Hölle auf Rädern

Der Taxifahrer. Eine empirische Studie zur Schlüsselfigur der Personenbeförderung

Dass der heutige Außenminister Joseph Fischer in diesem Beruf einmal tätig war, ist kein Zufall

Wenn ein Bäcker so wenig Ahnung vom Brötchenbacken hätte wie die überwiegende Mehrheit der Taxifahrer von der Kartographie ihrer Stadt, müsste er sich in kürzester Zeit nach einem neuen Job umsehen und zum Beispiel einen Taxiführerschein machen, den die meisten Taxifahrer offensichtlich in einem Preisausschreiben gewonnen haben. Denn obwohl sich in diesem Gewerbe die Versager drängeln wie nichts Gutes, scheint immer noch ein Gefährt frei zu sein, mit dem der Mann auf den arglosen Kunden losgelassen wird.

Taxifahrer ist der ideale Beruf für Männer, die keine Alimente zahlen wollen, weil sie hier bequem unter der entsprechenden Einkommensgrenze bleiben und sich alles, was darüber liegt, in die eigene, abgewetzte und speckige Tasche stecken können, um es anschließend für niedere Zwecke zu verpulvern. Wer also nichts wird oder nichts werden will, wird Taxifahrer, ließe sich in Abwandlung einer Volksweisheit behaupten, die sich durch langjährige empirische Studien locker belegen lässt.

Allein die in der Regel äußerst nachlässige Kleidung der Taxifahrer beiderlei Geschlechts lassen darauf schließen, dass ihnen die Meinung, die sich jemand über sie bilden könnte, vollkommen an ihrem freilich durch die Bank weg sehr unansehnlichen und breit gesessenen Arsch vorbeigeht. Die Berufskluft des Taxifahrers reicht von löchrigen Jeans mit Ausbeulungen, in denen sich unappetitliche Riesengeschwüre vermuten lassen, bis hin zu scheißehäufchenbraunen Blazern und müllmännerleuchtfarbenen Hawaiihemden und Shorts. Gern werden im Sommer zu den kurzen Schlabberhosen, aus denen unerfreulich Stachliges hervorguckt, auch Sandalen und weiße Socken getragen.

Der Taxifahrer riecht streng. Die Fenster aber bleiben unabhängig von den klimatischen Bedingungen, die gerade herrschen, fest verschlossen. Bittet man unter höflicher Vermeidung eines Hinweises auf gewisse Ausdünstungen, die von kuhfladengroßen Schweißflecken unter seinen Achseln herrühren, ein Fenster zu öffnen, welches selbstverständlich nur automatisch vom Fahrersitz aus bedient werden kann, dann handelt man sich eine rüde Zurechtweisung ein. „Wos glaam denn Sie, gibt’s a Klimaanlaach?“, wird man zum Beispiel in Frankfurt mit reinster hessischer Rhetorik belehrt. In Frankfurt, der Hochburg taxifahrerischer Inkompetenz, gleicht es einem Sechser im Lotto, trifft man auf einen Fahrer, der auf Anhieb ein Ziel erreicht, ohne dass er vorher stundenlang sinnlos kreuz und quer durch die Stadt kurvt und auf Straßenschilder schielt in der Hoffnung, die vom Fahrgast gewünschte Straße ließe sich mit der Trial-and-Error-Methode finden.

Wird man vom Taxifahrer einmal nicht als potenzieller Feind oder als lästige Zumutung empfunden, dann heißt das noch lange nicht, dass sich die Fahrt erfreulicher gestaltete. Dann fängt die Hölle erst richtig an. Der Taxifahrer, der sich als Entertainer fühlt und den Gast in ein Gespräch über seine weitläufige Weltanschauung hineinziehen will, ist eine echte Pest. Seine Ansichten bedürfen gründlicher Korrekturen, aber würde man versuchen, ihn aufzuklären, hätte man ihn unwiederbringlich am Hals, so dass man sich nichts sehnlicher wünscht, als möglichst schnell anzukommen und zu entfliehen. Gibt man ihm zu verstehen, dass er seine Meinung besser für sich behalten sollte, indem man auf seine Plauderei recht einsilbig reagiert, wird man den Rest der Fahrt mit Werbung und widerlichster, volle Lotte aufgedrehter Schlagermusik aus einem regionalen Dudelsender traktiert.

Der Job der Personenbeförderung ist wie geschaffen für eine besonders unangenehme Sorte von Leuten, die glauben, als Taxifahrer nichts tun zu müssen, die eigene Schlechtlaunigkeit ausleben und anderen damit auf den Wecker fallen zu können. Der Job stellt keinerlei Anforderungen und durch den Kontakt mit Fahrgästen, die den Taxifahrern häufig in nichts nachstehen, ist die Misanthropie in diesem Gewerbe weit verbreitet. Dies alles sind günstige Voraussetzungen, um Versager magisch anzuziehen. Dass der heutige Außenminister Joseph Fischer in diesem Beruf einmal tätig war, ist kein Zufall und beweist nur die strukturelle Ähnlichkeit, die zwischen Taxifahrern und Politikern vorhanden ist, denn auch in der Politik treiben sich nicht wenige Versager herum, die außer großmäuligem Auftrumpfens nicht besonders viel auf der Pfanne haben. „Kein Wunder, Taxifahrer!“, kommentierte Harry Rowohlt denn auch einmal die Schwärmerei eines Buchhändlers darüber, dass Joseph Fischer eine Stunde lang aus dem Stegreif und ohne Manuskript gesprochen hatte. Auch Hitler wäre vermutlich Taxifahrer gewesen, wenn er nicht schon die Laufbahn eines Künstlers eingeschlagen hätte.

Damit wir uns nicht missverstehen: Ich persönlich habe nichts gegen Taxifahrer. Einige meiner besten Freunde sind Taxifahrer. KLAUS BITTERMANN