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Hungersnot in MadagaskarKlimakrise nicht zentraler Grund

Das Welternähungsprogramm erklärte, in Madagaskar handle es sich um die erste klimabedingte Hungersnot. Eine neue Studie relativiert das.

Aufgrund von Regenschwankungen und Armut herrscht in Madagaskar Hungersnot Foto: Tsiory Andriantsoarana/WFP/dpa

Berlin taz | Armut und die starke Abhängigkeit von jährlichen Regenfällen sind die Hauptursachen für die aktuelle Hungersnot in Madagaskar. Zu diesem Ergebnis kommen Wis­sen­schaft­le­r*in­nen des Forschungsprojekts world weather attribution. Ver­tre­te­r*in­nen des Welternährungsprogramms (WFP) hatten im vergangenen Monat erklärt, dass es sich in Madagaskar um die erste klimabedingte Hungersnot handle. Laut der neuen Untersuchung spielt die Erderwärmung jedoch nicht die entscheidende Rolle.

In den beiden vergangenen Regenzeiten haben die Niederschläge im Süden Madagaskars nur 60 Prozent des Durchschnittswerts erreicht, der niedrigste Wert seit 30 Jahren. Das führte zu schweren Dürren, Ernteausfällen und einer Hungersnot. Von der Krise sind mehr als eine Million Menschen betroffen. Der Befall mit Wanderheuschrecken und Heerwürmern verschlimmerte die Hungersnot, während die Covid-19 Beschränkungen die Menschen davon abhielten, anderswo im Land Arbeit zu suchen, wie sie es in früheren Krisen taten.

Hauptursache seien Armut und die allgemein hohe natürliche Regenvariabilität in der Region, so die Studie. Doch es könne nach den Ergebnissen des Forschungsprojekts nicht ausgeschlossen werden, dass die globale Erwärmung zu dem in den letzten zwei Jahren beobachteten Regenmangel in Madagaskar beigetragen habe, sagt Friederike Otto, Autorin der Studie. Sprich: Der Klimawandel könnte die Dürrewahrscheinlichkeit leicht erhöht haben, anders als Armut oder Regenvariabilität war der Wert aber nicht statistisch relevant.

Das hieße nicht, dass die Erderhitzung nicht zu mehr Dürren und Hungersnöten in Zukunft führen werde, betont Izidine Pinto, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Im Gegenteil: Frühere Untersuchungen haben gezeigt, das Dürren aufgrund des Klimawandels in der Region dann auftreten, wenn die Temperatur auf 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegt. Aktuell liegt die Temperatur bei 1,2 Grad über dem Wert von 1850.

Die Au­to­r*in­nen der Studie weisen darauf hin, dass die Armut bekämpft und die Infrastruktur in der Region verbessert werden muss, um künftige Hungersnöte zu verhindern. Denn die bereits anfällige Region werde durch die schwankenden Niederschläge auch weiterhin von Ernährungskrisen betroffen sein – solange, bis die der Krise zugrundeliegenden Faktoren angegangen werden.

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7 Kommentare

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  • Das sich die Bevölkerung in den letzten 30 Jahrzehnten nahezu verdreifacht hat, wird scheinbar komplett ausgeblendet, oder?

  • Hatten die nicht ihren ganzen Wald abgeholzt und zu Kohle verarbeitet?

  • Da kommt mir die Waldabholzung zu kurz. Ich bin im Norden Madagaskars aktiv und dort regnet es quasi täglich, weil es noch großen zusammenhängenden Regenwald gibt.

    Im Süden gibt es so gut wie kein Regenwald mehr, obwohl auch der Teil mal bewaldet war, jetzt aber Wüste ist.

    Woher sollen die Regenwolken denn kommen / warum sollten sie abregenen), wenn es keinen Wald mehr gibt?

    • @KLP:

      Exakt so ist das. Bitter ist dabei, dass in anderen Regionen Madagaskars nichts daraus gelernt wird. Teils sind es sogar die Binnenfluechtlinge aus dem Sueden Der Insel, die nun weiter nördlich den Wald abbrennen. Die Regierung bleibt dabei untätig.

  • Heißt kurzum: Die Studie würde gern widerlegen, dass der Klimawandel der Grund dafür ist, kann es aber dann doch nicht mit Sicherheit.

    • @AlexMasterP:

      Da fragt man sich direkt wie man überhaupt auf die Idee kommt der Klimawandel sei die Ursache?

      Da kann man auch behaupten es läge an Gott und dann schreien man möge doch das Gegenteil beweisen…

      • @Wombat:

        naja abwegig ist das nicht. Dass der Klimawandel auch solche Auswirkungen mit sich bringt ist klar.

        Fraglich ist nur, ob man es schafft, die Menschen davon zu überzeugen wenn man mit angeblichen Studien kommt, die das was man belegen will, aber eigentlich nicht belegen können.