Hamburgs Ex-Bürgermeister Voscherau: Konservativer mit Bürgerappeal
Stets von tadellosem Äußeren, immer etwas forsch und belehrend im Ton: Der verstorbene Altbürgermeister war ein Mann der Prinzipien.
Stets von tadellosem Äußeren, immer etwas forsch und belehrend im Ton: Dieser Mann war prädestiniert, den Posten des Bürgermeisters zu bekleiden – denn er vermochte eben immer, wie eine Art Reeder oder Kapitän Ausstrahlung zu entfalten.
Am 8. Juni 1988 war es so weit: Der 1941 gebürtige Hamburger beerbte Klaus von Dohnanyi auf dem Bürgermeisterstuhl. Fortan galt in Hamburg wieder das politische Hygienegesetz: Mit den Grünen niemals. Voscherau – und mit ihm weite Teile seiner biestrig-pfründenverteidigenden sozialdemokratischen Partei – verabscheute die Ökos, er mochte deren informelle Art nicht, er, der selbst als Notar einen ihm gemäßen Beruf ergriffen hatte.
Wenn Voscherau Anhänger der Grünen schätze, dann nicht weil, sondern obwohl sie aus den alternativen Szenen kamen. Viel zu kleinteilig, pflegte er über die Ansprüche der ökologischen Opposition zu sprechen, als seien sie ungehörig und kleinkrämerisch.
Voscherau, ein Mann der in der Tat feinen, keineswegs leutseligen Diktion, trat 1997 nach einer Bürgerschaftswahl von seinem Posten zurück: Er sollte mit den Grünen koalieren, er wollte lieber mit der Wut- und Mäkelbürgerformation von der Statt Partei. Nein, da hatte er Ehre – das wollte er sich nicht antun.
Aber eine Erbschaft hat er doch hinterlassen: Auf ihn geht die Hafencity zurück, ein neuer Stadtteil an der Elbe, der bis dahin zur EU-zollfreien Union gehörte. Ein Milliardenprojekt inklusive Elbphilarmonie ist das bis heute. Voscherau blieb einflussreich in seiner Partei, ein Konservativer mit Bürgerappeal, ein glühender Sozialdemokrat der so gar nicht jusohaft-rebellischen Sorte. In der Nacht zum Dienstag ist er im Alter von 75 Jahren an den Folgen einer Hirntumorerkrankung gestorben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland