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Heizen und KlimawandelWärmewende? Sofort!

Noch 2020 hat die Bundesregierung ihr Klimaziel für den Gebäudesektor verfehlt. Nun soll das Heizsystem in weniger als 24 Jahren CO₂-frei sein.

Wie wird in Zukunft geheizt? Foto: Gstettenbauer/imago

Das Ziel steht schon fest: Häuser, die heutzutage noch mit Erdgas und oder Öl warm werden, heizen in einem künftig klimaneutralen Deutschland CO2-frei mit elektrischer Wärmepumpe oder sind an grüne Nah- und Fernwärmenetze angeschlossen. Die Herausforderung ist also: Fast jedes Haus in Deutschland muss beim Umbau zum klimaneutralen Heiz- und Wärmesystem einmal umgerüstet werden; Öl- und Gaskessel raus, Wärmepumpe rein und das Haus gut dämmen, damit der Energieverbrauch sinkt.

Doch bis jetzt kommt die Sanierung der Häuser in Deutschland nur langsam voran. Um die vorgegebenen Klimaziele bei Gebäuden zu erreichen, müssten 1,6 Prozent der Häuser jährlich saniert werden – bisher erreichen wir nur etwa 1 Prozent. Das liegt auch daran, dass die schwarz-rote Bundesregierung bisher eher über Ziele diskutiert, als mit zielgerichteten Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die Häuser zügig umgerüstet werden.

Dazu kommt, dass dieser tiefgreifende Infrastruktur- und Technologiewandel auch eine soziale Frage ist. In Zeiten aufgeheizter Mietendiskussionen sind Kostenfragen, die im eigenen Zuhause entstehen, ein sensibles Thema. Aber eine bedachte, gute Wärmewende-Politik ist aus genau diesem Grund besonders wichtig: Je mehr Zeit verstreicht, desto teurer und mühsamer wird die Umsetzung, und das Risiko sozialer Verwerfungen steigt.

Die neuen Klimaziele der Bundesregierung verlangen ein hohes Tempo bei der Wärmewende: Laut der im Mai 2021 beschlossenen Novelle des Klimaschutzgesetzes muss Deutschland jedes Jahr 5,5 Millionen Tonnen CO2 im Gebäudebereich einsparen. Damit der CO2-Ausstoß von Häusern bis 2045 auf null sinkt, muss er bis 2030 nahezu halbiert werden. Das ist etwa so viel, wie in den letzten 30 Jahren eingespart wurde. Es braucht daher ein Sofortprogramm für den Gebäudebereich mit wirksamen Maßnahmen, um den Sektor auf den Pfad Richtung Klimaneutralität im Jahr 2045 zu bringen.

Wärmewende, sozialgerecht

Das bedeutet konkret, die Sanierungsgeschwindigkeit zu erhöhen, den Einbau von Wärmepumpen und den Ausbau von grünen Fern- und Nahwärmenetzen zu beschleunigen und gleichzeitig für einen sozialen Ausgleich der Kosten zu sorgen.

Wie aber wird aus dem Sorgenkind der Energiewende eine sozialgerechte Wärmewende?

Die Wärmewende kann nur erfolgreich werden, wenn alle Akteurinnen und Akteure – Eigentümer:innen, Wohnungswirtschaft, Mie­ter:in­nen, Staat und Zivilgesellschaft – gemeinsam vorangehen. Werden bestimmte Ak­teu­r:in­nen überlastet, drohen Konflikte, die das gesamte Vorhaben gefährden können. Wir schlagen daher zehn Eckpunkte für einen Gebäudekonsens vor, der Kosten und Nutzen über alle betroffenen Gruppen ausgeglichen verteilt.

2045 ist das Ziel

Kern dieses Gebäudekonsenses ist die Ausrichtung auf das Ziel Klimaneutralität spätestens im Jahr 2045. Denn Investitionen in Häuser, wie etwa in die Gebäudehülle oder eine neue Heizungsanlage, zementieren auf Jahrzehnte den Klima­standard eines Hauses – der muss schon heute mit einer Klimaneutralität 2045 vereinbar und also vorab angepasst sein. Deshalb braucht es dringend einen CO2-Preis und Gebäudestandards, die die neuen Klimaziele abbilden.

