Haushaltsentwurf von Minister Lindner: Knackpunkt Schuldenbremse

Die Ampelparteien reagieren gemeinsam und unideologisch auf die Lage. Doch die wirklich schwierigen Verhandlungen kommen erst noch.

Christian Lindner

Erstaunlich kompromissfähig: Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch in Berlin Foto: Michael Kappeler/dpa

Der Bundesfinanzminister ist erstaunlich kompromissfähig. Plädierte der Liberale Christian Lindner während des Wahlkampfs und in den Koalitionsverhandlungen der Ampel für Haushaltsdisziplin und Ausgabenbeschränkung, ist er nun zu hohen zusätzlichen Staatsschulden bereit. Häme über die FDP wäre aber unangemessen. Die drei Parteien der Ampel-Regierung sind offenbar in der Lage, gemeinsam und einigermaßen unideologisch auf die Lage zu reagieren.

Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett seinen noch bruchstückhaften Haushaltsentwurf für 2022. Bis zu diesem Punkt hatte Lindner schon mehrere Schritte hinter sich gebracht, um den finanziellen Spielraum für die kommenden Jahre zu erweitern. Da waren zunächst die 60 Milliarden Euro Kredite, die der Finanzminister von 2021 in dieses Jahr übernahm, um demnächst die Klimapolitik zu bezahlen.

Dann kamen die 100 Milliarden zusätzlicher Schulden für die Bundeswehr, ausgelöst durch den russischen Krieg gegen die Ukraine. Und bald dürften einige Gesetzesänderungen folgen, um die Privathaushalte und Unternehmen von der Inflation der fossilen Energiepreise zu entlasten. Vermutlich werden dann noch einmal ein paar Dutzend Milliarden roter Zahlen zu Buche schlagen.

Trotzdem wird der wirkliche Knackpunkt erst mit dem Bundeshaushalt 2023 kommen, über den SPD, Grüne und FDP ab dem Sommer verhandeln werden. Will die Regierung dann die Schuldenbremse tatsächlich wieder einhalten? Um dieses Ziel zu erreichen, müssten die Ausgaben um rund 50 Milliarden Euro sinken – mehr als zehn Prozent des Budgets – und die Einnahmen um den gleichen Betrag steigen.

Angesichts der zwei Krisen, Russlands Imperialismus und Corona, kann man das für eine waghalsige Finanzplanung halten. Noch länger mag es beispielsweise nötig sein, die Kosten des externen Schocks und der stark steigenden Energiepreise für hiesige Firmen und Haushalte abzufedern. Ob das mit der Schuldenbremse vereinbar ist, darf man bezweifeln.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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