Hilfsgüter-Angebot für Ebola-Gebiete: Regierung reagiert nicht
Ein Berliner Verein will die Ebola-Gebiete mit medizinischer Ausrüstung und Betten unterstützen. Er stößt auf behördliche Ignoranz.
BERLIN taz | Es war ein Hilferuf, der die Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft auf dem Weltgesundheitsgipel vorige Woche in Berlin verstummen ließ: Im Kampf gegen Ebola, sagte die Botschafterin Liberias, mangele es auch an Gummihandschuhen, Leichensäcken, Desinfektionsmitteln, Betten, Zelten. An medizinischem Basismaterial also, über das Industrienationen verfügen und das zu spenden sie bereit sind. Wie kann es sein, dass dieses Material nicht zu den Hilfsbedürftigen gelangt?
Es kann sein, weil die Bundesregierung es offenbar nicht für nötig hält, auf entsprechende Angebote von Hilfsorganisationen zu reagieren. Das zeigt aktuell das Beispiel der Berliner Vereinigung für internationale Katastrophenhilfe e. V.: Anfang Mai 2014 wendet sich deren Präsident, Andreas Teichert, an das Bundesgesundheitsministerium sowie das Auswärtige Amt, Arbeitsstab Humanitäre Hilfe: „Vor dem Hintergrund […], dass sich das Ebola-Zaire-Virus rasch noch weiter ausbreiten könnte […], könnten wir Unterstützung mit einem […] Einsatzteam sowie einem Behandlungsplatz mit Betten und medizinischer Ausrüstung anbieten“, schreibt Teichert. Ferner bietet er aus dem „Bestand rund 18 Mio. Untersuchungshandschuhe sowie hunderte Liter Handdesinfektionsmittel an“.
Als Reaktion aus den Ministerien erfolgt: nichts. Teicherts Vereinigung, staatlich anerkannt, gemeinnützig und in der Transparenz-Datenbank des Berliner Senats eingepflegt, gehört nicht zu den großen Playern unter den Hilfsorganisationen. Erfahrung mit humanitären Einsätzen hat sie dennoch: Tsunami, Fukushima, Bosnien – immer waren die Ehrenamtlichen dabei. „Was jetzt passiert, habe ich noch nicht erlebt“, sagt Teichert.
Im Laufe des Sommers wiederholt er seine Hilfsangebote, nun auch beim Bundesverteidigungsministerium. Am 1. Oktober, fünf Monate nach seinem ersten Schreiben, erhält Teichert erstmals eine Rückmeldung – per E-Mail aus dem Büro der Parlamentarischen Staatssekretärin im Gesundheitsministerium: „Laut neuesten Informationen“ könne man ihm nun mitteilen, dass er sich an das Referat VN05 im Auswärtigen Amt wenden möge, zuständig für die Koordination humanitärer Hilfe. Referat VN05 freilich schweigt – bis heute.
Anfang Oktober entsendet das Verteidigungsministerium einen minimal beladenen Frachtflug nach Westafrika. Die Gummihandschuhe bleiben in Deutschland. „Es herrscht ein unstrukturiertes Tohuwabohu“, beschwert sich Teichert am 8. Oktober beim Auswärtigen Amt. Antwort: keine.
Gegenüber der taz erklärt sich das Verteidigungsministerium für unzuständig: „Die Recherche hier im Haus hat ergeben, dass […] die Anfragen bitte an das Auswärtige Amt zu stellen sind.“ Das Gesundheitsministerium bedauert, es verfüge „über keine eigenen Haushaltsmittel, um Projekte von Hilfsorganisationen zu unterstützen“. Das Auswärtige Amt bittet um Geduld: „Der Ebola-Beauftragte der Bundesregierung verschafft sich derzeit in der Region einen Überblick über den Bedarf, der für weitere Maßnahmen besteht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“