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Heiligenskulptur in Sachsen-AnhaltKaiser Otto und der Schwarze Ritter

Er ist Schwarz, kommt aus Afrika und wohnt seit 800 Jahren in Magdeburg gegenüber dem Landtag. Mauritius und seine Verehrung sind ein Lichtblick.

Immer für dich da: der Heilige Mauritius Foto: Stephan Schulz/imagebroker/imago

Der Magdeburger Dom mit der Grablege Ottos I. ist das Wahrzeichen der Landeshauptstadt. Zum „Dritten Rom“ wollte der erste Kaiser des Heiligen Römischen Reiches seine Lieblingspfalz machen. Geklappt hat es nicht, doch eine prächtige Kulisse ist die Kathedrale bis heute. Und so ist der Domplatz Versammlungsort vieler politischer Gruppierungen – auf der Nordseite der Landtag, im Süden der Dom und zwischendrin viel Platz für Protest, natürlich auch für die Aufzüge von AfD-Anhängern und „Patrioten“ gegen „Asyl-Chaos“, kulturelle „Überfremdung“ und natürlich für die Rettung des Abendlandes.

Was den Dom St. Mauritius und Katharina betrifft, kommen sie 800 Jahre zu spät. Der Bau wird seit dem Mittelalter von einem Schwarzen beherrscht, seine Abbilder finden sich dutzendfach. „Über dreißig Mauritiusdarstellungen gibt es im Dom“, berichtet Siegfried Wronna. Als dienstältester Domführer kennt er den Heiligen und seine Plätze, „versteckt in der Ernst-Kapelle, hoch oben an der Westfassade und natürlich im Hohen Chor.“

Der Torso dort, eine gotische Figur neben dem Grab Ottos, ist der kunsthistorisch bedeutsamste Mauritius – ein Ritter mit Kettenhemd und Brustpanzer, geradezu naturalistisch. „Der Bildhauer muss dunkelhäutige Menschen gekannt haben“, ist Wronna sicher. Es gebe viele Mauritius- oder Moritzkirchen in Deutschland, auch mit Abbildern. Diese Skulptur aber ist „die erste figürliche Darstellung eines Schwarzen im mitteleuropäischen Raum“.

Seine Legende: Zwischen 282 und 289 wurde die gesamte Thebäische Legion, 6.600 Soldaten, die vermutlich aus dem ägyptischen Theben stammten, als Märtyrer hingerichtet. Sie sollen sich unter ihrem Anführer Mauritius geweigert haben, an der Christenverfolgung unter Diokletian teilzunehmen. Das alles habe sich auf dem Gebiet der heutigen Schweiz zugetragen, wo St. Maurice Zentrum der Verehrung wurde.

Er überrasche nicht sehr

Und Magdeburg? Das hat mit Otto zu tun, sagt Wronna. Als dieser mit seinem Heer 955 gegen die Ungarn zog, führte er die Heilige Lanze mit sich, die angeblich einen Nagel vom Kreuze Christi enthält und Mauritius gehört haben soll. Die Schlacht auf dem Lechfeld war siegreich, die Lanze wurde Teil der Reichskleinodien und Mauritius in Magdeburg verehrt. Der Dom wurde errichtet und die Mauritiusdarstellungen zahlreicher.

Heute können die wenigsten Leute geschichtliche Sachen noch einordnen

Siegfried Wronna, Domführer

Der Torso kam 1955, quasi als Wache, an Ottos Grab, und im Dommuseum nebenan präsentiert sich seit 2019 ein vollständiger Mauritius als „Schwarzer Ritter“, aus dem 3-D-Drucker mit Schild, Fahne und goldenem Kettenhemd.

Bei Führungen überrasche der dunkelhäutige Heilige neben Ottos Sarkophag nicht sehr, erzählt Wronna, der seit 1970 Rundgänge anbietet. Ihn selbst überrasche, wie wenig Kenntnisse seine Gäste haben. Das sei am Anfang anders gewesen. „Heute können die wenigsten Leute geschichtliche Sachen noch einordnen“, beklagt der Wronna den Kulturverlust.

Das Abendland, es ist tatsächlich bedroht, doch nicht von „Schwarzen Rittern“. Wer dagegen ankämpfen will, dem sei ein Rundgang mit Siegfried Wronna empfohlen. Führungen dürften bald wieder möglich sein.

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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Liggers. Der “Max & Moritz“ vom Alten aus Wiedensahl stand ja schonnmal auf dem Index. Is also Kummer gewohnt.



    &



    Der Mauritiussteinweg in Kölle erinnert:



    “ Mauritiuskirche, Moritzkirche oder St. Mauritius heißen Kirchen, Kapellen und Klöster, die unter dem Patrozinium des heiligen Mauritius stehen. Sein evangelischer und römisch-katholischer Gedenktag ist der 22. September.“ Däh!



    & wiki hilft mit einer Mitteldeutschland sprengenden Liste - 😜 -



    de.wikipedia.org/wiki/Mauritiuskirche - Scrollen Scrollen Scrollen - ☕️☕️ -



    kurz - “ M-Wort-Itze “ Thnx for Assist!



