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Hohe Nachfrage nach Grippe-ImpfstoffSpahn reagiert auf Lieferengpässe

Grippe-Impfstoffe werden in Deutschland knapp. Das Gesundheitsministerium schafft nun Möglichkeiten, um den Engpass auszugleichen.

Hat die Grippewelle im vergangenen Winter Spuren hinterlassen? Foto: dpa

Berlin taz | Grippe-Impfstoffe werden in vielen Teilen Deutschlands knapp. Vier in Deutschland verfügbare Impfstoffe sind nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) von allen Herstellern in Deutschland abverkauft. Doch das bedeutet nicht, dass es jetzt keine Impfstoffe mehr gibt, sondern schlichtweg, dass sie nicht an jedem Ort gleichermaßen erhältlich sind.

„Es gibt einen Engpass, der hauptsächlich auf ein Verteilungsproblem zurückzuführen ist“, sagte eine Sprecherin des PEI der taz. Insbesondere Niedersachsen, Bremen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Saarland und Thüringen seien davon betroffen, es gebe allerdings auch Meldungen aus anderen Bundesländern.

Die Sprecherin vermutet mehrere Ursachen: Zum einen könne es frühzeitige Bestellungen von Arztpraxen gegeben haben, die dazu führten, dass manche Praxen nun große Vorräte auf Lager haben, während die Vorräte anderer Praxen leer seien. Die Nachproduktion durch Pharmakonzerne sei nicht möglich, da diese mindestens sechs Monate dauere. Außerdem könnten bundesweite Aufrufe zur Grippeimpfung und Berichte über die besonders starke Grippewelle zwischen Dezember 2017 und April 2018 bei den Bürgern in Erinnerung geblieben seien und für eine höhere Impfbereitschaft gesorgt haben. In diesem Zeitraum starben über 1.665 Menschen in Deutschland an der Grippe, rund 60.000 Menschen mussten ins Krankenhaus.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nennt zusätzlich zur Überbevorratung und der höheren Nachfrage eine verspätete Bestellung durch manche Apotheker und Ärzte sowie Direktverträge zwischen Krankenkassen und Apothekern als mögliche Ursachen der Lieferengpässe.

In den einzelnen Bundesländern hat das unterschiedliche Auswirkungen. „Alles, was jetzt kommt, wird nicht mehr geimpft“, sagte der Geschäftsführer der Apothekenkammer des Saarlandes, Carsten Wohlfeil zur Deutschen Presse-Agentur. Eine Sprecherin des Berliner Apotheker-Vereins sagte der taz, dass es in Berlin aus ihrer Sicht keine Versorgungsengpässe gebe.

Weitergabe möglich

Aus dem BMG gibt es Entwarnung. „Wir gehen davon aus, dass es genügend Impfstoffe gibt“, sagt ein Sprecher auf Nachfrage der taz. Es seien eine Millionen mehr Impfdosen verfügbar, als im letzten Jahr verimpft wurden. Bis Anfang November diesen Jahres hatte nach Angaben des BMG das zuständige Paul-Ehrlich-Institut 15,7 Millionen Grippeimpfdosen für ganz Deutschland freigegeben.

Diese seien lediglich regional schlecht verteilt. Deshalb wird nun durch eine Bekanntmachung der Versorgungsengpässe im Bundesanzeiger ermöglicht, dass Impfstoffe auch auf andere als bislang mögliche Wege beschafft werden können. „Klar muss sein: Jeder, der will, muss sich gegen Grippe impfen lassen können“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Apotheken dürfen laut Arzneimittelstärkungsgesetz nach dieser Anzeige, die voraussichtlich noch am Mittwoch veröffentlicht wird, auch aus dem EU-Ausland bezogene Impfstoffe abgeben. Zudem wird durch die angekündigte Bekanntmachung möglich, dass sich Arztpraxen und Apotheken untereinander mit dem Impfstoff versorgen und dass auch Gesundheitsämter Impfstoffe weitergeben dürfen.

