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Handelskonflikt mit den USA eskaliertDie Welt in Angst vor Trumps Zöllen

Was plant Trump als Nächstes und wie darauf reagieren? Europa will verhandeln, China nähert sich Südkorea und Japan an, Vietnam kuscht.

Industriebrache in Ohio: Bei den „Gegenschlägen“ geht es darum, Trumps Wähler­klientel zu adressieren Foto: Dreamstime Coal Camp/imago

Berlin taz | Die für Handelspolitik zuständige EU-Kommission will im Zollkonflikt mit den USA noch ein paar Trümpfe bereithalten. Der Streit wird an diesem Mittwoch wahrscheinlich weiter eskalieren. Präsident Donald Trump hat den 2. April vor Langem zum „Freiheitstag“ ausgerufen.

Dann will er Handelspartner weltweit weiter düpieren – mit „reziproken“, also „gegenseitigen“ Abgaben auf Importe: Zölle anderer Nationen sollen mit US-Zöllen beantwortet werden. Diese „Auge um Auge“-Strategie soll angeblich für gleiche Wettbewerbsbedingungen sorgen. Er sei es leid, dass andere Staaten US-Produkte mit unfairen Praktiken blockieren, während US-Konzerne keinen leichten Zugang zu anderen Märkten hätten – so Trumps Logik.

Vor allem geht es ihm um die „Schmarotzer“ aus Europa. Er drohte bereits mit höheren Abgaben für Holz und Medikamente aus der EU. In Gesprächen mit der Kommission nannten die US-Amerikaner auch Maschinenbau, Halbleiterbranche und Kupferindustrie als Ziele möglicher US-Zölle. Laut Washington Post vom Dienstag geht es sogar darum, auf fast alle Importe in die USA 20 Prozent Aufschlag zu erheben.

Das ist aber noch nicht alles: In der vergangenen Woche hatte Trump bereits angekündigt, ab diesem Donnerstag 25 Prozent Aufschlag auf Autos aus dem Ausland einzutreiben. Die Zölle zielen vor allem auf Deutschland: Mercedes, BMW und Volkswagen sind die meistimportierten Autos in den USA. Insgesamt haben die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr China als wichtigsten Handelspartner der Bundesrepublik abgelöst.

„Es wird eine weitere Eskalation sein“

„Wir befinden uns schon im Handelskrieg mit den USA. Was am Mittwoch kommt, wird eine weitere Eskalation sein“, sagte Bernd Lange (SPD), Vorsitzender des mächtigen Handelsausschusses des Europaparlaments, in einem Interview. Dass Trump mit seinen Zöllen Investitionen in die USA zurückholen wolle, sei schon schlimm genug, so Lange. Noch „übler“ sei, dass der Präsident europäische Gesetze zurückdrehen wolle, die es US-Konzernen schwermachen, wie EU-Verbraucherschutzregeln oder der Digital Services Act (DSA). Laut DSA drohen Suchmaschinen wie Google, Handelsplätzen wie Amazon oder Elon Musks X Strafen von bis zu 6 Prozent ihres Jahresumsatzes, wenn sie in Europa illegale Inhalte verbreiten.

Um im Jargon zu bleiben: Europa rasselt als Antwort mit dem Säbel. Lange spielte auf das in Trumps erster Regierungszeit angegangene „Anti-Zwangsmaßnahmen-Gesetz“ an, mit dem die EU ausländische Patente ruhen oder externe Firmen von öffentlichen Beschaffungen ausschließen kann. Außerdem hat die EU bereits höhere Zölle auf einzelne Produkte aus den USA für Mitte April angekündigt – eine Reaktion auf US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumerzeugnisse aus Europa.

Bei den „Gegenschlägen“ geht es darum, Trumps Wähler­klientel zu adressieren. So könnte demnächst der Preis von Feuerzeugen aus den USA in Europa steigen. Gemeint ist der Zippo-Konzern aus Bradford, Pennsylvania. Beim Whiskey geht es um das Spirituosenunternehmen Brown-Forman und seinen in Europa beliebten Jack Daniel’s aus dem konservativem Louisville, Kentucky. Und bei den Motorrädern um Harley Davidson mit Sitz in Milwaukee, Wisconsin.

Falls Trump Maßnahmen ankündigt, wird die Kommission wahrscheinlich Markenkleidung und auch Soja aus Übersee höher bezollen. 40 Prozent der EU-Sojaimporte stammten im vergangenen Jahr aus den USA, von mutmaßlich zum republikanischen Lager neigenden Landwirten.

Freihandelsabkommen zwischen China, Korea und Japan

Die in Europa für Handel zuständige EU-Kommission ist nervös, weil sie Trumps Plan nicht kennt. Sie wolle „lieber verhandeln“, sagte Präsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag im EU-Parlament. Und: „Wenn es notwendig wird, haben wir einen starken Plan, um zurückzuschlagen.“

In Asien wird indes zusammengerückt. China, Japan und Südkorea haben sich darauf geeinigt, ihre „Lieferketten zu stärken“, hieß es am Dienstag auf einem Social-Media-Account des chinesischen Staatssenders CCTV. Japan und Südkorea wollten mehr Halbleiterrohstoffe aus China importieren, die Volksrepublik sei am Kauf von Chipprodukten aus den beiden Ländern interessiert. Außerdem sollen die Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen Südkorea, Japan und China beschleunigt werden.

Vietnam will indes die Sätze für den Import von Autos, Flüssigerdgas, Holz, Hähnchenschenkel, Mandeln und Äpfel aus den USA senken. Die Vereinigten Staaten sind der größte Handelspartner des südostasiatischen Landes, Trump ärgert jedoch das hohe Bilanzdefizit der USA. Es betrug im vergangenen Jahr 123,5 Milliarden US-Dollar – und war damit das viertgrößte nach China, Mexiko und der Europäischen Union.

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12 Kommentare

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  • Jack Daniel's aus Kentucky?!

  • "Vietnam kuscht."



    Die haben ihre eigenen Erfahrungen, was Meinungsverschiedenheiten mit Amis angeht...

  • Das war missverständlich formuliert: "China nähert sich Südkorea und Japan an" sollte eher "China nähert sich wirtschaftlich Südkorea und Japan an". Politisch würden sie das nie tun.

  • Trump und seine Anhänger kapieren nicht, dass sie die Schmarotzer sind. Seit Jahrzehnten leben die USA auf Pump, kaufen in etlichen Ländern ein ohne einen entsprechenden Gegenwert zu liefern. Allein in den 2020er-Jahren standen nicht einmal 2/3 des Wertes der Importe als Exporte gegenüber.

    Auch der Staat USA gibt seit Jahrzehnten mehr aus, als er einnimmt. Er ist inzwischen mit 34,586 Billionen (!) US-$ verschuldet.

    Wenn die Trumpisten Schmarotzer sehen wollen, müssen sie nur in einen Spiegel schauen.

  • Das Leistungsbilanzdefizit der USA ist tatsächlich schon seit einiger Zeit ein Thema, aber das Einzige, was dagegen helfen könnte, wäre, die Preise für Waren, die aus den USA exportiert werden, flächendeckend anzuheben. Herr Trump sagt zwar, dass die Firmen lieber in den USA produzieren sollten, und führt deswegen Zölle ein, aber da gibt es ein kleines Problem: WER sollte die Waren in den USA denn produzieren? Die USA kämpfen trotz hoher Löhne mit massivem Fachkräftemangel, genau wie wir. Die Arbeitslosenquote der USA ist relativ niedrig, genügend Kapazitäten gibt es nicht und sie werden auch nicht so einfach aufzubauen sein, wenn wegen der Zölle die Konjunktur abkühlt. Man könnte die Produktivität durch stärkere Automatisierung zu steigern versuchen, aber dafür bräuchte man wieder Fachkräfte, die man nicht hat. Auch die KI wird es so schnell nicht richten.

  • Die EU ist gut darin, starke Sprüche zu machen und anschließend vor der Umsetzung zurückzuschrecken. Man kann nur hoffen, dass der EU diesmal nicht wieder im letzten Moment das Herz in die Hose rutscht. Winseln und um Nachsicht bitten wirken bei Trump nicht. Rationalität im hergebrachten Sinn ist ihm fremd. Mit Trump kann man nicht verhandeln! Tatsächlich muss die EU mit ihren Gegenmaßen insbesondere auch Trumps milliardenschwere Sponsoren treffen. Die Maßnahmen müssen schmerzen und man muss ertragen, dass sie in gewissem Umfang auch in der EU Schmerzen verursachen.



