Havarierter Frachter: Langeoog in Gefahr
Der auf einer Sandbank in der Nordsee gestrandete Frachter ist noch immer nicht geborgen. Droht eine Ölpest im Nationalpark Wattenmeer?
Der zweite Herbststurm des Jahres hat nicht nur schwere Schäden verursacht, sondern könnte auch eine Umweltkatastrophe bringen, und zwar im Wattenmeer. Heftiger Wind des Sturmtiefs „Herwart“ trieb am Sonntag den manövrierunfähigen Frachter „Glory Amsterdam“ auf eine Sandbank vor der Nordseeinsel Langeoog, wo er bislang noch nicht geborgen werden konnte.
Das 225 Meter lange Schiff ist unbeladen; in den Treibstofftanks befinden sich aber 1.800 Tonnen Schweröl und 140 Tonnen Marinediesel. Sollte das Schiff durch die Wellen kippen oder bersten, könnten diese Treibstoffe in das Wasser gelangen und den Nationalpark Wattenmeer verseuchen. Bislang ist noch kein Öl ausgetreten. Die aus 22 Seeleuten bestehende Besatzung ist weiter an Bord des Frachters.
Die Bergung des Schiffs gestaltet sich als schwierig; sie soll in dieser Woche beginnen, allerdings nicht vor Freitag. „Wir hoffen, dass wir es vor dem Wochenende erledigt haben“, sagte der Leiter des Havarie-Kommandos, Hans-Werner Monsees, am Dienstagabend. Zunächst werde das Ballastwasser abgepumpt. Nicht geplant sei es, den Treibstoff abzupumpen, da dies eine höhere Gefahr darstelle als dessen Verbleib an Bord.
Erste Leinenverbindung steht
Am Mittwoch gelang es den Einsatzkräften nun, eine Leinenverbindung zu dem havarierten Schüttgutfrachter herzustellen. Das Schiff ist über eine mehrere hundert Meter lange Trosse mit einem Schlepper gekoppelt worden. Zudem wird der Aufbau einer weiteren Leinenverbindung vorbereitet.
Sobald beide Leinen festliegen, wird mit dem Abpumpen des Ballastwassers begonnen. Dadurch wird der Frachter leichter und treibt auf. Die Leinen sollen verhindern, dass er sich in Richtung Festland bewegt.
Kritik von Umweltschützern
Die Umweltschutzorganisation WWF kritisierte, dass die Bedrohung durch Schweröl größer als notwendig sei. „Wir fordern seit Langem ein weltweites Verbot von Schweröl als Treibstoff für Schiffe“, sagt Hans-Ulrich Rösner vom WWF-Deutschland. „Schweröl ist nichts anderes als Sondermüll.“ Solche giftigen Reststoffe aus den Raffinerien gehörten nicht als Treibstoff aufs Meer.
Mit rund einer Million Hektar Wattfläche – mit Sandbänken, Salzwiesen, Dünen und Prielen – gehört das Wattenmeer zu den größten und schönsten Naturlandschaften in Westeuropa. Der stetige Wechsel von Ebbe und Flut, hervorgerufen durch die Gravitationskraft des Mondes und die Fliehkraft der Erdrotation, schafft Lebensräume für Milliarden von Jungfischen. In jedem Herbst ist das Wattenmeer Raststelle für Millionen Zugvögel, die sich hier auf dem Weg in den warmen Süden noch einmal satt fressen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“