Die Kosten sollten jedoch gerecht und sozialverträglich verteilt werden. Praktisch bedeutet dies, dass der Staat Förderung bereitstellt, damit etwa die Wärmepumpe günstiger wird als der Öl- und Gaskessel. Nötig sind dafür etwa 12 Milliarden Euro zusätzliche Fördermittel jährlich – mehr als eine Verdreifachung des heutigen Fördervolumens. Eine gerechte Kostenverteilung bedeutet auch, dass ein steigender CO2-Preis den Anreiz zu Kosteneinsparungen über Warmmieten bei den Ak­teu­r:in­nen setzt, die den größten Einfluss auf den Klimastandard eines Gebäudes haben: nämlich der Vermieter oder die Vermieterin.

Zum Gelingen der Wärmewende gehört zudem die Stärkung des Handwerks: Es ist dringend geboten, sowohl die Ausbildungsqualität und die Zahl der Ausbildungsplätze im Handwerk zu erhöhen als auch Innovationspotenziale durch technologische Lösungen auszuschöpfen.

Denkfabrik

Wir von der Denkfabrik Agora Energiewende schlagen daher auch eine Zukunftsinitiative für das Gebäudehandwerk vor: Der Staat sollte Ausbildungsmöglichkeiten gezielt fördern und ausweiten. Außerdem schaffen serielle Sanierungskonzepte und die Beschaffung standardisierbarer Komponenten im großen Maßstab einen neuen Massenmarkt für Sanierungen, womit das Tempo steigt und die Kosten sinken.

Nicht zuletzt gilt es, ein klares und möglichst sofortiges Förder-Aus für Gas- und Ölkessel durchzusetzen und den Einbau von Wärmepumpen zu beschleunigen – auf 6 Millionen bis 2030 und 14 Millionen bis 2045.

In dicht besiedelten Gebieten können grüne Fern- und Nahwärmenetze die klimaschädlichen Heizsysteme ablösen. Hier ist allerdings eine intelligente Planung und Entwicklung der Infrastruktur gefragt, damit die jeweils sinnvollste Technologie auch tatsächlich zur Anwendung kommt. Dies kann am besten eine kommunale Wärmeplanung leisten, die zum Beispiel Vorranggebiete für Wärme aus dem Netz ausweist und gleichzeitig die Knappheit von Ressourcen wie Biomasse und Wasserstoff berücksichtigt.

Das Ziel steht fest, der Weg ist bereitet. Es kommt jetzt auf die Politik an. Nur wenn die nächste Bundesregierung, wie auch immer sie sich zusammensetzen wird, alle diese vorhandenen Möglichkeiten ausschöpft, kann Deutschland das Ziel einer klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2045 erreichen.

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14 Kommentare

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  • Handwerker gibts für soviel Subitosanifisoliererei eh nich ...



    Und heizen nur noch abhängig vom Stromnetz ? Risikorisiko brrrrrrrrrr. Resilient wäre dagegen das Gegenteil: zu jeder Gas/Öl-Heizung erstmal nen kleinen Generator, damit sie auch mal ohne Stromnetz weiterlaufen kann, und dann (jaja, wir wissen: ganz miese Effizienz von Quelle bis Verbrauch) photosynthetisch hergestellte Brennstoffe in Gasleitung und Kellertank. Äcker voller Methan-Mais überall, aber wenigstens ne Möglichkeit, im klimaneutralen Winter 2065 tatsächlich noch warme Füße zu bekommen. Strom allein isses sicher nich.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Das ist alles schön und gut, aber uns läuft leider die Zeit weg.



    Innovationen werden kommen, ganz sicher, leider zu spät.