„Impfstoffdosen können so unbürokratisch in Mangelgebiete abgegeben werden“, erklärt der BMG-Sprecher. Das PEI schätzt, dass durch diese Regelung das Problem „sehr schnell gelöst“ werden könne.

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3 Kommentare

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  • Klar muss genügend Impfstoff für alle da sein, aber irgendwie liest sicht dieser Artikel wie ein Werbeartikel der Pharmabranche. Es liegt doch auf der Hand: Wer ein gesundes Immunsystem hat, braucht keine Grippe-Impfung. Höchstens weniger Stress, einen guten Tee und aussreichend Bettruhe. Dann reichten die Dosen auch wieder für alle, die es wirklich brauchen!

    Denn ich finde es ungesund für alle immunstarken Menschen sich bei jeder Grippewelle "Gesund" spritzen zu müssen, weil man ständig "Funktionieren" soll. So eine Grippe oder Erkältung ist auch ein Symtom dafür, dass man sich vielleicht körperlich oder seelisch überlastet hat. Solche Alarmglocken quasi per Impfstoff auszuschalten, das halte ich für unnötig, sogar für bedenklich.

    • @Sven Svarson:

      Es gibt bei der Influenza keine generelle Impfempfehlung, sondern für bestimmte Risikogruppen (Ältere, chronisch Kranke, medizinisches Personal). Die herkömmliche „Grippe“, also eine Erkältung, ist auch nicht mit der Influenza gleichzusetzen. 60.000 Krankenhauseinweisungen und über 1600 Tote in einem Winter sprechen eine deutliche Sprache.



      Zudem würde „die Pharmaindustrie“ deutlich weniger verdienen, wenn die Impfquote höher wäre und weniger Leute erkranken würden. Ein Besuch auf der örtlichen Intensivstation kann aufzeigen, welche immensen Ressourcen mobilisiert werden um die Komplikationen wie z.B. Lungenversagen und Sepsis zu behandeln. Ein Tee reicht da nicht.

      • @Max Feige:

        Schön, dass sie mir zustimmen, dass gesunde Menschen keine Impfung brauchen.

        Aber wenn es keine generelle Empfehlung gibt, warum wird das oft so suggeriert, wie über die momentane "Engpass"-Berichterstattung?



        Auch mein damaliger Arbeitgeber legte mir und meinen gesunden Kollegen beispielsweise diese Impfung nahe, da er so viele Ausfälle im Winter habe. Statt sich mal über den Stresspegel in seinem Unternehmen Gedanken zu machen. Ähnliches hörte ich auch aus anderen Firmen.

        Und natürlich verdient das jeweilige Pharmaunternehmen mehr Geld wenn es mehr verkauft.

        Bei drohendem Lungenversagen und anderen ensthaften drohenden Komplikationen reicht natürlich kein Tee. Für wie naiv halten sie mich?

        Das Problem ist jedoch, dass der Teil vorher anscheinend gesunder Leute in ihrer Angabe -die anderen Teile sind ein gewiss nicht unerheblicher Teil sehr alte Menschen oder welche mit Vorerkrankung-, dass diese sich meist in ihren Kapazitäten überschätzt haben und selbst wenn sie geimpft wären, dann an einer anderen Überlastungs/Stressbedingten Krankheit leiden würden, die ja eh schon ursache der Immusschwäche war. Verstehen Sie?



        Und hier hilft bei diesem Teil der einst jungen gesunden Menschen eben im vorhinein keine plumpe Impfung, sondern Meditation/Ernährungsumstellung/Entspannungsübungen, Psychotherapie etc. oder eine Verbesserung der Arbeits/Familienverhältnisse.

        Denn man muss sich auch fragen: Warum kann mich als gesunder Mensch eine Influenza überhaupt ausbremsen? Und wenn diese es wegen der Impung oder zig Tabletten Ibo. nicht tut. Was wird mich dann ausbremsen?