Haus der Statistik: Der erste Koalitionskonflikt
Weil der Senat beim Haus der Statistik mauert, macht die Initiative mobil. Linke und Grüne unterstützen die Pläne für ein Zentrum für Geflüchtete und Kultur.
Wenn in der kommenden Woche die ersten Sondierungen für eine neue Berliner Senatskoalition beginnen, steht ein erstes Thema bereits auf der Tagesordnung. „Das Haus der Statistik soll bei den Verhandlungen ein eigenes Thema werden“, fordert Florian Schmidt, Sprecher einer Initiative, die aus dem leer stehenden Komplex am Alex ein Zentrum für Geflüchtete, Künstler und Kreative machen möchte. Zuletzt waren die Chancen auf eine Realisierung deutlich gesunken.
Drei Tage vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus hat die Initiative noch einmal mobilgemacht und auch die Berliner Parteien befragt. So unterstützen zum Beispiel Grüne und Linke das Konzept, ein Drittel der 46.000 Quadratmeter Nutzfläche für integratives und gemeinschaftliches Wohnen zur Verfügung zu stellen, 25 Prozent für Ateliers und je 20 Prozent für Kultur und Bildung. „Seit einem Jahr wird hier Verstecken gespielt“, kritisiert die Linke-Abgeordnete Carola Bluhm, die den Senat aufforderte, vor der Wahl keine Entscheidung mehr zu treffen.
Aufgeschreckt waren die Mitglieder der Initiative, zu denen auch Mitte-Bürgermeister Christian Hanke (SPD) gehört, bei Wahlkampfauftritten des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller und von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (beide SPD). Beide Politiker hatten angedeutet, dass sich die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), der der Komplex gehört, demnächst mit dem Senat einig werden könnte. Demnach solle das ehemalige Statistikhaus der DDR, das seit acht Jahren leer steht, vom Land Berlin als Verwaltungsgebäude gekauft werden. 75 Prozent sollten Büroflächen werden, 25 Prozent – allerdings nur temporär – für eine kulturelle Nutzung zur Verfügung stehen. „Das hat uns schockiert“, sagt Florian Schmidt.
Lärmender Unsinn
Ähnlich hatte sich zuvor schon Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen gegenüber der taz geäußert. Zwar hatte der SPD-Politiker im Januar das Gespräch mit der Initiative gesucht und sie aufgefordert, ein Finanzierungskonzept zu erarbeiten. Dann aber schloss sich seine Verwaltung der Auffassung an, dass am Alexanderplatz aus Lärmgründen kein Wohnen zulässig sei. Die Initiative hält das für Unsinn. „Das ist alles machbar“, so Schmidt.
Für die Initiative und ihre potenziellen Mieter, darunter die Liga der Wohlfahrtsverbände, gibt es zwei Möglichkeiten, das Zentrum doch noch zu realisieren. Entweder kaufe ein Investor das Gelände und vergebe es in Erbpacht an eine Genossenschaft. Oder aber eine Berliner Wohnungsbaugesellschaft trete als Käufer auf. „Wir kommen in beiden Fällen auf eine Kostenmiete von 7 Euro pro Quadratmeter, und das ohne jegliche Förderung“, betont Christian Schöningh von der Genossenschaft Zusammenkunft.
Die Grünen fordern inzwischen vom Bezirk Mitte, den gültigen Bebauungsplan für das Areal für nichtig zu erklären. Dieser sieht den Abriss des Hauses der Statistik vor, was inzwischen auch der Senat für überholt hält. „Wenn wir einen neuen Bebauungsplan beschließen, wäre das ein starkes Signal an den Senat“, sagte der grüne Bürgermeisterkandidat für Mitte, Stephan von Dassel. In einer Abstimmung des Bezirksparlaments hatten sich alle Fraktionen für das Konzept der Initiative ausgesprochen. Formal ist der Bezirk für das Gebiet zuständig, es gibt aber Befürchtungen, dass der Senat das Verfahren an sich ziehen könnte.
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