Heino covert die Ärzte: Auch Punkrock ist Volksmusik
Jahrelang wurde Schlagersänger Heino von der linken Szene verspottet. Nun schlägt er zurück – und covert die Ärzte, Fanta Vier und Peter Fox.
![](https://taz.de/picture/175040/14/heinocovert.jpg)
Heino, der Wirtschaftswunder-Zombie mit der Sonnenbrille, Hassfigur von zwei westdeutschen Nachkriegsgenerationen, ist wieder da. Jahrelang war er Spottobjekt der linken Szene, als Antipode geradezu identitätsstiftend. Die Toten Hosen zogen mit dem „Wahren Heino“ als Aktionssatire durch das Land, der noch wahrere Heino reagierte verkniffen und ging gerichtlich gegen seinen Wiedergänger vor, der dafür letztlich ins Gefängnis musste.
„Mit freundlichen Grüßen“ heißt nun das neue Album des inzwischen 74-jährigen Bariton mit dem Roll-R des Grauens, das am 1. Februar erscheint. Es enthält Coversongs kommerziell erfolgreicher Akteure des deutschen Rock-/Pop-Wesens von den Fantastischen Vier über Westernhagen bis Peter Fox.
Die Markteinführung wird geschickt flankiert von der ihn allseits umschwänzelnden Bild-Zeitung, die prompt einen „Rockerkrieg gegen Heino!“ ausruft und kolportiert, die gecoverten Bands, namentlich Die Ärzte und Rammstein, schäumten wegen des alten Mannes (“Ein solches Wut-Beben hat es in der deutschen Rockmusik noch nicht gegeben“) und versuchten, sich juristisch zu wehren.
Dazu passend trägt die Heino-CD den Untertitel „Das verbotene Album“. Die betroffenen Bands ließen zwar rasch dementieren, der Eindruck aber, da habe einer den Spieß gehörig umgedreht und die vermeintlich coolen Stars richtig schön provoziert, dürfte haften bleiben.
Das ist so perfide wie die klug gesetzten Statements von Heino. „Ein wirklich schönes Stück Volksmusik“, sagt er etwa zu Rammsteins „Sonne“, und: „Die Kollegen haben durchaus Talent für volkstümliche Texte.“ Bösartiger wurde selbst im HipHop selten gedisst. Die Heino-Version des Ärzte-Songs „Junge“ kursiert schon vorab im Netz. Das tief ironische Stück über genau jenen reaktionären Mief der Heino-Elterngeneration wird mit Heinos Stimme und seinem typischen Bigband-Soundmatsch zu genau dem, was es im Original eigentlich vorführen sollte.
Bei allem Respekt für diesen satirischen Coup: Die Vorstellung, dass beim nächsten „Musikantenstadl“ eine Bierzeltmenge ganz unironisch und sich endlich mal verstanden fühlend über die verkommene Jugend schunkelt, macht Angst. Am Ende haben wir Heino doch sträflich unterschätzt.
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