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Homotaz FreundschaftEin Fest der Liebe

Heiraten war immer spießig und heterosexuell. Doch dann änderte eine besondere Liebe zu einer Frau alles. Das Protokoll einer Ehe.

Nichts ist dann mehr, wie es mal war Bild: taz

Keine Koketterie, ehrlich: Ich habe nie davon geträumt, zu heiraten. Nicht in meiner Barbie-Puppen-Phase. Auch nicht später, in den „Grease“-Monaten, als ich sein wollte wie John Travolta. Heiraten war im frühen Erwachsenwerden spießig, schwäbisch, kleinbürgerlich. Später dann, als ich wusste, dass ich Frauen liebte, unerreichbare Heterosexualität. No-Go. Theoretisch natürlich ein Recht, für das ich kämpfte. Aber keines, das ich für mich persönlich erstreiten wollte.

Wie gut, dass es Umstände waren, die mich letztlich in eine homosexuelle Muss-Ehe zwangen. Ein Geschenk – und voller Wunder. Meine Frau ist Amerikanerin. Wir haben uns in Harvard kennengelernt. Und unsere gesamten Lebensenttäuschungen einfach tot ignoriert, die Schleusen geöffnet, uns ineinander verliebt. Allen Widrigkeiten zum Trotz. Freundinnen und Freunde stöhnten, schon wieder eine Fernbeziehung.

Und dann kamen wir irgendwann zurück aus einem Türkei-Urlaub. Und sie wäre fast aus dem Transitbereich des Flughafens Tegel nicht heraus- und wieder nach Deutschland hineingekommen. Weil irgendwelche Stempel im blauen US-Pass fehlten. Helle Aufregung, Konsulat, Rechtsanwälte, alle Hebel in Bewegung gesetzt – Glück gehabt.

Homotaz

Diesen und viele weitere Texte lesen Sie in der Homotaz vom 4. Juli 2013 mit 16 Seiten über Freundschaft. Interviews, Porträts, persönliche Geschichten und Analysen aus der ganzen Welt. Am Donnerstag am Kiosk oder direkt als epaper.

Und die Einsicht gewonnen, dass es Mist ist, nein, dass es irgendwo tief drinnen richtig wehtut, wenn die Geliebte kein Recht darauf hat, in meiner Heimat bei mir zu sein, so lange und wann immer wir das wollen. Die Recherchen waren schnell gemacht: Für Homos gilt in diesem Fall dasselbe wie für Heteros: Ehepartner dürfen bleiben. Egal woher sie kommen.

Wenn schon feiern, dann richtig

Die Ursprungsidee, einfach nur aufs Standesamt zu gehen und die notwendigen Stempel zu kaufen, war schnell verworfen. Wäre doch eine Gelegenheit, unsere FreundInnen und Familien miteinander bekannt zu machen. Endlich. Und wenn dann schon so viele kommen, dann doch auch ein Fest, und wenn schon Fest, dann Klärchens Ballhaus, im Herzen Berlins. Eine historische Stätte der Begegnung, in allem gepflegt-inszenierten Verfallen perfekt.

Bild: Anja Weber
Ines Pohl

Jahrgang 1967, ist Chefredakteurin der taz.

Standesamt zunächst im ganz kleinen Rahmen. In Berlin-Mitte. Mit einer Beamtin, die in aller Zugewandtheit vor allem eines zelebrierte: die Normalität des Verwaltungsaktes. In ihrer professionellen Sachlichkeit die Kernaussage: Ihr seid einzigartig, wunderbar, genau wie der Mann und die Frau, die im direkten Anschluss kommen. Weitere Tränen also bitte in der Halle vor dem Trauzimmer.

Dazwischen Sekt und Häppchen.

Dann der Ballsaal.

Ich habe mir wohl nie erlaubt, mir vorzustellen, was das bedeutet, wenn deine besten FreundInnen aus Schulzeiten und die später Dazugekommenen, wenn Vater, Mutter, Brüder und Nichten sich festlich aufgeputzt im Kreis zusammenfinden. Welche Woge des Getragenseins und Ernstgenommenwerdens eine durchfließt, die ihre Liebe zu einer Frau feiern lässt. Seit diesem Freitagnachmittag ist nichts mehr, wie es war.

Beschützen, stützen, lieben

Mein Leben ist reicher geworden. Das hat viel mit meiner Partnerin und der Sicherheit des Lebensbunds zu tun. Aber nie hätte ich gedacht, wie wichtig es mir sein würde, diese tiefe Wertschätzung, diese in Jahrhunderten eingeübte ritualisierte Anerkennung zu erleben. Das Versprechen von FreundInnen und Familie, meine Partnerschaft zu tragen. Und zu beschützen, zu stützen und zu lieben.

Gewusst habe ich das von meinen Freunden und Freundinnen immer. Aber an diesem Freitag wurde etwas angerührt, wo mein Verstand nicht hinreicht. Ich habe mich an diesem sommerhellen Tag nicht nur meiner Frau versprochen, sondern bin auch einen Bund mit allen Anwesenden eingegangen. Nichts mehr ist so, wie es davor war. Mein Hochzeitstag – für immer ein Fest der Liebe und Freundschaft.

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17 Kommentare

 / 
  • D
    Dukla

    Vielleicht sollte Frau Pohl einmal

    daran denken, wie es Menschen

    ergangen wäre, die über diese

    Möglichkeiten, wie Rechtsanwälte,

    Konsulat -alle Hebel in Bewegung

    setzen- nicht verfügen.

