Hooligan-Attacke in Magdeburg: Die Folgen eines Songs
Rechtsextreme griffen Besucher einer Diskothek an, als das Lied „Lieber bunt statt braun“ gespielt wurde. Später fielen sie über iranische Busfahrgäste her.
HAMBURG taz | In der Nacht zu Sonntag griffen rund 20 rechtsextreme Hooligans in einer Magdeburger Diskothek andere Gäste an. Später am Abend attackierte ein Großteil der Hooligans im Bus Richtung Hauptbahnhof vier iranische Fahrgäste. „Die Ermittlungen laufen, die Täter kommen aus der rechtsextremen und gewaltbereiten Fußballgruppierung 'Blue White Street Elite'“, erklärte ein Polizeipressesprecher gegenüber der taz.
Auslöser der Vorfälle war der Song „Lieber bunt als braun“, der kurz vor zwei Uhr in Diskothek gespielt wurde. Die Gruppe soll mit Hitlergruß die Tanzfläche gestürmt und auf andere Diskothekbesucher eingeschlagen haben. Sie verletzten mehrere Gäste leicht. Der Sicherheitsdienst konnte die Hooligans aus dem Club entfernen. Vor Ort sprach die Polizei Platzverweise aus und stellte Personalien fest.
Nach dem Rauswurf fuhren 16 Hooligans mit dem Bus zum Bahnhof. Während der Fahrt beschimpften sie die iranischen Fahrgäste, beim Aussteigen griffen sie sie an. Erneut musste die Polizei einschreiten, die sich in der Nähe des Busses aufhielt. „Nicht erst seit dem Hogesa-Aufmarsch in Köln gibt es einen deutliche Schnittmenge zwischen Hooligans, Neonazis und rechter Gewalt“, sagt Pascal Begrich von Miteinander e.V.
Unter den Angreifern hätte sich auch Dennis Wesemann befunden, so Begrich. Der bekannte Hooligan wollte im Sommer 2014 als Bürgermeisters des Ortschaftsrates Stresow kandidieren. Erst nach massivem Druck zog er die Kandidatur zurück. Nachdem er beteuert hatte, mit seiner gewalttätigen rechtsextremen Vergangenheit abgeschlossen zu haben, konnte er Mitglied des Rates bleiben. „Das darf nun in Frage gestellt werden“, kommentiert Begrich, „Sollte sich der Verdacht der Beteiligung bestätigen, fordern wird seiner unverzüglichen Rücktritt aus dem Rat“.
2008 hatte das Innenministerium in Sachsen-Anhalt die „Blue White Street Elite“ verboten.Die Gruppe terrorisierten Jugendclubs und Diskotheken im Jerichower Land. 2010 hob das Oberverwaltungsgericht das Verbot auf. Im November 2013 entführten mutmaßliche Mitglieder der Gruppe einen Antifaschisten mit dem Auto. Vier Rechtsextreme schlugen den 18-Jährigen und versuchten von ihm Namen und Adressen weiterer Antifaschisten zu erpressen (taz berichtete).
Am vergangen Wochenende soll die Gruppe durch Randale den Abbruch eines Fußballturniers in Gommern verschuldet haben. „Wir überprüfen auch das“, teilte der Polizeipressesprecher mit. Der Staatsschutz trüge alle Erkenntnisse zusammen, um die Möglichkeit eines erneuten Verbotsantrags herauszuarbeiten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und Putin
Bei Anruf Frieden