    Der 🧨 des Tages -🤞🏾-



    & servíce



    de.wikipedia.org/w...uritius_(Heiliger)



    & Maurice Chevalier - 👒 genderneutral



    Mauritius (lateinisch, auch Mauricius; deutsch: Moritz, frz. Maurice; * angeblich bei Theben in Ägypten; † angeblich um 290 in Agaunum (Saint-Maurice) im Wallis) war der Legende nach der Anführer (Primicerius) der Thebaischen Legion und wird in der katholischen und der orthodoxen Kirche[1] seit dem 4. Jahrhundert als Heiliger verehrt.…“



    & der Gebildetste seiner Zeit - 🙀 -



    Augustinus von Hippo - grüßt seinen -



    Bruder im Geist der Farbe - Normal •

    kurz - Herr wirf 🧠 vom 🌌 -



    Dank im Voraus - alter Schwede - 😇 -

    —-



    de.wikipedia.org/wiki/Maurice_Chevalier



    &



    de.wikipedia.org/w...gustinus_von_Hippo

    • @Lowandorder:

      Däh&Zisch - Mailtütenfrisch schlenztein:

      “Mau Ritius -

      Mauritius. Blau. Klar. "Schwarze Mauritius Grüner Veltliner fließt mit leuchtendem Goldgelb in Glas."



      www.belvini.de/gri...ner-veltliner.html



      So viele Farben, woran sich Aug' und Zunge laben.



      Das ist so bunt, da könnte frauman glatt blau von werden.







      Heinz Erhardt Heinz Erhardt: Heinz Erhardt: Heinz Erhardt: Heinz Erhardt: a dann - Heinz Erhardt:slate.com



      Heinz Erhardt: www.youtube.com/watch?v=wQiy8gJTBDw

      kurz - “Prost & darauf einen Rizinus!



      Als Absacker - ihr Kacker!“



      Is naturellemente ne 🦆 ergo Ooch Stuß!

  • Von der Universalität der katholischen Kirche ist der deutschen Reformbewegung leider nicht viel geblieben.



    Das ZDK (die Laienvertreteung der deutschen Katholiken, die sich allerdings zum Teil selbst wählt), hat es bei der letzten Nachwahl geschafft, von 50 neu hinzugewählten Mitgliedern nicht einen/n mit Migrationsgeschichte zu benennen. Und das, obwohl 5 Millionen der 22 Millionen Katholiken in Deutschland Migranten sind.

  • Ist dort etwa der rassistische Name "St. Mauritius" noch immer nicht getilgt? Wenn es noch eines Beweises für den Rassismus Mitteldeutschlands bedurft hätte, hier ist er offen sichtbar und vor aller Augen. Mauritius, Maure, Mohr ist alles dasselbe Wort -- sprachlich angepaßt, wobei wohl gerade die lateinische Form die stärkste Verballhornung des Originals darstellen dürfte. Alle Mohrenapotheken sind Reverenzen an diesen medizinisch Gebildeten ("Weisen") aus dem Südosten und andere wie ihn. Wissen die Bürger Magdeburgs wirklich noch nicht, daß dieser Name heute geächtet ist und nie mehr genannt werden darf?

    • 9G
      90118 (Profil gelöscht)
      @Axel Berger:

      Um eventuelle Missverständnisse auszuräumen: der Mohr steht exemplarisch für den schwarzen Sklaven. Deshalb scheint es schon eine sehr angemessene Veränderung zu sein, diesen Begriff nicht weiter zu benutzen.

      • @90118 (Profil gelöscht):

        Erstens verwendet seit vielen, vielen Jahren kein Mensch mehr den Begriff Mohr, um dunkelhäutige Menschen zu bezeichnen.



        Zweitens hatte der Begriff auch seine Hoch-Zeit lange bevor es entsprechende Sklaverei gab.

    • 9G
      90118 (Profil gelöscht)
      @Axel Berger:

      Mal im Ernst: wer sieht bei dem Begriff Mauritius einen schwarzen Sklaven vor sich?



      Ich finde die Beschützer der deutschen Sprache immer wieder wenig überraschend in ihrem Fokus.

      • @90118 (Profil gelöscht):

        Tja - Fokus! Da sarense was!

        Was sieht der 🐂🐸 in seinem Brunnen?



        Gute eine eine Frage! Gellewelle.



        Aber unser le petite cheflereporter van de 🌑fahrt hat ja rinkslechts - “seinen Kompaß verloooern“ Odyssee.



        Liggers. Zumal es ja um Backbord & Steuerbord geit! Aber sojet Land🐀🐀 - de weet ja ook vonne Steenstroot nix aff!



        Udo - laß gehn - Odyssee -



        m.youtube.com/watch?v=cee4cOQRvhM

    • @Axel Berger:

      Richtig! Es wird ohnehin Zeit, die ganzen Moritze umzubenennen, etwa in M-Wort-Itze.

  • Der Heilige Mauritius offenbart uns sogar einen Weg vom Gebrauch (aus heutiger Sicht) rassistischer Begriffe, namentlich den Begriff des "Mohr", der aus dem Wort Maure bzw. Mauritius hervorgegangen ist. Oft genug hört man von Forderungen, Straßen oder Lokalitäten, die den Begriff "Mohr" tragen, mögen sich bitte umbenennen, und oftmals entbrennt ein Streit darüber, ob man den Forderungen nachgeben sollte und wenn ja, wie die Umbenennung lauten sollte.

    Benennt man die Mohrenapotheke ganz einfach in Mauritiusapotheke, dürfte das die meisten Leute zufriedenstellen. Der Begriff ist weg, die Bedeutung ist geblieben.