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Heizungsgesetz der Ampel-KoalitionHabeck hält am Zeitplan fest

Der Wirtschaftsminister ist offen für einen gestaffelten Start und mehr Technologieoffenheit des Heizungsgesetzes. Vor der Sommerpause soll es den Bundestag passieren.

Minister Habeck am Donnerstag im Bundestag Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin afp | In dem seit Wochen andauernden Streit um das Heizungsgesetz ist Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu weitreichenden Nachbesserungen an dem Entwurf bereit. Er wolle das Gesetz „besser machen“, sagte Habeck den Funke-Zeitungen und schlug unter anderem eine Staffelung beim besonders umstrittenen Startzeitpunkt für das Gesetz sowie Verbesserungen bei der Technologieoffenheit vor. Am Ziel, das Gesetz noch vor der Sommerpause durch den Bundestag zu bringen, hält Habeck fest.

Das Gebäudeenergiegesetz sieht laut Entwurf vor, dass ab 2024 im Regelfall nur noch neue Heizungen eingebaut werden sollen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Streit gab es zuletzt über den Start des Gesetzes und die genaue Ausgestaltung.

Die FDP verhinderte den Beginn der parlamentarischen Verhandlungen und schickte dem Wirtschaftsministerium 77 Fragen zum Gesetz. Am Dienstag kommender Woche will sich Habeck nun mit Vertretern der drei Ampel-Fraktionen treffen, um diese „und gegebenenfalls weitere Nachfragen zu beantworten“, hieß es aus Habecks Ministerium. Außerdem sagte eine Sprecherin, Habeck habe „deutlich gemacht, dass wir die Kritik ernst nehmen und wir bereit sind, das Gesetz besser zu machen“.

Habeck nannte nun vier mögliche Bereiche für Nachbesserungen – zunächst eine Staffelung beim Start: „Wir könnten ab dem 1. Januar 2024 mit dem Umstieg für Neubauten anfangen. Das betrifft dann die Neubauten, die ab Januar genehmigt werden“, sagte er der Funke Mediengruppe laut Bericht vom Freitag. „Bei den Bestandsgebäuden würde ich gern den Wunsch nach mehr Zeit aufnehmen.“ Hier seien die Herausforderungen größer.

„Etwas mehr Zeit ist auch eine Hilfe“

Angesichts des Handwerkermangels und von Lieferengpässen „ist etwas mehr Zeit auch eine Hilfe“, fuhr Habeck fort. Der genaue Zeitrahmen müsse nun im parlamentarischen Verfahren und in Gesprächen mit gesellschaftlichen Gruppen vereinbart werden. In der kommenden Woche steht demnach eine Reihe von Terminen unter anderem mit Verbänden an.

Außerdem sieht Habeck weitere Spielräume für die Technologieoffenheit beim Heizen. Bereits jetzt sehe der Entwurf „acht Möglichkeiten“ vor. „Aber wir sollten das auch noch mal stärken, wie die Debatte um Holzpellets zeigt“. Hier sehe er Spielräume. Die bisherigen Pläne sahen vor, dass Biomasse-Heizungen in Neubauten nicht mehr zulässig sein sollten. Das Wirtschaftsministerium verwies hier auf die begrenzte Verfügbarkeit der Brennstoffe, die daher vornehmlich im Bestand genutzt werden sollten.

Habeck kündigte gegenüber den Funke-Zeitungen außerdem „bald ein Maßnahmenpaket für den Nah- und Fernwärme-Ausbau“ an. Das jüngst vorgestellte Wärmeplanungsgesetz werde Wärmenetzen einen Schub geben, sagte er und schlug vor, die Übergangsfristen dann „besser mit dem Neu- und Ausbau eines Wärmenetzes zu synchronisieren“.

Nicht zuletzt will der Wirtschaftsminister auch Verbesserungen bei den Übergangsfristen für klimafreundliche Heizungen prüfen. Außerdem sei eine „pragmatische, unbürokratische Härtefallregelung“ nötig, damit von niemandem etwas verlangt werde, „was er oder sie nicht leisten kann“.

