Holocaustleugner darf nicht einreisen: Kein Vortrag zu „Meinungsfreiheit“
Der britische Holocaustleugner David Irving wollte nach 20 Jahren Einreiseverbot in Berlin auftreten. Das hat das Münchner Verwaltungsgericht verhindert.
![](https://taz.de/picture/145398/14/DavidIrving_05.09._.jpg)
BERLIN taz | Pünktlich zum Ende seines zwanzigjährigen Einreiseverbots wollte er wieder in Deutschland auftreten, und das gleich in der Hauptstadt. Für kommenden Dienstag hatte der britische Holocaustleugner David Irving seinen Vortrag in Berlin geplant, ein "einmaliges Erlebnis" versprochen. Daraus wird nun nichts.
Im Oktober 2012 hatte das Münchner Verwaltungsgericht entschieden, das zwanzigjährige Einreiseverbot Irvings ab März 2013 aufzuheben. Gerichtssprecher Dietmar Wolff bestätigte nun der taz, dass eine Beschwerde des Münchner Verwaltungsreferats gegen die Aufhebung vorliegt. Es brauche daher eine zweitinstanzliche Entscheidung. Diese sei vor Dienstag nicht mehr zu erwarten, so Wolff. Und: "Bis zur Entscheidung gilt das Einreiseverbot vorläufig weiter." Damit wäre der Vortrag passé.
München will Irving gar bis 2022 nicht mehr einreisen lassen. Ihren jetzigen Einspruch begründet die Stadt damit, dass eine Gesinnungsänderung des Rechtsextremisten nicht ersichtlich sei und von diesem weiter eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehe.
Irving war 1993 die Einreise nach Deutschland und in andere Länder untersagt worden, nachdem er die Judenvernichtung wiederholt als "Propagandalüge" bezeichnet hatte. In Berlin wollte der 75-jährige Historiker am Dienstag über "Meinungsfreiheit und die Gefährdung wahrer Geschichtsschreibung" sprechen. 91 Euro sollte der Abend kosten. Der Vortragsort wurde geheim gehalten. Irving selbst sprach nur von einem Hotel nahe dem Kurfürstendamm.
Der Brite räumte gegenüber der taz das Einreiseverbot ein. Er habe am Montag von der deutschen Botschaft in London schriftlich eine "Warnung" erhalten, dass er weiter keinen deutschen Boden betreten dürfe. Die "äußerst unklare Lage" werde nun von seinem Anwalt geprüft. Auf Irvings Internetseite ist der Berlin-Vortrag aber bereits verschwunden. Er selbst behauptet, er habe auf dem Vortrag weder über den Holocaust sprechen wollen noch sonst eine "gesetzeswidrige Handlung" vorgehabt. Das Auswärtige Amt bestätigte, mit dem Vorgang beschäftigt zu sein. Aufgrund des "laufenden Verfahrens" wollte man sich dort aber nicht äußern.
In Berlin hatte sich bereits ein Protestbündnis gegen den Auftritt des Rechtsextremisten gebildet, an dem sich auch der Hotel- und Gaststättenverband beteiligte. Rund 30 Hotels hatten Irving in ihren Buchungssystemen gesperrt. Jörg Steinert, Bündnissprecher und Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg, nannte das verlängerte Einreiseverbot einen "größtmöglichen Erfolg". "Geistige Brandstifter, die Opfer des Nationalsozialismus diffamieren, sind in Berlin nicht willkommen."
Auch für Levi Salomon vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus, das zum Bündnis gehört, ist das verlängerte Verbot eine "freudige Botschaft". "Es ist unerträglich, Holocaustleugner auf deutschen Boden zu lassen. Für solche Menschen ist hier kein Platz."
Beim Münchener Gericht hieß es, einzig eine vorübergehende Erlaubnis des gastgebenden Bundeslandes könne das Einreiseverbot noch aufheben. Die aber liege nicht vor, betonte ein Sprecher der Berliner Innenverwaltung. Beim Verfassungsschutz hieß es, man werde nun genau verfolgen, ob Irving dennoch einzureisen versuche.
Der Rechtsextremist ist momentan in Polen unterwegs, besucht dort ehemalige Konzentrationslager. Er kündigte an, den Berlinbesuch "in einigen Monaten" nachzuholen, sollte es ihm bis Dienstag nicht mehr möglich sein einzureisen. "Mit solchen Mitteln bin ich nicht zum Schweigen zu bringen." Das Gegenbündnis will auch im Fall eines neuerlichen Vortragversuchs protestieren. "Wir stünden bereit", sagte Jörg Steinert. "Der Zuspruch für unser Anliegen ist groß. Irving würde es schwer haben, eine Plattform zu finden."
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links