Handeskammer: Pflichtbeiträge bleiben: Das Scheitern des Rebellenpräses
Der Handelskammer-Chef kann sein Versprechen nicht halten, Pflichtbeiträge abzuschaffen. Verfassungsgericht macht Strich durch die Rechnung.
Bergmann ist Wortführer der „Kammerrebellen“, die 2014 mit dem Vorsatz antraten, die verkrusteten Strukturen in der Handelskammer aufzubrechen. Anfang dieses Jahres gelang ihnen der Durchmarsch: Sie errangen bei der Wahl 55 von 58 Sitzen im Plenum, fast alle altehrwürdigen hanseatischen Unternehmer wurden rausgekegelt. Bergmann wurde der neue Präses und schasste seinen Lieblingsfeind, den langjährigen Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz.
Zentrales Wahlversprechen Bergmanns war die Abschaffung der Pflichtbeiträge, welche die Mitgliedsunternehmen an die Kammer abführen müssen. Stattdessen solle „ein System von freiwilligen Beiträgen“ eingeführt werden, hatte Bergmann Ende Februar im taz-Interview angekündigt: „Dann kann sich ein Unternehmen zwischen einer Basismitgliedschaft und einer freiwilligen, beitragspflichtigen Premium-Mitgliedschaft entscheiden.“
Daraus aber wird nichts. Zum einen musste der neue Präses feststellen, dass die aufgelaufenen Pensionsverpflichtungen der Kammer gegenüber ihren ausgeschiedenen MitarbeiterInnen sich auf rund 110 Millionen Euro belaufen. Diese üppigen Ruhestandbezüge hat der neue Präses Bergmann nicht zu verantworten, aber zu bezahlen.
Im Jahr 1665 wurde die Handelskammer Hamburg als Commerz-Deputation gegründet und ist damit die älteste in Deutschland.
Zur 350-Jahr-Feier im Januar 2015 kam selbst der damalige Bundespräsident Joachim Gauck.
Die Kammer vertritt etwa 160.000 Pflichtmitglieder, die Pflichtbeträge zahlen müssen.
Oberster Repräsentant ist der Präses, seit 2017 der Unternehmensberater Tobias Bergmann (45). Er war 2014 Mitbegründer der oppositionellen Bewegung „Die Kammer sind wir“. Sie erreichte damals auf Anhieb 13 Sitze in Kammerplenum.
Bei der Neuwahl 2017 errang die Gruppe mit 55 von 58 Sitzen eine überwältigende Mehrheit.
Zum Zweiten hat das Bundesverfassungsgericht Ende Juli auf Klage zweier süddeutscher Unternehmen entschieden, dass die Beitragspflicht zu Handelskammern nicht zu beanstanden sei. Damit hatte das höchste deutsche Gericht dem Ansinnen der Hamburger Kammerrebellen, nur noch freiwillige Mitgliedsbeiträge zu erheben, einen Riegel vorgeschoben. Das ist nach ausführlicher Prüfung des Karlsruher Urteils nun auch Bergmann klar geworden.
Bislang deckt die Kammer den größten Teil ihres Etats durch Pflichtbeiträge, einen kleineren durch Gebühren für Beratungen und Serviceleistungen. Jetzt soll eine unabhängige Kommission Einsparpotenziale ermitteln. Erste Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Dann soll auch ein neuer Hauptgeschäftsführer gefunden sein. Dessen Salär soll gegenüber der halben Million, die Schmidt-Trenz kassierte, auf das Einkommensniveau eines Senators gesenkt werden: höchstens 180.000 Euro.
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