    Die bildungsfernen MAGA-Fans in den Flyover States und die zahlreichen pseudoreligiösen Eiferer dagegen erreicht man längst nicht mehr. Sie sind Gläubige, die Trump an den Lippen hängen, in jeder seiner Lügen eine Offenbarung sehen und überzeugt davon sind , dass die göttliche Vorsehung ihr Idol zum Weltenführer auserkoren hat. Sie werden ihren Führer auch mit Gewalt verteidigen und ihm bis in den Untergang folgen - wie wir es weiland in Deutschland erlebt haben.

  • Ich habe kein Problem mit dem Abschotten der USA und dem Zuwenden zu anderen Ländern. Verhandeln mit Trump und seinen Schergen ist sinnlos. Er stimmt nur zu, wenn er gewinnt und der andere verliert. Aber so läuft Handel nun mal nicht. Daher den Atem sparen, die USA ignorieren und mal nach Südamerika, Afrika, Asien schauen. Nichts was die USA hat ist einzigartig. Wie sagt der Personalchef immer: Ach, wenn wir sie nicht hätten....hätten wir jemand anderes.



    Trump versteht nur harte Kante und Schmerz und das sollte man ihm kräftig geben. Die jammern jetzt schon, dass Canada sich gut abschottet und der Absatz nach Norden unangenehm sinkt.

  • Trump und seine Ideen kommen von sehr einfachen Geschäftspraktiken, die bei seinem Vater und ihm in der Imobilienbranche funktionierten. Dazu gesellen sich jetzt die Digitaloligarchen. Sie verblüffen jetzt als Regierungsmannschaft damit, das sie vom neoliberalen Denken zur Abschottung zurückkehren wollen. Das könnte enorme Chancen für die "Schwellenländer" bieten. Europa kann da erst mal nur zusehen und den Bourbon und die Harley verteuern...

    • @Kaffka:

      Je nachdem welche Länder zu den Schwellenländer gezählt werden. Vor allem kleinere Länder in Südamerika, aber auch Südafrika und andere dürften sowohl von der Zollpolitik als auch von der Auflösung von USAID und den dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten schwer getroffen werden.

      Der globale Handel ist ein schwerfälliger Behemoth, der sich nicht gerne (oder gut) an rasche Veränderungen oder Schocks anpasst. Die grösste Zeche werden, neben einkommensschwachen Gruppen in weiten Teilen der Welt, genau jene Schwellenländer zahlen müssen, die in Sachen Import und Export von den USA abhängig waren und nicht mal eben die ganze Industrie umbauen können.

      Trotz der wachsenden Wirtschaftsmacht von China sind das nicht eben wenige. Zudem wird auch die chinesische Wirtschaft hart getroffen werden. Trotz dem seit Jahren anhaltenden Gerede von einem "Handelskrieg" sind die beiden grössten Volkswirtschaften als Zulieferer und Absatzmärkte stark voneinander abhängig. Zusätzlich ist China, wie die USA, hochverschuldet.

  • "... Bei den „Gegenschlägen“ geht es darum, Trumps Wähler­klientel zu adressieren ..." Was für ein Schwachsinn, Wähler die jetzt noch für Trump sind adressiert man nicht mehr. Zölle uns Maßnahmen müssen die milliardenschweren Unterstützer von Trump treffen.

    • @Axel Schäfer:

      Nur traut sich an die niemand ran! Sobald es irgendwo in der Welt an Strafmaßnahmen gegen die Unternehmen der Milliardäre geht, wird mit "antidemokratisch" gedroht (von dieser Junta!!!) oder Auflagen etwa für Google oder Meta, ignoriert und/oder Systeme abgeschaltet. Es dürfte für diese Erpresser kein Problem sein, Sateliten auszuschalten, die für das GPS wichtig sind oder andere Systeme, die etwa in Europa alltagswichtig sind. Und Frau vdL will mit diesen Typen verhandeln! Da war wohl die Dauerwellenhaube etwas zu heiß eingestellt....

  • Das schöne an solchen Handelskriegen ist das der Wähler am Ende die Zeche zahlt oder Verzicht üben muss.