Hochwasserkatastrophe im Ahrtal: Caritas kritisiert zähe Fluthilfe
Die Präsidentin der Hilfsorganisation Caritas kritisiert nach der Flutkatastrophe zu viel Bürokratie. Es gebe einen Mangel an Gutachtern.
Welskop-Deffaa sagte, es habe sie bedrückt, dass Betroffene ihr berichteten, der jüngste Dauerregen und Hagel habe sie an die Flutnacht erinnert. Wenn das Regenprasseln aufs Dach auch sechs Monate nach der Katastrophe die Ängste zurückhole, zeige das, dass die Bewältigung der erlittenen Traumata Zeit brauche. Allein für die Beseitigung der äußeren Schäden veranschlagten Experten sieben Jahre.
Präsidentin beklagt Bürokratie
Die Caritas-Präsidentin berichtete auch von einem Gespräch mit einer 84-Jährigen, die bei der Flut ihr Haus verloren habe. Ihr Antrag auf Entschädigung hänge in der Luft, weil sie sich nach der Rückkehr von einem Auslandsaufenthalt vor zwei Jahren nicht ordnungsgemäß bei den Behörden angemeldet hatte. „Das ist deutscher Rechtsstaat, das ist gut und schön, doch wir müssen manches Mal auch über unseren Schatten springen.“ Möglicher Missbrauch lasse sich notfalls auch später überprüfen.
Ihre Caritas-Kollegin Silvia Plum, die vor Ort die Fluthilfe koordiniert, beklagte vor allem den Mangel an Gutachtern. 1.500 Haushalte seien von der Flutkatastrophe betroffen. Das Vorliegen eines Gutachtens sei vielfach Voraussetzung, um einen Antrag auf Entschädigung stellen zu können. Bei der Vielzahl der Schadensmeldungen sorge dieser Mangel für Verzögerung. Da die Hilfen der NGOs wie der Caritas aber nur nachrangig ausgezahlt werden dürften – also nach der Klärung von Ansprüchen an staatliche Stellen und Versicherungen – gehe die Abwicklung unsagbar langsam voran.
Caritas verweist auf den Klimawandel
Bei der virtuellen Pressekonferenz stellte Claudio Moser, der für die Caritas die weltweiten Hilfen koordiniert, die Flutkatastrophe an Ahr und Erft in den Zusammenhang mit dem Klimawandel. Die Häufung von Naturkatastrophen sei kein Zufall. So seien vor 20 Jahren im Durchschnitt 200 Naturkatstrophen registriert worden, inzwischen habe sich die Zahl auf 400 jährlich verdoppelt.
Dabei seien, wie zuletzt in Haiti und Brasilien, meist die Ärmsten der Armen die Notleidenden. „Die am wenigstens zum Klimawandel beigetragen haben, werden am stärksten betroffen“, sagte Moser. Beim Wiederaufbau und der Zukunftsplanung sei deshalb ein klimasensibles Vorgehen geboten, ergänzte Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa. Ihre Mahnung: „Klimaschutz heißt dabei auch Katastrophenprävention!“
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