Hormonelle Erkrankung bei Frauen: Ein altbekannter Helfer
Das PCO-Syndrom ist eine der häufigsten hormonellen Erkrankung bei Frauen. Trotzdem gibt es kein Medikament. Forschende setzten auf ein altes Mittel.

Das polyzystische Ovarialsyndrom, kurz PCO-Syndrom, gilt als die am häufigsten diagnostizierte hormonelle Erkrankung bei Frauen im gebärfähigen Alter. Rund fünf bis zehn Prozent der Frauen sind betroffen, meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. PCO geht mit einer gestörten Funktion der Eierstöcke einher: Anstatt in der Mitte des Zyklus ein reifes Ei freizugeben, verbleiben die Follikel mit den Eizellen in den Eierstöcken und sammeln sich dort wie viele kleine Zysten an. Das PCO-Syndrom ist daher ein häufiger Grund für einen unerfüllten Kinderwunsch.
Normalerweise produzieren die Eierstöcke weibliche und in weitaus geringerem Maße auch männliche Sexualhormone wie Testosteron. Die Eierstöcke von Frauen mit dem PCO-Syndrom produzieren jedoch mehr vom männlichen Sexualhormon Testosteron als gesunde Eierstöcke.
Das führt unter anderem zu vermehrter Behaarung am Körper und im Gesicht, zu Haarausfall am Kopf und Akne. Auch das Risiko für Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist erhöht. Häufig treten nur einzelne der genannten Symptome auf, die auch andere Ursachen haben könnten. Daher bleibt das polyzystische Ovarialsyndrom in vielen Fällen unentdeckt.
Bislang ist unklar, wie und warum das PCO-Syndrom entsteht, und auch heilen lässt es sich bisher nicht. In den meisten Fällen verschreiben Ärzt:innen deshalb hormonelle Medikamente wie die Antibabypille, um die Produktion der männlichen Hormone und die durch diese ausgelösten körperlichen Veränderungen zu verringern.
Die Studie
Nicht hormonelle Hilfe bei PCO könnte der Malariawirkstoff Artemisinin leisten. Das legt ein Team um Qi-Qun Tang von der Fudan-Universität in Schanghai im Fachjournal Science vor. Das etablierte Malariamedikament soll die Überproduktion des Sexualhormons Testosteron in den Eierstöcken bekämpfen.
Nachdem die Forschenden den Effekt zuerst erfolgreich an Nagetieren getestet hatten, führten sie eine Pilotstudie mit 19 Probandinnen durch, die die Krankheitskriterien erfüllten. Nach dreimonatiger Behandlung verbesserten sich entscheidende Marker des PCO-Syndroms. Unter anderem hatten zwölf der neunzehn Frauen wieder einen regelmäßigen Zyklus.
Was bringt’s?
Das Ergebnis bringt vor allem Hoffnung für die betroffenen Frauen. Das PCO-Syndrom wird bislang vor allem dann diagnostiziert, wenn es mit dem Schwangerwerden nicht klappen will. Expert:innen aus Deutschland sehen in Artemisinin ein vielversprechendes Medikament, das gegebenenfalls auch bei unerfülltem Kinderwunsch helfen könnte.
Allerdings bleibt zu erforschen, welchen Einfluss der Wirkstoff auf Fortpflanzungshormone wie Progesteron hat. Eine Studie mit größerer Proband:innenzahl sei zwingend notwendig, um mögliche Wirkungen und Nebenwirkungen zu ermitteln.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen