Hamburger Rapperin Ace Tee: Dissen ist nicht ihr Ding
Tough, selbstbestimmt, hamburgerisch: Rapperin Ace Tee hatte mit „Bist du down“ einen Hit. Aus gutem Grund, auch wenn ihr der Schliff am Text fehlt.
Es ist schon erstaunlich: Ausgerechnet die Tatsache, dass Ace Tee auf Deutsch singt, macht einen Teil ihres internationalen Erfolgs aus. Mit deutschsprachigen HipHop verbindet man bisher allerdings auch nicht schwarze Rapperinnen in durchgestylten Videoclips, die rundum positive Vibes senden und mainstream-tauglich sind. Genauso war es aber bei Ace Tee.
Mit ihrem Song „Bist du down“ landete die Hamburgerin vergangenes Jahr aus dem Nichts in den USA und in Großbritannien einen Hit, nachdem das dazugehörige Video, das ihre Posse beim Chillen unter einer graffitibesprühten Straßenbrücke zeigte, massenhaft auf Twitter geteilt wurde.
Dann ging alles im Eiltempo: Das Modemagazin Vogue porträtierte die junge Frau mit einer großen Story. Nun erlangt die 24-Jährige auch hierzulande größere Bekanntheit. Inzwischen hat Tarin Wilda, wie Ace Tee bürgerlich heißt, allein bei YouTube mehr als zwei Millionen Klicks eingeheimst. Kürzlich ist nun auch ihre Debüt-EP „Tee Time“ erschienen.
Atmosphäre wie bei den Fugees
Ace Tees Sound ist einfach und klar strukturiert: Fette Beats, jazzige Hooks, Samples und Soul-Vocals – mal von ihr selbst, mal von ihrem Rap-Partner Kwam.e gesungen – dominieren das Klangbild. Genau wie „Bist du down“, das von der Atmosphäre an „Killing me softly“ von den Fugees erinnert, regiert bei „Tee Time“ erneut die Oldschool.
Anders als früher ist allerdings, dass Ace Tee alles in Eigenregie produziert hat, auch das Beatbauen hat sie sich selbst beigebracht. Und die Grooves überzeugen, sie hüpfen auf der Tonleiter auf und ab, im Hintergrund flirrt immer wieder der gleiche Spruch: „Bist du down?“, singt sie und meint damit, ob wir einverstanden seien, mit ihrer traditonsbewussten Idee, HipHop und R&B zusammenzuführen. Ihr Sound ist dabei weltumarmend und entspannt, wenngleich Ace Tees Reime etwas Tiefgang vermissen lassen.
Letztlich scheint es mehr um den Style zu gehen. Denn das Aufregende an Ace Tee ist ihr Image: tough, selbstbestimmt, hamburgerisch. Bevor sie Ace Tee wurde, versuchte sich Wilda unter dem Alias „Goddess Meduzv“ schon einmal als Beatmakerin. Düsterer war sie damals, was ihre Stimmung angeht. Aufgewachsen ist die gelernte Hairstylistin in Hamburg-Jenfeld, einem der ärmsten Stadtteile der Hansestadt. 20,7 Prozent der Bewohner lebten 2015 von Sozialleistungen. Angst vor Kommerz hat Ace Tee keine. Inzwischen wirbt die gebürtige Berlinerin mit ghanaischen Wurzeln für eine Modelinie von H&M, auch für die Sportmarke Nike drehte sie bereits einen Werbespot.
Ace Tee
Der Auftakt-Song von „Tee Time“ heißt „Bounce auf dem Beat“. Krachig-funkig klingen die Drums und treffen auf Sprechgesang, was Erinnerungen an die Neunziger-Jahre-Girlgroup Tic Tac Toe aufkommen lässt. Allerdings kann Ace Tee besser produzieren als ihre Vorgängerinnen. Sie, die von Künstlerinnen wie TLC und Aaliyah beeinflusst ist, erzählt in dem Song von ihrem Werdegang: „Kitzel dann noch mehr raus aus der Tonne, hinter all der aufgestauten Wut versteckt sich auch die Sonne.“
Der Beat bollert wunderbar funky, weil er von englisch gesungenen Texten begleitet wird. Der Einsatz von Rapper Kwam.e macht den Song facettenreicher, alles in allem ein Balsam für die Ohren. Die gute Laune der Musiker wirkt trotzdem nie zu aufdringlich. Obwohl der raffinierte Schliff am Text, der zwingenden HipHop ausmacht, fehlt. Letztlich tragen die tollen Beats den Sound.
„Frauen, respect yourself!“
Ziel von Ace Tee ist es, optimistisch empowernden Pop zu machen. Sie habe das Gefühl, sagt sie in einem Interview mit dem „Ersten“, hierzulande habe sich HipHop erst durchsetzen können, als sogenannte „Diss-Songs“ aufkamen – also vor allem männliches und aggressives Konkurrenzdenken mit gegenseitigem Anpflaumen. Ace Tees Sache ist Dissen nicht. Ihre Message ist denkbar einfach, aber total schlüssig: „Schluss mit dem Selbsthass, step an das Mikrofon und zeig den Leuten, was du draufhast“, singt sie. Zur Botschaft der Künstlerin gehört auch, keine nackte Haut in Videos zu zeigen: „Wir wollen aufhören damit. Frauen, step up and show yourself, respect yourself.“ Da gibt es definitiv schlechtere Botschaften.
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