Hansi Flick und das DFB-Team: Der Gute-Laune-Trainer
Das 4:1 gegen Armenien war Hansi Flicks siebter Sieg im siebten Spiel. Mittlerweile wird immer deutlicher, was er anders macht als sein Vorgänger.
Am Sonntag wurde er in Jerewan vom früheren Dortmunder Henrik Mkhitaryan mit einem Foulelfmeter bezwungen, das trübte aber vermutlich nur beim Torwart des FC Barcelona die Stimmung und vielleicht noch bei Florian Neuhaus, der das Foul begangen hatte.
Ansonsten war der Tross des Deutschen Fußball-Bundes nach dem 4:1-Sieg in Armenien so gut gelaunt wie der dicke Pandabär, der sogar die ansonsten sehr grimmige Polizei belustigte. „Die Mannschaft hat mit Freude und Spaß gespielt. Die Mannschaft will, das ist richtig klasse“, schwärmte Hansi Flick. Dass viele Spieler, unter ihnen Kapitän Manuel Neuer, Leon Goretzka und Impfverweigerer Joshua Kimmich in der armenischen Hauptstadt fehlten, kompensierte der Rest ordentlich.
Der Bundestrainer verantwortet die Eliteauswahl des Verbands nun seit sieben Spielen. Sie wurden sämtlich gewonnen, allerdings bewegten sich die Gegner auch höchstens auf dem Niveau der Fragen, die beim Quiz „Wer wird Millionär?“ mit Günther Jauch 16.000 Euro bringen.
Wie weit es auf dem Weg zu der einen Million Maximalgewinn gehen kann, wird sich im nächsten Jahr zeigen. „Wir brauchen uns nicht zu verstecken. Ich glaube auch, dass die Mannschaft sich gegen stärkere Gegner noch steigern kann“, sagte Flick, der bei einer digitalen Medienkonferenz mit miserablem Ton schwierig zu verstehen war. Aber die Botschaft kam doch an: „Die Spiele haben gezeigt, dass wir zurück sind. Auch mit der Art und Weise, wie wir Fußball spielen.“
Fortschritte gegenüber dem Vorgänger
Der deutsche Fußball muss demnach sehr weit weg gewesen sein. Das ist in gewisser Weise nachzuvollziehen, denn Flicks Vorgänger und ehemaliger Chef, Joachim Löw, schied bei der Europameisterschaft im Sommer schon im Achtelfinale aus. Allerdings hieß der Gegner auch England. Da jedoch bei der WM 2018 noch früher die Segel gestrichen wurden und es in Löws Endphase einer 15 Jahre dauernden Ära auch ein 0:6 in Spanien, ein 1:2 gegen Nordmazedonien und ein mit Ach und Krach erzwungenes 2:2 gegen Ungarn gab, wird nicht mehr so genau hingeschaut.
Hansi Flick
Hansi Flick gilt als Renovierer der deutschen Nationalmannschaft, die mit guter Laune und attraktivem Fußball von Sieg zu Sieg eilt. „Jeder ist gerne Nationalspieler und gerne beim Team dabei, es herrscht eine familiäre Atmosphäre“, berichtete er in Jerewan. Die Aussagen der Spieler deuten in die gleiche Richtung. Aber eine gute Stimmung, die während der Europameisterschaft im Sommer auch in jedem Interview hervorgehoben wurde, ist eine Grundvoraussetzung statt eines Belegs für Klasse.
Flick hat die sogenannten Baustellen in der Nationalmannschaft – hinten rechts und hinten links, vorne im Zentrum – von Löw übernommen, und nur weil er jetzt den Helm auf hat, dürften sie nicht geschlossen sein. Das sah der neue Bundestrainer zumindest mit Blick auf die Mittelstürmer allerdings anders. „Auf jeder Position haben wir zwei, drei Spieler, die wir vorher händeringend gesucht haben, so zum Beispiel Karim Adeyemi und Lukas Nmecha“, so Flick.
Ein solches Urteil über Spieler, die bislang lediglich in Partien gegen Armenien und Liechtenstein das Trikot der Nationalmannschaft trugen, wird als vorschnell kritisiert, wenn es von Medien gefällt wird. Hansi Flick überraschte daher mit seiner beinahe schon euphorischen Bilanz für das Jahr 2021. Bei der Frage, welche Note er seiner Mannschaft nach gut drei Monaten der Zusammenarbeit gebe, wich er jedoch aus. Sie sei „auf einem guten Weg“, wiederholte er die Aussage, die er auch vor dem Spiel schon getroffen hatte.
Fortschritte im Pressing und im Spieltempo sind tatsächlich zu beobachten, aber es muss stets in Relation gesetzt werden zu der Stärke des Gegners. Die zweitklassigen Armenier hatten am Sonntag einige Kontermöglichkeiten, bei denen durchaus noch ein weiterer Treffer hätte fallen können. Der dicke Panda wäre vermutlich vor Freude umgefallen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid