piwik no script img

Heinrich Pommerenke ist totDer Mörder, der niemals frei kam

Ende der 50er hat Heinrich Pommerenke mehrere Frauen vergewaltigt und ermordet. Fast 50 Jahre saß das "Ungeheuer vom Schwarzwald" in Haft. Dort ist er am Samstag gestorben.

"Vor Ihnen sitzt kein Mensch, sondern der Teufel": Heinrich Pommerenke. Bild: dpa

Keiner hat je in Deutschland länger im Gefängnis gesessen als er: Heinrich Pommerenke war seit fast 50 Jahren in Haft, als er am Samstag im Gefängniskrankenhaus Hohenasperg verstarb.

"Vor Ihnen sitzt kein Mensch, sondern der Teufel", sagte er über sich selbst vor Gericht. Das war 1960. Ende der Fünfzigerjahre hatte Pommerenke vier Frauen ermordet, sieben weitere Mordversuche, zwei Vergewaltigungen und sechs Raubüberfälle begangen. Geboren wurde er 1937 in Mecklenburg, 1953 kam er in die Bundesrepublik. Schon bald darauf beging er erste Straftaten in Süddeutschland und der Schweiz.

Im März 1959 vergewaltigte er eine 18-Jährige in einer Holzhütte, erschlug sie mit einem Stein und warf sie an einen Bahndamm. Zwei Monate später bestieg er in Heidelberg einen Zug Richtung italienische Riviera. Im Abteil ermordete er eine 21-Jährige mit einem Messerstich und warf ihre Leiche aus dem Zug. Anschließend betätigte er die Notbremse, stieg aus, lief zu der Leiche, schleifte sie auf einen Feldweg und verging sich an ihr. Am 9. Juni vergewaltigte und erwürgte er eine 16-Jährige in einem Wald in der Nähe von Baden-Baden. Erst der Einbruch in einem Waffengeschäft und der Fund eines Gewehres brachten die Polizei auf Pommerenkes Spur. Er wurde am 19. Juni 1959 in Hornberg festgenommen.

Das Landgericht Freiburg verurteilte ihn zu sechsmal "lebenslänglich" und weiteren 15 Jahren Haft. Der damalige Oberstaatsanwalt sagte bei seiner Verurteilung, hinter Pommerenke "werden sich neun Tore schließen, durch die er nie mehr herauskommen soll". Pommerenkes Haftzeit war von nur wenigen bewachten Freigängen unterbrochen, der erste 1994, nach 34 Jahren Haft. Seine Strafe galt 2001 als verbüßt, aber noch 2004 hielten Sachverständige eine Entlassung für nicht angemessen. Er habe zu wenige Therapiestunden bekommen.

Das Justizministerium Baden-Württemberg erklärte, für eine Therapie fehle eine "positive Sozialprognose". Im Gutachten des Psychiaters Werner Berner ist die Darstellung genau umgekehrt: Nur wenn Pommerenke eine Therapie begonnen hätte, hätte ihm eine "positive Sozialprognose" bescheinigt werden können. Ein Teufelskreis.

Im Februar 2007 war Pommerenke in die Haftanstalt in der Festung Hohenasperg bei Stuttgart verlegt worden, wo er schließlich eine Sozialtherapie begann, die aber bald wieder abgebrochen wurde. Mitte Dezember 2008 kam er in die Intensivstation des Gefängniskrankenhauses Hohenasperg, er litt an Zuckerkrankheit und war gesundheitlich angeschlagen.

Am Samstag fanden Aufseher den 71-Jährigen tot in seinem Bett.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • T
    tut.nix.zur.sache.

    Strafe dient zunächst nicht der Resozialisierung sondern dem erhalt der staatlichen Ordnung.

    Wenn das Ziel Resozialisierung wäre, würden die Gefängnisse nicht so aussehen und aufgebaut sein wie sie es sind. Vom Wegsperren verändert sich ja wohl nicht viel zum Guten.

    Deswegen ist das System GEfängnis zu kritisieren (der Glaube es diene der Resozialisierung ist ja leider weit verbreitet).

    Im Falle von Sexualstraftätern finde ich es am leichtesten zu sagen "die dürfen nicht mehr raus". Ich sehe auch die Notwendigkeit andere Menschen vor diesen zu schützen. Aber dass jemand 50 Jahre lang eingesperrt war ist, auch wenn wir zu schützen waren, irgendwo traurig.

  • P
    pandora

    "Und ich frage mich auch ganz ehrlich ob in so einem Fall die Todesstrafe nicht menschlicher als ein so lange Haftstrafe aussieht."

     

    Warum sollte jemand wie er, der sich sogar an Leichen vergeht, noch "menschlicher" behandelt werden?

  • S
    skaninchen

    50 Jahre lang im Knast. So eine lange Zeit kann ich mir gar nicht vorstellen. Was macht man so lange? Ich will damit nicht sagen dass ich es gut heisse wenn diese zu einer zweiten chance freigelassen werden noch dass sie 50 Jahre im Knast sind. Aber das was ich mich beim lesen gefragt habe: Ich wuerde glaube ich in der gleichen Position, also ohne Perspektive nochmal freie Luft zu schnappen, Selbstmord begehen. Und ich frage mich auch ganz ehrlich ob in so einem Fall die Todesstrafe nicht menschlicher als ein so lange Haftstrafe aussieht. Ich weiss nicht wie der Haftalttag aussieht, aber das stelle ich mir so zimlich das schlimmste vor was es gibt.

     

    Naja er hats hinter sich.

  • L
    Lukas

    Kann mich meinem Vorredner nur anschliessen. Die Idee dass Bestrafung nur der resozialisierung dient, und jeder Täter eine 2. Chance verdient ist nicht für alle straffälligen anwendbar. Die Gemeinschaft muss sich vor bestimmten Tätern schützen, in dem diese unschädlich gemacht werden. Wer in einem so großen maße die Rechte anderer verletzt wie ein mehrfacher sexualstraftäter oder auch ein jugendlicher intensivtäter, der muss bis zum Ende seiner Tage eingesperrt werden

  • S
    spital8katz

    Pommerenke war eben "nur" ein Sexualmörder, der seine Taten nicht "politisch" verbrämt hat.

     

    Und in seinem Alter sicher noch hoch gefährlich...

  • J
    Jengre

    Der Arme, keine Chance gekriegt, sich zu bewähren oder eben noch einmal zu vergewaltigen, zu morden. Oder was ist gemeint? Ein Fünftel selbst der therapierten Vergewaltiger wird rückfällig, und wenn wir hundert Täter entlassen, dann werden zwanzig Frauen oder Kinder vergewaltigt werden. Nicht vielleicht, sondern definitiv. Die Gesellschaft akzeptiert Restrisiken, zum Beispiel im Straßen- oder Flugverkehr. Aber wer würde in ein Auto oder Flugzeug steigen, wenn die Wahrscheinlichkeit, nicht heil anzukommen, bei zwanzig Prozent liegt? Jede fünfte Fahrt, jeder fünfte Flug ein Unfall mit schwersten Folgen? (Dazu: wenn ein leichtsinniger junger Mann zu schnell in eine Kurve fährt, sind die Folgen, ob Tod oder Querschnittslähmung, oft irreversibel: es gibt Fehler, die keine zweite Chance zulassen.) Und wir wissen nicht einmal, wie aussagekräftig die Statistiken sind. Man kann nicht beweisen, daß ein Sexualstraftäter nicht rückfällig gewerden ist, man kann nur wissen, daß er nicht aktenkundig rückfällig geworden ist. Vielleicht hat er sich auch nur nicht noch einmal erwischen lassen.