    Was Frau Pohl genutzt hat sind

    Beziehungsstrukturen.

    Auch wenn es mit einem gefühvollen Vokabular verkleistert wird, es bleibt was es ist "Gesellschaftliche

    Ungleichheit", mit Glück hat es nicht das Geringste zu tun.

  • P
    pohlyphem

    @Kirsten Heininger:

    Wer den Himmel offen sieht, darf auch Loblieder singen. Und Liebeslieder. In meiner taz darf sie das.

  • KH
    Kirsten Heininger

    Liebe Ines Pohl,

     

    ich bin eine große Sympathisantin von Ihnen und freue mich jedes Mal, Sie als Moderatorin oder Gesprächsteilnehmerin öffentlich anzutreffen, gleiches gilt für Ihre gelungenen TAZ-Titel- Kommentare. Umso mehr hat mich Ihr Artikel in der Homo-TAZ befremdet, eine Ode auf die Institution Ehe, den „heiligen Bund“.

    Ja, es ist unerhört, dass Menschen keine generelle Freizügigkeit genießen, und ich bin absolut d'accord mit Eheschließungen aus politischen Gründen. Sei es Asyl, sei es Erleichterung der Reisefreiheit.

    Und ich finde es wirklich schön für Sie persönlich, Ihr Glück gefunden zu haben, gar keine Frage. Ihr Loblied auf den Bund der Ehe finde ich allerdings extrem verkitscht und politisch unkorrekt. Gerade weil die TAZ sich oft gegen das heteronormative Bild berechtigt wehrt und versucht, den traditionellen Ehebegriff aufzulösen. Und sie sollte es auch weiter tun.

    Von mir aus soll jedeR heiraten, sich verpartnern oder sonstwie sich die Treue schwören aber bitte keine öffentlichen Loblieder auf das eheliche Sakrament in meiner TAZ.

  • K
    Karl

    Der Artikel beschreibt was menschlich ist: der Wunsch so zu sein wie andere, sich glücklich in einer Partnerschaft zu fühlen, akzeptiert und respektiert zu werden auch wenn man zu einer Minderheit gehört und sich nicht verstecken will, seine Meinung und Einstellung zu wichtigen Lebensfragen ändern zu dürfen und sich darüber Rechenschaft abzugeben. Ines Pohl hat ihr privates öffentlich gemacht: lebensbejahend und einfühlsam. Chapeau!

  • G
    Gegenöffentlichkeit

    Eine Happy-End-Story aus den Reihen der gehobenen Mittelschicht. Sehr hübsch, sehr brav, recht spießig, aber wenig erhellend.

     

    Wahrscheinlich umsonst, freue ich mich jetzt schon auf die Klassen-TAZ.

  • AW
    André Woldendorp

    w.u.n.d.e.r.s.c.h.o.e.n!

  • A
    Angelika

    Vielen Dank fuer diesen erhellenden Artikel und herzlichen Glückwunsch !

  • SD
    Silke Dickenberger

    Eine wunderbare taz! Was für wunderbare Artikel! Es lebe das Happy End! Es lebe die Vielfalt! Gleiches Recht für gleiche Liebe! Möge sie Normalität sein und nicht nur toleriert oder akzeptiert.

  • OS
    old school

    Danke! Das gibt mir zu denken. Vielleicht tun wir's doch auch noch ...

  • A
    anonym

    Eine tolle Geschichte!

  • S
    Sabine

    Herzlichen Glückwunsch!

  • A
    anonyma

    Was für eine schöne Geschichte :)

     

    Alles Liebe.

  • P
    pohlyphem

    schnüff

  • BL
    Bürger Lars aus Stuttgart

    Liebe Ines Pohl,

    sehr schön, was Sie hier beschreiben. Perfekt geschrieben. Sie haben vermutlich das erlebt, was eine Ehe ausmacht. Da ich zur HeteroFraktion gehöre, habe ich mich nie so recht in eine HomoEhe hineingedacht und hineinversetzt.

    Ihr Text gibt diesen Zugang. Das macht Journalismus aus. Das ist auch wieder mal ein Text, der mir das Gefühl gibt, dass es gut ist "taz zahl ich" zu tun.

    Ihnen und Ihrer Frau noch alles Gute.

    (Vieles was sie schreiben, könnte die Blaupause für Simplify your love -gewesen - sein. - Daher nun zügig den Gutshof einrichten und dann geht es schurstracks ins Schloss. Und dort leben Sie noch heute.........)

  • B
    Bouleazero

    wer barbie-puppen-phasen durchlebt, hat auch anspruch auf einen gefühlswuseligen hochzeitstag. wenn der höhenflug rum ist, spürt man wieder die füsse auf dem boden. auch wenn die grosse mehrheit einem edlen, aber zumeist irreellen nur-mit-dir-allein-will-ich-(un)glücklich-sein verfällt, kann man realistischerweise davon ausgehen, dass lebenslange zweierbeziehungen zu einer ausgesprochenen seltenheit werden. hochzeit: der klassisch-emotionale trugschluss. und wie man im artikel sehen kann, gibt es handfeste materielle gründe, es trotzdem zu tun: aufenthaltserlaubnis, steuern. es gibt viele gute gründe zum feiern, nur eine hochzeit muss es nicht gerade sein.

  • M
    Mensch

    Das ist sehr schön, herzlichen Glückwunsch!

  • MM
    Markus Müller

    Liebe Ines Pohl,

    ein sehr schöner Text, den ich so gut nachvollziehen kann!