Haushalt im Bundestag: Mit der Kettensäge gegen Hilfsprogramme
Die Koalition aus Union und SPD plant, sämtliche Resettlementprogramme zu streichen. Auch an der Integration soll kräftig gespart werden.
In der Migrations- und Antirassismuspolitik wird der Haushaltsausschuss wohl einer ganzen Reihe fragwürdiger Kürzungen zustimmen – und das bei deutlich gestiegenem Gesamtumfang des Haushalts. Oppositionspolitiker kritisieren, die Bundesregierung setze die völlig falschen Prioritäten.
Die dramatischste Kürzung trifft den Posten für Resettlementprogramme, der ganz gestrichen wird. Es geht um Programme, in denen Schutzbedürftige in Krisenregionen von den UN ausgewählt und anschließend nach Deutschland ausgeflogen werden. Auch für die Evakuierung der rund 2.000 Afghan*innen, welchen über ein Bundesaufnahmeprogramm Schutz in Deutschland versprochen wurde, ist kein Geld mehr eingeplant. Die Bundesregierung unternimmt derzeit ohnehin alles, um sich aus den Aufnahmezusagen herauszuwinden.
Die Kürzungen bei den Integrationskursen sind weniger offensichtlich. In den Unterrichtseinheiten sollen Geflüchtete und andere Migrant*innen Deutsch lernen und Grundkenntnisse über die deutsche Gesellschaft erhalten. Wegen der komplizierten Haushaltssituation nach dem Bruch der Ampelkoalition waren im Jahr 2025 zunächst nur 763 Millionen Euro statt wie zuvor 1,24 Milliarden Euro für die Kurse eingeplant. Das zuständige Bundesinnenministerium beschloss deshalb harte Kürzungen: Extrakurse für Jugendliche, Eltern und Frauen wurden gestrichen, genauso wie die Möglichkeit, Kurse zu wiederholen.
Das Geld reichte trotzdem nicht. Im Juni musste das Innenministerium 300 Millionen Euro nachschießen, zuletzt noch einmal 270 Millionen. Damit waren im laufenden Jahr etwa so viel Euros für die Kurse nötig wie zuvor: rund 1,3 Milliarden nämlich. Für die Träger der Kurse – etwa Volkshochschulen – bedeutete das Hin und Her große finanzielle Unsicherheit. Die Zugewanderten litten unter dem eingeschränkten Kursangebot.
Clara Bünger, Linke Bundestagsabgeordnete
Angebot ohnehin dürftig
Aus diesem Chaos haben Union und SPD aber offenbar nichts gelernt. Im Haushalt für 2026 ist nun mit rund 1 Milliarde Euro wieder deutlich weniger Geld eingeplant, als die Kurse im laufenden Jahr kosten. Der Grünen-Haushaltspolitiker Leon Eckert sagt der taz dazu: „Diese Integrationskurse werden durch die Koalition mutwillig gefährdet, indem zu wenig Geld eingestellt wird.“
Auch die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, äußerte gegenüber der taz Kritik und nannte die Kürzungen „völlig verantwortungslos“. Und weiter: „Während die Regierung Milliarden für Aufrüstung und Abschottung lockermacht, soll ausgerechnet bei den Menschen gespart werden, die hier Schutz suchen und Unterstützung brauchen.“
Auch die Träger psychosozialer Versorgungsangebote für Geflüchtete fürchten Kürzungen. In den vorigen Jahren hatten die Regierungsfraktionen im Bundestag die von der Bundesregierung veranschlagten Mittel stets deutlich erhöht. Vorletztes Jahr zum Beispiel von 7,1 Millionen auf 18 Millionen Euro. Dieses Mal gebe es keine Signale aus SPD- und Unionsfraktion, dass man dies erneut vorhabe, warnte vor wenigen Tagen Lukas Welz, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer, BafF.
Am Ende könnte es bei rund 7 Millionen Euro bleiben, die bei Weitem nicht ausreichen, um das aktuelle Angebot aufrechtzuerhalten. Und das ist ohnehin mehr als dürftig: Obwohl rund jeder dritte Geflüchtete an Traumata leidet, reichen die Kapazitäten der psychosozialen Zentren nur für die Versorgung rund jedes dreißigsten.
Und auch der Antidiskriminierungsstelle des Bundes droht ein empfindlicher Einschnitt. Ringt der Haushaltsausschuss sich am Donnerstag nicht zu Änderungen im Regierungsentwurf durch, wird das Projekt „Respekt*land“ komplett gestrichen. Darüber wurden bislang zahlreiche Beratungsstellen für Diskriminierungsbetroffene finanziert, insbesondere in ländlichen und anderen unterversorgten Gegenden.
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