filme zu finden, die sich durch „interessante und dreidimensionale Frauenfiguren“ auszeichnen, sagt Schoeller Bouju. „Wir brauchen dringend weibliche Vorbilder für die heranwachsende Generation von Mädchen und jungen Frauen in Deutschland.“
Allerdings ist das System hinter dem F-Rating auf IMDb recht unübersichtlich. In der Schlagwortsuche kann man sich alle Filme mit F-Rating anzeigen lassen – um dorthin zu kommen, muss man aber gezielt suchen. Klickt man auf einen Film selbst, sucht man bunt hervorgehobene „F“s vergeblich. Dafür muss man erst auf die Schlagworte klicken und sich durchwühlen. Will man wissen, ob ein Film nun ein, zwei oder gar drei „F“s verdient hat, muss man selbst zählen; bei Filmen wie „American Honey“ mit seinen 301 Schlagworten ein gar nicht so einfaches Unterfangen.
Es ist ein guter erster Schritt. Aber bei so versteckter Sichtbarkeit ist auf jeden Fall noch Potenzial nach oben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid