Homophobie in Uganda: Sanktiönchen aus Washington
Die USA bestrafen Uganda symbolisch wegen des Gesetzes gegen Homosexualität. Dabei sind Ugandas Anti-Schwulen-Hetzer große US-Freunde.
KAMPALA taz | Die Reaktion kommt spät und daher etwas überraschend: Die USA wollen jetzt doch gewisse Hilfsgelder für Uganda kürzen – knapp vier Monate nachdem Ugandas Präsident Yoweri Museveni das Anti-Homosexuellengesetz unterzeichnet hat.
Das international heftig kritisierte Gesetz von Februar droht Homosexuellen in Uganda mit lebenslanger Haft. Homosexualität ist in Uganda schon seit der britischen Kolonialzeit verboten. Das neue Gesetz kriminalisiert aber auch Nichtregierungsorganisationen und Gesundheitseinrichtungen, die sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzen oder ihnen beispielsweise HIV-Behandlungen verabreichen.
Bereits im April hatte US-Präsident Barack Obama Maßnahmen angedroht und „wir haben seitdem in Betracht gezogen, wie wir die Menschenrechte in Uganda weiter unterstützen können“, so das Weiße Haus am Donnerstag. Unter diesen Maßnahmen sind jetzt unter anderem Einreiseverbote für Ugander, „die in ernsthafte Misshandlungen der Menschenrechte involviert sind“. Darunter zähle auch die Diskriminierung von Homosexuellen. Betroffen seien auch Ugander, die in Korruption verwickelt sind. Namen werden nicht genannt.
Zudem wollen die USA einige Direkthelfen für Ugandas Polizei einstellen. Der Grund: Polizisten unternahmen im April eine Razzia in einem US-finanzierten Gesundheitsprojekt an der staatlichen Makerere-Universität in Ugandas Hauptstadt Kampala. Dabei wurden Mitarbeiter festgenommen und misshandelt. 2,4 Millionen Dollar sollen gestrichen werden, so das Weiße Haus.
Weiter soll ein Anteil der Hilfsgelder, die bislang an das ugandische Gesundheitsministerium ausgezahlt wurden, in Zukunft an Nichtregierungsorganisationen gehen. Drei Millionen Dollar zum Aufbau eines öffentlichen Gesundheitsinstituts sollen jetzt statt nach Uganda nach Südafrika fließen.
Und auch die US-Militärhilfe für Uganda wird zusammengestrichen, ein klein wenig zumindest. Geplante US-finanzierte Flugübungen werden abgeblasen. Das tut Ugandas Luftwaffe aber nicht wirklich weh - sie verfügt ohnehin nur über sechs Kampfjets.
Uganda bleibt US-Partner gegen den Terror
Schwulengesetz hin oder her: Die USA sind und bleiben für Uganda ein strategisch wichtiger Partner – und umgekehrt. Besonders auf militärischem Gebiet sind die beiden Länder stark vernetzt. Erst vor wenigen Tagen graduierten ugandische Armeeoffiziere von einer Militärakademie in den USA.
US-amerikanische Spezialkräfte jagen gemeinsam mit Ugandas Armee im Dschungel der Zentralafrikanischen Republik Joseph Kony, den berüchtigten Anführer der ugandischen Rebellengruppe LRA (Widerstandsarmee des Herren). US-Transportflugzeuge fliegen ugandische Eingreiftruppen ins Bürgerkriegsland Somalia.
Jüngst haben die USA die Militärhilfe für Uganda sogar erhöht, gerade weil Ugandas starke und professionelle Armee als wichtiger Partner im Kampf gegen den Terrorismus in Ostafrika gilt. Ein paar Flugübungen zu streichen – das sind Kinkerlitzchen.
Insofern sind die Kürzungen der Hilfsgelder eher als Warnschuss zu verstehen. Richtig weh tut dies noch nicht. Welche ugandischen Offiziellen in Zukunft nicht mehr in die USA einreisen dürfen – auch darüber hält sich das Weiße Haus bedeckt.
Evangelikale gegen Homosexualität
Vielleicht auch, weil gerade die großen Anti-Schwulen-Hetzer in Ugandas Politik regelmäßig in die USA reisen. Der Abgeordnete David Bahati, der das Anti-Homosexuellen-Gesetz formuliert hat und zu Beginn sogar die Todesstrafe für Schwule forderte, ist Mitglied im berühmten „Prayers Breakfast“, jenem erzkonservativen, radikalen evangelikalen Zirkel in Washington.
Hetzpfarrer Martin Ssempa, der in Ugandas Kirchen Homosexualität als Teufelswerk bezeichnet, ist mit einer US-Amerikanerin verheiratet und lebt zum Teil in den USA. Gerade aus diesen Amerika-freundlichen Kreisen wurde in Uganda am stärksten Lobby für das Gesetz gegen Homosexualität betrieben.
Ugandas Regierungssprecher Ofwono Opondo reagiert auf die Entscheidung der USA gelassen. „Die Ugander wissen, dass wir von der Abhängigkeit von Gebern weg wollen“, sagte er am Freitag. gegenüber AFP. Solche selbstbewussten Äußerungen hat jüngst auch Präsident Yoweri Museveni fallen lassen. In Uganda wurden Ölreserven gefunden, die in der Zukunft satte Einkommen einspielen sollen. Damit benötigt das Land dann auch keine Hilfsgelder mehr, hofft die Regierung.
Frank Mugisha, Vorsitzender des ugandischen Homosexuellenverbandes SMUG, begrüßt die Entscheidung der USA. Er hält sich gerade zu einer Konferenz in Washington auf: „Das ist sehr wichtig und sendet ein starkes Signal“ an andere afrikanische Regierungen, sagte er.
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