    Deshalb brauchen wir jetzt die CCS-Technik. Die ist ausgereift und erprobt, auch wenn andere das nicht glauben wollen.

  • Über Wärmepumpen kann man viele schöne Worte schreiben, aber am Ende steht immer die traurige Realität:



    Wärmepumpen erzeugen einen Lastpeak zu genau der Jahreszeit, zu der genau am wenigsten Ökostrom zur Verfügung steht.



    Realistische Lösungen, bitte. Oder wird Agora von der Atomindustrie gesponsort?



    taz.de/Stiftung-Me...maschutz/!5773007/

  • Leider fehlt in dem Artikel das ebenfalls von Agora-Energiewende propagierte Konzept, alle Mietverträge als Warmmietverträge zu schließen. Gibt es schon in Schweden, ist sehr wirksam.



    Dabei zahlt die Mieterin entsprechend der Temperatur in ihrer Wohnung mehr oder weniger wie bisher, aber Erhöhung der Energiepreise, etwa durch die CO2-Kosten, gehen voll zu Lasten der Vermieterin. Diese ist frei darin, wie sie die Wohnungstemperatur zur Verfügung stellt. So entsteht ein starker Anreiz zu Wärmedämmung, Wärmepumpe , Wärmenetzen &c.



    Das Konzept ist wenig bekannt, sehr zu Unrecht.



    Siehe etwa



    www.agora-energiew...7b4bb667fd8d3fed48

  • Und wieder einmal taucht bei der Augias Energiewende das Energie sparen nicht auf! Der Energie-Input und CO2-Output für die Herstellung bis zum Einbau und Wartung der Wärmepumpen (und Dämmung) bleibt unberücksichtigt.



    Man nimmt nur das wahr, was man wahrnehmen will. Und vertritt das dann mit vielen Konjunktiven und Forderungen.



    Und nur mal so zur Info: Gebäudedämmung gehört längst zum Alltag und zur theoretischen und praktischen Ausbildung in Hochbaugewerken. Hätte man wissen und sich einen Absatz sparen können.

  • Ja, das Ziel ist definiert, aber wer sich durch die Studien von Agora arbeitet, wird erkennen müssen der Weg nicht erkennbar ist … zu viele, sehr theoretische Vorschläge, zielorientiert aber praxisfern.

  • So funktioniert das LEIDER nicht! Derzeitige Wärmepumpen machen im - grossen - Altbaubestand der BRD, anders als im Neubau, aus physikalischen Wirkungsgrad-Gründen leider keinen Sinn. Viele haben sich damit ruiniert, weil Sie durch staatliche Förderung u. solche Artikel da reingetrieben wurden! Wenn im Altbau abends im Winter die Wärmepumpe + Heizstab am Wirkungsgradlimit laufen, alle d. Tesla / E-Bike ans Netz hängen, Netflix/TV schauen/streamen, den Herd anmachen u. kochen u. die schnell noch die Wäsche für morgen einwerfen - dann gute Nacht. Fachleute stellen die zu opt. Rechnung der - sicher sonst sehr symp. (!) - Claudia Kemfert/DIW in Frage. Sogar der ges. Menschenverstand sagt - das kann so niemals gehen! Tragfähige Lösungen fehlen noch. Wasserstoff kann durch Methanisierung zu synthetischem Erdgas umgewandelt u. direkt ins VORHANDENE Erdgas-Netz eingespeist werden. Das wäre dann CO2 neutral. Die Erdgasheizung muss nicht unbedingt rausgerissen werden u. sollte daher nicht verteufelt werden. Die Engländer wollen Wasserstoff sogar direkt ins Erdgasnetz einspeisen u. rüsten die Brenner um. Also es wird, technologie-offen, je nach Region verschiedene Lösungen des Energie-Problems geben - müssen. Die Augen-öffnende Doku "Wärmepumpen als Klimaretter?" zeigt, wie viele sich ruinieren, ohne das es der Umwelt nützt u. ist bei der ARD noch online: www.daserste.de/in...bewertung-100.html

    • @Gegenrede:

      "Wenn im Altbau abends im Winter die Wärmepumpe + Heizstab am Wirkungsgradlimit laufen, alle d. Tesla / E-Bike ans Netz hängen, Netflix/TV schauen/streamen, den Herd anmachen u. kochen u. die schnell noch die Wäsche für morgen einwerfen - dann gute Nacht."



      Man wird sich wohl langsam mal von der Vorstellung verabschieden müssen jederzeit jede beliebige Menge Energie nutzen zu können. Aber man könnte ja etwa Tesla und Waschmaschine mit Zeitschaltuhren versehen, so dass über Nacht geladen wird und die Wäsche kurz vorm Aufstehen durchläuft. Ebenso sollte man in Frage stellen ob es wirklich ein sinnvolles Ziel ist die knapp 50 Mio. zugelassene PKW 1:1 durch eAutos zu ersetzen oder ob diese Idee nicht vor Allem deshalb propagiert weil das im Land des heiligen Blechles der Weg des geringsten Widerstandes ist und es eigentlich mehr ÖPNV und allgemein weniger und kürzere Wege bräuchte. Auch macht es einen Unterschied ob das Streaming über eine Workstation (~500W) ein sparsames Notebook (

      • @Ingo Bernable:

        TESLA WASCHMASCHINE EINFAMILIENHAUS: Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Meine Miet-Nachbarn täten sich bei mir bedanken, liefe morgens "vor dem Austehen" die Wäscheschleuder. Und ich bei ihnen. Die Energiesparprogramme, nach denen die Geräte jeweils gem. Energieverbrauch gelabelt werden, brauchen 180 oder 195 Minuten. Da is dann die Im-Frühtau-zu-Berge-Wäsche mittags fertig, wenn nobody home zum Aufhängen.... Also morgens oder abends Schnellschnellprogramm 60 Minuten mit doppeltem Energiekonsum. The world ain:t made for Mieters....

  • Warum wird denn eigentlich nicht veboten Wohnungen wärmer als 20 Grad zu heizen? Würde mehr CO2 einsparen als ein Tempolimit auf Autobahnen!

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Die Bundesregierung hat die letzten 16 Jahre versagt. Man muss sich nur mal die Minister ansehen.



    Nun versprechen sie das Blaue vom Himmel.



    Allerdings - so Söder - muss man erstmal einen Kassensturz machen. Das heißt, wenn zu wenig Geld da ist, ja sorry, können wir leider nicht durchführen.



    Für wie blöd halten die uns?

  • oh je, wenn wir mit der jetzigen vorsintfluttechnik, styropor und wärmepumpe die energiewende schaffen wollen....



    es gibt durchaus gute ansätze, aber die jetzige technik häuser luftdicht einzupacken, wird zu einer reihe anderer problemen führen. keine frage, es besteht akuter bedarf zu handeln, aber es besteht eben auch akuter forschungsbedarf wie wärmedämmung anders geschehen kann als heute. ein paar positive beispiele gibt es , biosolarhaus-prinzip und in jedem fall weg von luftheizungen, die verlieren viel zu viel energie, sobald ein fenster auf ist oder eine undichtigkeit besteht... hin zu strahlungsheizungen.



    die größte aufgabe dürfte die energetische sanierung der altbauten sein...

    • @nutzer:

      Wer Strahlung sagt, muß auch Schatten sagen.



      Unser Firmengebäude wird über WP beheizt und die Wärme mittels Deckenstrahler abgegeben.



      Unterm Schreibtisch liegen die Beine kühler im Strahlungsschatten.



      Ein Wohlfühllösung ist das nicht.

      Ich denke, mit massiver Erzeugung Co2 neutraler Energie und deren "Verschwendung" in alten Gebäuden ist mehr gewonnen, als mit aufwendigen Sanierungen.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @nutzer:

      Wie soll das gehen? Mit dieser Gurkentruppe bestimmt nicht.

      Geothermie ist im Kommen!!!