Haushaltskrise in den USA verhindert: „Shutdown“ doch noch abgewendet
Der US-Kongress einigt sich in letzter Sekunde auf einen Übergangshaushalt. Dieser hält die Regierung für weitere 45 Tage am Laufen.
Der Aufschub bedeutet, dass die Kongressmitglieder nun bis zum 17. November Zeit haben, um die zwölf individuellen Haushaltsgesetze zur Finanzierung der US-Regierung zu verabschieden. Ansonsten käme es erneut zu einer Situation, die in einem sogenannten “Shutdown“ der Regierung enden könnte.
„Innerhalb von 24 Stunden haben wir es geschafft, die verheerenden Einsparungen, welche die Gesundheit, Sicherheit und das wirtschaftliche Wohlbefinden von Amerikaner:innen beeinflusst hätten, abzuwenden und uns auf einen Haushaltsplan zu einigen, der die Bedürfnisse der amerikanischen Bevölkerung in allen Bereichen abdeckt“, sagte der demokratische Abgeordnete und Fraktionsführer Hakeem Jeffries am Samstag nach der Abstimmung im Repräsentantenhaus.
Der Übergangshaushalt wurde von der breiten Mehrheit im Repräsentantenhaus am Samstagnachmittag Ortszeit verabschiedet. Demokraten ließen sich allerdings erst von der sogenannten “Continuing Resolution“ überzeugen, nachdem die von Republikanern geplanten Kürzungen von bis zu 30 Prozent für Regierungsprogramme zur Unterstützung von sozial schwachen Familien aus dem Gesetzestext gestrichen wurden.
Einigung erst nach Spaltung der Republikaner
“Erst im letzten Moment entschloss sich Haus-Sprecher (Kevin) McCarthy dem extremen rechten Flügel seiner Partei den Rücken zu kehren und mit Demokraten an einem parteiübergreifenden Haushaltsplan zu arbeiten. Dieser sichert die Finanzierung aller Regierungsprogramme und beinhaltet zusätzliche 10 Milliarden Dollar zur Katastrophenhilfe. Jetzt müssen wir nur noch die Ukraine-Hilfe sicherstellen und das schnell“, sagte der demokratische Senator Sheldon Whitehouse vor der Abstimmung im Senat. Doch irrte der Senator, es ging um 16 Milliarden und nicht um 10 Millarden Katastrophenhilfe.
Die fehlende Ukraine-Hilfe im Übergangshaushalt sorgte sowohl auf demokratischer als auch auf republikanischer Seite für viel Unmut. Am Ende hätte es beinahe zum Scheitern des temporären Haushaltsplans geführt.
Der demokratische Senator Michael Bennet verzögerte die Abstimmung über den Gesetzestext im Senat. Er verlangte Zusicherungen, die garantieren sollten, dass die anhaltende finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine weiterhin oberste Priorität habe.
“Beim Krieg in der Ukraine geht es nicht allein um die Ukraine. Es ist ein Kampf für die Demokratie“, erklärte der Senator aus Colorado. Die Führungsriege beider Parteien im Senat bestätigten, dass sie sich dazu verpflichten, die Ukraine im Krieg gegen Russland auch künftig zu unterstützen. Bennet nahm seinen Einwand daraufhin zurück und stimmte für den Übergangshaushalt.
Rechte Republikaner sägen an McCarthys Stuhl
Dass es überhaupt eine Last-Minute-Abstimmung im Kongress benötige, um die USA vor einem möglichen Shutdown zu bewahren, liegt vor allem an den internen Machtkämpfen innerhalb der Republikanischen Partei.
Der rechte Parteiflügel will den ihrer Meinung nach ausufernden Ausgaben der US-Regierung mit drastischen Kürzungen, vor allem der Sozialprogramme, Einhalt gebieten. Auch die Unterstützung der Ukraine soll nicht mehr nur durchgewunken werden.
“Wir wollen unsere Grenzen absichern. Wir wollen Unterstützung für unsere Grenzschützer sehen. Und wir wollen nicht weiterhin Geld für die Unterstützung eines inflationären, ausufernden und gefährlichen Krieges in der Ukraine verschwenden“, sagte der Republikaner Matt Gaetz vom rechten Flügel seiner Partei bereits am Donnerstag.
Gaetz ist einer der schärfsten Kritiker von Sprecher McCarthy. Und nur kurz nachdem der Übergangshaushalt verabschiedet wurde, schrieb der Abgeordnete aus Florida auf X, dass es eine Veränderung braucht. Laut US-Medien könnte es bereits in der kommenden Woche zu einem Versuch von republikanischer Seite kommen, McCarthy seines Amtes zu entheben.
„Falls jemand einen Antrag gegen meine Person stellen will, dann soll er das machen“, erwiderte McCarthy auf die Frage nach einer möglichen Meuterei aus den eigenen Rängen.
Nach 45 Tagen droht Neuauflage des Haushaltsstreits
US-Präsident Joe Biden zeigte sich hingegen erfreut, dass der Kongress es doch noch geschafft hat, einen “Shutdown“ in letzter Minute abzuwenden: “Es ist eine gute Nachricht für die amerikanische Bevölkerung.“
Doch trotz 45 zusätzlichen Tage, die sich der US-Kongress am Samstag zur Lösung der Finanzierungsprobleme gegeben hat, sind die Probleme, die zur aktuellen Situation geführt haben, noch immer dieselben. Sollte es Republikanern im Repräsentantenhaus nicht gelingen, Kompromisslösungen zu finden, die auch im Senat Bestand haben können, könnte es bereits am 17. November zu einem Déjà-vu in Washington kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen