Heiraten in England und Wales: Regenbogen über London
In England und Wales können Homosexuelle jetzt heiraten. Anders als in Frankreich gab es keinen öffentlichen Protest. Nur die anglikanische Kirche macht nicht mit.
LONDON afp | Kaum hatte die Uhr Mitternacht geschlagen, da waren sie Mann und Mann: John Coffey und Bernardo Marti haben in der Nacht zum Samstag als eines der ersten homosexuellen Paare in England geheiratet. Die beiden nutzten eine Gesetzesänderung, die um Mitternacht auch in Wales in Kraft trat, wo sich ebenfalls schwule und lesbische Paare sofort das Jawort gaben.
Der 52 Jahre alte Coffey und sein vier Jahre jüngerer Partner schlossen nur Sekunden nach Mitternacht in London den Bund der Ehe. „Wir waren ein wenig ängstlich und nervös, weil es ein großes Medieninteresse gab“, sagte Coffey. „Aber unsere Liebe hat uns geholfen, das durchzustehen.“
Im südenglischen Brighton waren der 49-jährige Andrew Wale und der 48-jährige Neil Allard um zwölf Minuten nach Mitternacht ein Ehepaar. In dreiteiligen Anzügen mit weißen Blumen am Revers gaben sie sich vor rund hundert Gästen in einem historischen Gebäude das Jawort. „Das war viel bewegender als erwartet“, sagte Wale. „Wir haben uns zwar schon vor sieben Jahren einander versprochen, aber es ist angenehm, dass unser Bund vom Recht geschützt ist.“ Über das gesamte Wochenende waren hunderte weitere Homo-Hochzeiten in England und Wales geplant.
Über Regierungsgebäuden in London wehte die Regenbogenfahne, das Symbol der Homosexuellen-Bewegung. Premierminister David Cameron sprach von einem „wichtigen Moment für unser Land“. Es spiele von nun an in Großbritannien „keine Rolle mehr, ob man heterosexuell oder homosexuell ist“.
Kein öffentlicher Widerstand
Cameron hatte die Neuregelung gegen Widerstände in seiner konservativen Partei durchgesetzt und im Juli 2013 durch das Parlament gebracht. Von der Mehrheit der Bevölkerung wird das Gesetz unterstützt, anders als nach der Einführung der Homo-Ehe in Frankreich gab es keinen öffentlichen Widerstand. Die Neuregelung gilt allerdings nicht für Schottland und Nordirland, wo eigene Gesetze gelten. In Schottland wird aber im Herbst mit der Einführung der Homo-Ehe gerechnet. Nordirland ist in der Frage stark gespalten.
Die Gesetzesänderung hat vor allem symbolischen Charakter: Schon seit 2005 können schwule und lesbische Paare in Großbritannien ihre Partnerschaft eintragen lassen und dadurch die gleichen Rechte und Verantwortlichkeiten wie heterosexuelle Paare erhalten. Auch im Adoptionsrecht haben Schwule und Lesben bereits Rechte wie andere Paare. So heirateten Peter McGraith und David Cabreza am Samstag nach 17 Jahren Beziehung im Beisein ihrer beiden Adoptivsöhne in London.
Doch für viele Homosexuelle ist erst die Möglichkeit der Eheschließung Ausdruck der völligen Gleichberechtigung: „Wir wollten erst heiraten, wenn es eine Hochzeit wäre wie bei meinen Eltern“, sagte Teresa Millward, die ihre langjährige Freundin heiratete.
Das Gesetz stellt es den verschiedenen Religionsgemeinschaften – bis auf den Anglikanern – frei, ob sie religiöse Zeremonien feiern wollen oder nicht. In der anglikanischen Kirche als wichtigster Religionsgemeinschaft in Großbritannien bleibt die gleichgeschlechtliche Ehe untersagt. Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, versprach aber am Donnerstag, dass die Kirche keine Kampagne mehr gegen die Homo-Ehe fahren werde. Welby ist Anführer der 80 Millionen anglikanischen Christen weltweit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Scholz zu Besuch bei Ford
Gas geben für den Wahlkampf