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Horst Mahler verlässt HaftZurück in die Freiheit

Mehr als zehn Jahre saß Horst Mahler wegen Volksverhetzungen in Haft, nun ist er frei. Über seine Führungsauflagen wird weiter gestritten.

Nach gut zehn Jahren Haft wieder in Freiheit: Horst Mahler Foto: Balasz Mohai/ap

BERLIN taz | Nun ist er wieder frei. Bereits am Montagvormittag verließ Horst Mahler laut Gefängnisleitung die Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel – nach zehn Jahren und zwei Monaten Haft. Der 84-Jährige hat damit seine Strafe für wiederholte Volksverhetzung und Holocaustleugnungen komplett abgesessen.

Besonderheiten bei der Haftentlassung habe es nicht gegeben, hieß es aus der JVA. Vor seiner Inhaftierung lebte Mahler in Kleinmachnow bei Berlin. Gestritten wird indes noch über die Führungsauflagen, denen Mahler in Freiheit folgen soll.

Die wegen seiner letzten Verurteilung zuständige Staatsanwaltschaft München will für den Rechtsextremisten ein fünfjähriges Publikationsverbot auf seiner Webseite erwirken. Dazu soll Mahler alle Texte, die er anderweitig veröffentlichen will, vorab dem LKA Brandenburg vorlegen. Es bestehe „die konkrete Gefahr“, dass er weiter „antisemitisches Gedankengut verbreiten wird“.

Mahler kritisierte das Publikationsverbot und legte dagegen Widerspruch ein. Eine Anhörung vor dem Landgericht Potsdam Anfang Oktober blieb allerdings ergebnislos, weil Mahler einen Befangenheitsantrag gegen die Richter stellte. Über den Antrag ist laut Landgericht noch nicht entschieden. Mahler wurde am Montag also vorerst ohne diese Auflagen in die Freiheit entlassen.

Noch aus der Haft antisemitische Tiraden

Der 84-Jährige, der sich in den Siebziger Jahren der RAF anschloss und später nach rechts abdriftete, war wegen wiederholter antisemitischer Ausfälle und Holocaustleugnungen von mehreren Gerichten verurteilt worden, was sich zu der gut zehnjährigen Haftstrafe summierte. Die Haft war lediglich von 2015 bis 2017 aus gesundheitlichen Gründen ausgesetzt, weil Mahler wegen einer Diabetes ein Unterschenkel amputiert werden musste.

Weil er in Freiheit aber seine Tiraden fortsetzte, sollte er 2017 wieder in Haft. Mahler setzte sich daraufhin nach Ungarn ab, wurde aber gefasst und wieder inhaftiert. Ende 2018 wurde ihm in der JVA nach eigener Auskunft auch der zweite Unterschenkel amputiert.

Auch im Gefängnis gab sich Mahler weiter ungeläutert, verfasste dort antisemitische Schriften. Noch in jüngsten Schreiben wetterte er über eine „jüdische Fremdherrschaft“ und „Erschaffung des Holocaust-Narrativs“. Er befinde sich in „Kriegsgefangenschaft“, Anklagen gegen ihn seien im Auftrag von „Judenräten“ erfolgt. Die Staatsanwaltschaft München attestiert Mahler einen notorischen Antisemitismus: Er habe sich „durch die verhängten Strafen nicht beeindrucken lassen und seine bisherigen Einstellungen und Verhaltensweisen beibehalten“.

In der rechtsextremen Szene wird Mahler mit offenen Armen empfangen. Noch zu Haftzeiten gab es Kundgebungen für seine Freilassung, Gesinnungskameraden schickten ihm Briefe in die JVA. Die rechtsextreme Splitterpartei „Der III. Weg“ bezeichnete Mahler am Dienstag als „Dissidenten“, der gegen die deutsche „Gesinnungsjustiz“ kämpfe.

Dieser Kampf ist auch mit der jetzigen Haftentlassung nicht beendet. Denn gegen Mahler liegen weitere Anklagen vor, unter anderem wegen einer in Haft verfassten antisemitischen Schrift. Die Verfahren seien in Bearbeitung, sagte eine Sprecherin des Landgerichts Potsdam. Womöglich währt die Freiheit für Horst Mahler damit nicht lange.

