Heidi's Show für Fernsehpreis nominiert: Billig? Will ich!

Die Castingshow "Germanys next Topmodel" wurde für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Bedenkenträger werden jetzt den Untergang des Qualitätsfernsehens beklagen - zu Unrecht.

Mutti Klum und ihre Schäfchen, die Topmodels. Bild: dpa

Man könnte es als Ritterschlag des Trash-TV bezeichnen: Die ProSieben-Show "Germanys next Topmodel - by Heidi Klum" (GNTM) ist für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Das erklärte Ziel des Deutschen Fernsehpreises besteht eigentlich darin, die Qualität des Programmes zu fördern. Wie passt das nun zusammen? Gar nicht, könnte man meinen, denn die Assoziation mit Qualitätsfernsehen beschränkt sich meist auf die öffentlich-rechtlichen Sender, das restliche Programm wird zuweilen hart kritisiert.

So machte auch "Germanys next Topmodel" in der Vergangenheit mit negativen Schlagzeilen auf sich aufmerksam: Da war der Skandal über Kandidatin Irina, die in der ersten Staffel ausschied, da sie angeblich zu dick war. Außerdem hat bisher keine der drei Gewinnerinnen bis jetzt den Sprung in die erste Liga der Topmodels geschafft, sondern sie eiern von Veranstaltung zu Veranstaltung, meist um den Sender ProSieben und das Unternehmen Klum zu präsentieren. Und dann die Klüngelei im Hause des bergischen Exportschlagers, denn beim letzten großen Finale sang - surprise, surprise - ihr Ehemann Seal ein Ständchen. Qualitativ hoch ist also auf jeden Fall der Unterhaltungsfaktor.

Schade nur, dass der Stylist Bruce Darnell nicht mehr dabei ist. Eigentlich hätte er die Nominierung nämlich eher verdient als Heidi, schließlich sind Zitate wie "Die Handetasche muss lebendig sein" oder "Drama, Baby" längst geflügelte Worte - und zwar auch bei Akademikern. Doch auch Nachfolger Rolf Schneider, von GNTM-Fans liebevoll "Rolfe" genannt, schlägt sich prima. Der Castingdirektor mit dem wunderbar aufgesetzten französischen Akzent lebt in Paris, ist aber eigentlich waschechter Kölner. Macht aber nichts. Als Jurymitglied und Mädchenversteher ist er Bombe, selbst die Tränen kullern ähnlich schnell wie bei Bruce.

Fängt man einmal an, in Erinnerungen zu schwelgen, führt die Liste ins Bodenlose: Da war in der letzten Staffel Gina-Lisa und ihr Herzenszwilling Sarah, bei der man als Zuschauer an einem Seelenstriptease teilhaben durfte. Und Heulsuse Gisele, die sich bei einem Fotoshooting an den Freund einer Mitkandidatin ranschmiss und überhaupt nicht verstehen konnte, was daran so verwerflich sein sollte. Wer aufpasst und die Ohren spitzt, kann beim Genuss der Show also sogar noch etwas über Moral lernen. Allein das wäre - anstatt die Serie in den Dreck zu ziehen - ein Grund, pubertierende Mädchen zum Anschauen zu verpflichten und ihr den Deutschen Fernsehpreis zu verleihen. Die eigentliche Hauptfigur Heidi Klum nervt ständig - unterhaltsam ist sie dadurch aber umso mehr.

Schon im letzten Jahr war "Germanys next Topmodel" für den Deutschen Fernsehpreis nominiert, gewonnen hatte jedoch die unterirdische Show "Schlag den Raab". Dieses Mal sind die Konkurrenten in der Kategorie "Beste Unterhaltungssendung" die Wissensshow "Das weiß doch jedes Kind! Das Promi-Spezial" mit Cordula Stratmann und "Deutschland sucht den Superstar: Die Motto-Shows" mit Dieter Bohlen. Gegen GNTM haben beide keine Chance. Zu verbissen wirkt Moderatorin Stratmann, Glamour und Drama fehlen gänzlich, das Konzept reiht sich nahtlos in langweilige Formate wie "Wer wird Millionär" ein. Das sonnenbankgegerbte Gesicht von Popgigant Dieter Bohlen will auch niemand mehr sehen, geschweige denn seine Sprüche hören. Also Daumen drücken für Mama Klum und ihre "Mädchen". Die anspruchsvollen Formate können bei der Verleihung am 12. Oktober schließlich immer noch unter "Beste Dokumentationen" oder "Beste Fernsehfilme" abgefeiert werden.

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