Hertha-Investor unter bösem Verdacht: Prämie für Präsidentensturz?
Bei Hertha BSC soll Investor Windhorst eine Kampagne gegen den einstigen Klubchef Gegenbauer in Auftrag gegeben haben. Er selbst leugnet das.
Mit Klagen kennt sich Lars Windhorst, der Unternehmer und Investor von Hertha BSC, gut aus. Der Spiegel hat kürzlich nachzuvollziehen versucht, wie der insolvenzerprobte 45-Jährige Chef der Tennor Holding zu seinem vielen Geld, von dem er etwa gut 374 Millionen Euro in den Fußball-Bundesligisten gesteckt hat, und zu den vielen Klagen gekommen ist. Windhorst selbst erklärte, es sei nichts Ungewöhnliches im Geschäftsleben, verklagt zu werden. „Die Allgemeinheit glaubt wahrscheinlich, dass man nur verklagt wird, wenn man etwas ganz Böses gemacht hat.“
Die Klage, von der die britische Tageszeitung Financial Times am Mittwoch berichtete, ist allerdings weit entfernt von einem Kavaliersdelikt. Windhorst, der im Frühjahr öffentlich erklärte, dass es mit dem Hertha-Präsidenten Werner Gegenbauer keine Zusammenarbeit mehr geben könne, soll die israelische Detektei Shibumi Strategy Limited beauftragt haben, mit einer Kampagne Gegenbauer aus dem Amt zu befördern.
Mithilfe von gefakten Onlineprofilen habe man Stimmung gegen Gegenbauer gemacht. Ein Karikaturist sei beauftragt worden, wenig vorteilhafte Bilder von Gegenbauer zur Verwendung in den sozialen Medien zu erstellen. Dabei wäre Gegenbauer als Sensenmann und Teufel dargestellt worden. Auch eine Website mit dem Namen Gegenbauer Raus sowie ein Blog namens Sportfreax soll auf Betreiben der Detektei entstanden sein. Ziel der Kampagne sei die Beeinflussung von Journalisten gewesen.
All das steht, so berichtet es die Financial Times, in einer Anklage, die von der Detektei vor einem Bezirksgericht in Tel Aviv erhoben wurde. Die Unterlagen seien der Zeitung zugespielt worden. Grund für den Gerichtsgang sei die ausbleibende Bezahlung durch Windhorst gewesen. Vertraglich ausgehandelt sei eine Honorar von 1 Million Euro gewesen. Zudem sei mündlich ein Erfolgshonorar von 4 Millionen Euro vereinbart worden. Dass Werner Gegenbauer im Mai 2022 als Klubpräsident von Hertha BSC zurücktrat, sah Shibumi Strategy Limited als Ergebnis der Arbeit eines 20-köpfigen Teams an, das man für diese Aufgabe zusammengestellt habe.
Einige Ungereimtheiten
Stimmen die Berichte, dürfte es für Hertha BSC trotz des extremen Abhängigkeitsverhältnisses zu Investor Windhorst schwierig werden, die Fortsetzung der Partnerschaft mit ihm zu rechtfertigen. Auf Anfrage der taz erklärte Vereinssprecher Marcus Jung: „Ich möchte Ihnen hierzu mitteilen, dass uns Tennor übermittelt hat, dass diese Geschichte völliger Unsinn ist.“
Auch die israelische Detektei, die geklagt haben soll, bestreitet gegenüber der Financial Times den Gang vor Gericht: „Wir wissen nichts über diesen angeblichen Fall, und Sie müssen sich geirrt haben.“ Die Frage ist jetzt, ob die Berichterstatter falschen Informationen aufgesessen sind oder ob sich die Streitparteien möglicherweise nun außergerichtlich geeinigt haben. Der Schaden für Lars Windhorst wäre vermutlich ein größerer, wenn es zu einem Prozess käme.
Was unbestreitbar ist: Vor dem Rücktritt von Werner Gegenbauer waren Merkwürdigkeiten in den sozialen Netzwerken zu beobachten. Die Onlineredaktion von 11Freunde machte am Mittwoch auf Hinweise von Steven Redetzki, Podcaster bei Hertha Base, aufmerksam, die dieser bereits im November 2021 getätigt hatte. Er wunderte sich über gleich mehrere Accounts von Personen, die ansonsten zuvor über Reisen, Kunst und Yoga auf Englisch posteten und plötzlich auf Deutsch sprachgewaltig die Vereinspolitik von Hertha-Präsident Werner Gegenbauer kritisierten.
Ungereimtheiten gibt es auf den ersten Blick aber auch in der Darstellung der Financial Times. Der erste Eintrag des Berliner Sportblogs Sportfreax, der zur Agitation gegen Gegenbauer geschaffen worden sein soll, stammt vom Mai 2018. Ende Juni 2019 wurde aber erst bekannt, dass Lars Windhorst als Investor bei Hertha BSC einsteigt.
Es dürfte sinnvoll sein, die Aktivitäten gegen Gegenbauer im Vorfeld seines Rücktritts noch einmal genauer zu überprüfen. Eine Anfrage der taz bei Gegenbauer, wie er den Bericht der Financial Times bewerte, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
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