Heizungsgesetz verunsichert viele Menschen

„Mein Anspruch ist, nicht nur die Koalitionsfraktionen hinter diesem Gesetz zu vereinen, sondern auch den gesellschaftlichen Rückhalt für Klimaschutz zu erhalten“, sagte Habeck den Zeitungen. Er verstehe gut, dass die Debatte um das Heizungsgesetz viele Menschen verunsichere und dass der Entwurf Fragen und Bedenken auslöse.

Es sei aber weiterhin „wichtig, dass das Gesetz vor der Sommerpause durch den Bundestag geht“. Dazu sei nun „Kompromissbereitschaft auf allen Seiten“ nötig.

Zumindest in der kommenden Plenarwoche ab dem 12. Juni steht das Gesetz allerdings wieder nicht auf der Tagesordnung des Bundestags. Der Ältestenrat einigte sich nach Angaben der Grünen-Fraktion auf die vorläufige Tagesordnung und die FDP „blockiert dabei erneut eine Aufsetzung des Gebäudeenergiegesetzes zur ersten Lesung“. Der finale Beschluss der Tagesordnung steht aber noch aus und erfolgt in der Sitzungswoche selbst.

„Die Arbeitsfähigkeit der Ampel nimmt mit dem Verhalten der FDP weiteren Schaden“, erklärte dazu Grünen-Fraktionsvize Julia Verlinden. Außerdem leide die parlamentarische Kultur. „Parlamentarismus heißt nicht blockieren, sondern beraten, um Gesetze besser zu machen.“

Für eine Beratung noch vor der Sommerpause schwindet nun allmählich die Zeit: Insgesamt gibt es bis dahin noch drei Sitzungswochen des Bundestags.

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14 Kommentare

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  • Warum einfach wenn kompliziert viel geiler ist. Ein Gesetz muss her... Co² Abgabe richtig krass hoch schrauben und Heizstrom aus erneuerbaren runter schrauben. Könnte so einfach sein, hätte keiner mitbekommen. Wir befinden uns aber leider in Deutschland.

  • Weil es nicht so einfach ist, wie es scheint.



    Die Mehrheit der Bürger dieses Landes kann sich auf Grund der Bodenspekulation der Vergangenheit keine Immobilie leisten. Die wenige, die es wagten zu bauen, sind oft stark verschuldet. Nun gerät Deutschland in die Rezession, Zinsen, vor allem in der Anschlussfinanzierung von Hausbauern steigen, zusätzlich haben wir eine Inflation, d.h viele dieser Haushalte sind jetzt schon überschuldet. Bürdet man ihnen einen zusätzlichen Kredit auf, läuft das Fass über. Wenn aber viele verkaufen müssen, sinken die Immobilienpreise und wir erleben eine Bankenkrise. Desshalb muß Habeck nicht nur die Bestandsrentner sondern auch vor allem die jungen Baufamilien schützen. Er schütztdamit ein ungerechtes ungleichermachendes System, aber was soll er sonst tun ? Sein Neuer ist Banker, er kennt sich wohl damit aus.

  • Na also, geht doch.



    Falls dann noch die Prioritäten mehr auf Dämmung und Lüftung verlegt würden und die unsäglichen Luft-Wärmepumpen in der Versenkung verschwänden könnte aus dem GEG doch noch etwas vernünftiges werden.

  • Habeck soll nichts nachbessern, sondern das Gesetz zurücknehmen.

  • Wieso schreibt die taz von "nachbessern", nicht in einem Kommentar, sondern einem Bericht?



    Habeck will das Gesetz deutlich abschwächen, so dass es in dieser Legislaturperiode praktisch keine Wirkung mehr hat (Genehmigung des Neubaus 2024 - Einbau der Heizung und Fertigstellung häufig erst 2026).

    Die Opposition kann dann prima Wahlkampf damit machen, das Gesetz einzustampfen, bevor es überhaupt wirkt, so ähnlich wie beim rot-grün beschlossenen Atomausstieg.

  • Na wunderbar.



    Frage nur, warum der Mann nicht von vorn herein vernünftige Arbeit geleistet hat.