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7 Kommentare

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  • Es gibt wenige Menschen, die einen abstoßen, wie es Horst Mahler vermag. Als ehemaliger Linksradikaler hat er es zum Leugner der NS-Verbrechen gebracht und damit auf ein derart niedriges Niveau, dass ich an seinem Verstand zweifele. Angeblich ist Mahler ein großer Leser und Bewunderer von Hegel - den er antisemitisch ausgelegt habe? Ernsthaft? Seit wann findet sich bei Hegel solche Ideen?



    Meiner Meinung nach ist Mahler ein Mensch, der auf ganzer LInie gescheitert ist und sich wichtig machen muss, egal womit. Das ist ihm dann wohl auch gelungen und man kann sich fragen, wo landet er zuerst im Gefängnis (nochmals) oder auf dem Friedhof. Vermisst wird er dann nur noch von ein paar durchgebrannten Leuten aus dem Bereich Rechtsextremismus und Ewiggestrige ...

  • Vorweg: Publikationsverbot ist Unfug, dann veröffentlicht er halt auf einer ausländischen Website oder unter Pseudonym oder er diktiert jemand anderes in die Feder / Tastatur. Die geneigte Leserschaft wird schon wissen, von wem es ist.

    Aber grundsätzlich habe ich auch ein Problem damit, dass jemand wegen seiner Meinung weggesperrt wird. Ich mag den Kerl nicht, aber irgendwie sagt mir mein ethischer Grundkompass: das ist Unrecht. Wenn er zu Gewalt aufgerufen hat, ist das was anderes.

    Man hätte den Mann als Verfassungs- und Staatsfeind aus Überzeugung einfach ausbürgern sollen als er in Ungarn war. Einreiseverbot, fertig.

  • Von Links nach Rechts, die Enden des Hufeisens sind sich näher als viele glauben wollen. In seinen Fall, schon fast ein Kreis.

    Allein schon für seine Mitgliedschaft in der RAF sollte er bis ans Lebensende in Einzelhaft sitzen, ohne jemals wieder frei zu kommen.

  • 5-jähriges Publikationsverbot - - völlig unverständlich. So jemand dürfte niemehr irgendetwas publizieren, geschweige denn eine Homepage betreiben.



    Auch die Tatsache, daß er aus der Haft heraus weiter hetzt, müsste sofort in eine Verlängerung der Haftstrafe münden.

    Jetzt, wo er entlassen wurde, freuen sich seine Anhänger ein Loch in den Bauch und zeigen der Justiz den Stinkefinger.

    Die Strafen für rechte Hetze sind viel zu lasch. Da müsste dringend nachgearbeitet werden...

    • @Juhmandra:

      Artikel 18 GG - der Elefant im Raum, den sich niemand anzufassen traut.

      Dabei ist das einer der wichtigsten Grundgesetz-Artikel - zentraler noch als 20(4) insofern als dass er das GG von der Weimarer Reichsverfassung unterscheidet. Dass dieser Unterschied im Grundgesetz verankert ist - dass die bürgerlichen Freiheitsrechte nicht nur einschränkbar sind (Artikel 5(2) etc), sondern generell nur dem Vorbehalt gültig sind, dass sie nicht zu ihrer eigenen Abschaffung gebraucht werden dürfen -, war conditio sine qua non für die Gründung der BRD. Die von Covid-Verharmlosern gerne gebrachte Floskel, dass Bürgerrechte "Abwehrrechte gegen den Staat" seien, gilt zwar prinzipiell, aber eben nicht generell, sondern nur bis zu einer Grenze.

      Wie man sieht, sind die Strafen nicht zu lasch, sondern der Wille, sie anzuwenden.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Juhmandra:

      Ach wieso. Die, die so was lesen und Ernst nehmen sind das Problem - unser Problem.



      Wenn ich mir die Biografie dieses Mannes ansehe, dann kann man den nicht stoppen, wie RESTO richtig bemerkt.



      Aber man kann ihm nicht zuhören.

    • @Juhmandra:

      Narzissten geben von alleine niemals auf.