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Hamburgs WasserversorgungHeidewasser nur auf Widerruf

Hamburg darf Wasser aus der Nordheide fördern – aber nicht soviel wie gewünscht. Umweltschützern ist das zu viel, ihre Klagen wurden aber abgewiesen.

Fördert Hamburg zu rund 13 Prozent aus der Lüneburger Heide: Trinkwasser Foto: Marcus Brandt/dpa

Hamburg taz | Hamburg darf auch in Zukunft Wasser aus der Lüneburger Heide zapfen – allerdings nicht soviel wie gewünscht. Mit diesem Urteil hat das Verwaltungsgericht Lüneburg am Montag weder dem Versorger Hamburg Wasser Recht gegeben, der gerne mehr fördern würde, noch fünf anderen Klägern, denen die zuvor bewilligte Menge schon zu groß war.

Für Hamburg Wasser geht es dabei noch um mehr. Der städtische Versorger wollte sich nicht mit der vom Landkreis gewährten „gehobenen Erlaubnis“ zufrieden geben, sondern eine Bewilligung haben, weil diese eine größere Rechts- und Investitionssicherheit biete. „Das Urteil ist für uns nicht zufriedenstellend und ein schlechtes Signal für die Versorgungssicherheit Hamburgs und der Wasserwirtschaft insgesamt“, sagt Ingo Hannemann, Sprecher der Geschäftsführung von Hamburg Wasser.

Aber auch die ebenfalls klagende Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN) zeigte sich enttäuscht. „Deutlich erkennbar ist, dass da Wasser- und Naturschutzrecht nicht auf der Höhe der Zeit ist und die Betroffenheit von Grundstückseigentümern und besonders geschützten Landschaftsbereichen nicht ausreichend berücksichtigt“, sagt der IGN-Vorsitzende Karl-Hermann Ott. Schon heute trockneten die Oberläufe mancher Flüsse aus. Das sei eine Folge der Grundwasserförderung.

IGN-Geschäftsführer Gerhard Schierhorn bedauert, dass das Gericht den Gutachtern des Landkreises gefolgt sei, die die Grundwasserförderung für unschädlich halten, und nicht denen der IGN und der klagenden Grundstückseigentümer. Hamburg-Wasser-Geschäfts­führer Hannemann äußert dagegen sein Unverständnis, dass der Landkreis angesichts dieser Gutachten nicht eine höhere Menge genehmigt habe.

Versorger befürchtet Präzedenzfall

Am gravierendsten aus Sicht von Hamburg Wasser ist, dass es nach dem Urteil bei der gehobenen Erlaubnis zur Wasserförderung bleibt. Sich für eine solche Lösung zu entscheiden, liege im Ermessensspielraum des Kreises, urteilte das Gericht. Hanneman findet das problematisch. Wenn der zweitgrößte Wasserversorger Deutschlands für die zweitgrößte Stadt keine Bewilligung erhalte, schaffe das einen Besorgnis erregenden Präzedenzfall.

Während sich Hannemann an der geringeren Verbindlichkeit der Erlaubnis stört, ist das aus Sicht des Landkreises gerade der Vorzug einer solchen Lösung. „Wir haben eine gehobene Erlaubnis erteilt, weil wir so die Möglichkeit haben, nachzujustieren, wenn etwa die Auswirkungen des Klimawandels ein Einschreiten erforderlich machen“, sagt Kreisrat Josef Nießen.

Die Klimakrise ist für Hamburg Wasser hingegen eher ein Grund, sich schon jetzt höhere Förderkapazitäten zu sichern, weil der Verbrauch in heißen Sommern wachse. Hinzu komme, dass Hamburg wohl auch weiter an Einwohnern wachsen werde.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls hat das Verwaltungsgericht für Hamburg Wasser direkt die Berufung zugelassen. Die übrigen Kläger müssten eine solche beantragen. Falls es bei dem Urteil bleibt, wird Hamburg Wasser anderweitig vorsorgen müssen.

Falls es bei dem Urteil bleibt, wird Hamburg Wasser anderweitig vorsorgen müssen

Eine Möglichkeit wäre, Wasser zu sparen. „Wir brauchen ein stärkeres Bewusstsein in der Bevölkerung“, sagt Hannemann. Zudem könne der Eigenbedarf der Wasserwerke etwa beim Spülen der Leitungen verringert werden. Bei der Bewässerung von Grünanlagen könnte auf Trinkwasser verzichtet werden. Darüber hinaus könnte Hamburg Wasser „unkonventionelle Wasser-Dargebote“ nutzen: „Grundwasserqualitäten, die wir heute nicht verwenden“.

Unterm Strich hält Hannemann die Haltung der Lüneburger für unsolidarisch. „Die Wasserversorgung ist wie die Energieversorgung nur gemeinsam zu schultern“, sagt er.

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