    • @Bolzkopf:

      Ah, ein Experte.

      Mal im Ernst. Das Gesetz ist bereits vernünftig. Was Sie sicherlich festgestellt haben, als Sie sich ausführlich damit auseinandergesetzt haben um dieses profunde Urteil zu sprechen.



      Habeck reagiert jetzt vielmehr recht vernünftig allein auf GEFÜHLE, die von BLÖD, CDU/CSU und FDP aus rein parteipolitisch bedingten Interessen bewusst geschürt wurden.



      Wir müssen nämlich dringend handeln. Der Klimawandel wartet nicht darauf dass sich auch der letzte der sich ach so wichtig nehmenden Deutschen ausreichend gepampert fühlt.

      • @Life is Life:

        Fragt sich jedoch nur noch, wer das alles bezahlt, oder?



        Habeck wird ganz sicher nicht der Retter all derer sein, die schon an der Armutsgrenze leben: über 17 Mill. sind es. Weniger werden es ganz gewiss nicht!

        Wärmepumpen benötigen massig Strom, dazu noch E-Autos, …Woher kommt der ganze Strom? Müssen es nicht schon jetzt ausländische Atommeiler richten?!

        Na dann ist ja alles “in Öko-Butter”.



        Da hilft nur noch ein Lotto-Gewinn …

      • @Life is Life:

        Vielen Dank für die Blumen !

        Es reicht eben nicht nur einen Gesetzestext zusammenzuklimpern.

        Kommunikation gehört genauso dazu.



        Und zwar nicht aus dem Elfenbeinturm heraus.

        • @Bolzkopf:

          Kommunikation funktioniert nur, wenn man mit den eigenen Argumenten auch gehört wird.



          Die Mainstream-Medien, und ja, leider gelegentlich auch die TAZ, verfahren aber leider gern nach dem Motto:" Only bad news are good news" und berichten gern - vermeintlich kritisch und "investigativ" - über jede noch so kleine oppositionelle Äußerung als hätten sie einen "Skandal" zu fassen.



          [...] Versuchen Sie da mal mit sachlichen Argumenten Gehör zu finden.



          Vergessen Sie nicht, dass Sie immer nur die von den Medien als berichtenswert gesehenen Inhalte in kleinen, unterkomplexen, leicht verdaulichen Häppchen zugetragen bekommen!

          Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette. Die Moderation.

          • @Life is Life:

            Ja glauben sie denn, dass die Presse komplett frei dreht und die ganze Presse berichtet, was sie will ?

            Aber ich glaube dieser eine Punkt ist absolut symptomatisch für unsere aktuelle Politiklandschaft.

            Man will nicht gemeinsam nach Lösungen suchen sondern zum eigenen Vorteil möglichst lautstark den "Politischen Gegner" torpedieren.

            Zum eigenen Vorteil - und zum Schaden aller !

  • "Die FDP schickte ... 77 (!!!!) Fragen zum Gesetz".



    Man könnte vermuten - nein, man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen - daß die FDP von Anfang an beabsichtigte, dieses Gesetz und speziell Robert Habeck gegen die Wand laufen zu lassen.



    Es scheint, als habe die FDP nur "Intelligenz-ferne Avatare" in die 3 Koalitionsabstimmungen geschickt.



    Daß das Gesetz letztlich in den Bereich des SPD-geführten Bauministeriums fällt, da die CO2-Grenzen dort seit 16 Jahren massiv gerissen werden, wird von allen Kritikern "übersehen" und deshalb gerne unter den Tisch gekehrt.



    Und der FDP-Ruf nach "Technologieoffenheit" ist angesichts der Forderung nach Wasserstoff-Heizungen nichts anderes als "blockieren, verschieben etc."



    Ausbaden müssen dies eh erst die kommende und übernächste Generation !!!



    Wer solche "Koalitionspartner !!!" wie die FDP hat, braucht keine offizielle Opposition (CDU; CSU; ...)

    • @Thüringer:

      Es waren mal rund hundert Fragen angekündigt.

  • Die CDU sammelt fleissig Unterschriften gegen Wärmepumpen.



    Das ist Kasperletheater pur!