Hamburger Gericht vertagt Entscheidung: Trübe Aussicht für Abtreibungsgegner
Yannic Hendricks klagt, wenn sein richtiger Name im Internet genannt wird. Damit könnte er bei einem Hamburger Prozess nun scheitern.
Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung hatte zu einer Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude aufgerufen. Die Bundestagsabgeordnete Cornelia Möhring (Linke) und mehrere Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete solidarisierten sich in Redebeiträgen mit Artus. Doch am Ende des Tages fiel kein Urteil.
Hendricks hat es sich, wie er selbst im Interview mit der taz und im Deutschlandfunk sagte, zum „Hobby“ gemacht, Ärzt*innen anzuzeigen, die seiner Meinung nach gegen den Paragrafen 219a Strafgesetzbuch verstoßen. Der Paragraf, der „Werbung“ für Abtreibungen verbietet, wurde neu geregelt, die Reform ist aber noch nicht rechtskräftig.
Über sein Hobby wollte Hendricks nur unter dem Pseudonym Markus Krause erzählen. Doch mehrere Menschen nannten Hendricks Klarnamen im Internet, auch Kersten Artus. Hendricks mahnte sie deshalb ab. Artus sollte ihre Beiträge löschen und eine Unterlassungserklärung unterschreiben.
Selbst an die Öffentlichkeit getreten
Sie tat das nicht, deshalb reichte Hendricks Zivilklage ein. Seine Anwälte berufen sich in der Klageschrift auf den Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte ihres Mandanten. Das Bild würde ihn an den Pranger stellen und an seinem Namen bestünde kein öffentliches Interesse.
Die Pressekammer des Landgerichts ließ am Freitag durchblicken, dass sie das teilweise anders sieht. Hendricks sei durch das Interview an die Öffentlichkeit getreten und habe darin Persönliches preisgegeben, sagte die Richterin. Er habe die politische Diskussion um den Paragrafen 219a wesentlich mit verursacht.
Deshalb sei möglich, dass das Gericht entscheide, Hendricks Wunsch nach namentlicher Anonymität müsse hinter dem öffentlichen Interesse zurücktreten. So urteilte auch das Düsseldorfer Landgericht, das eine einstweilige Verfügung Hendricks gegen Buzzfeed ablehnte. Das Online-Medium hatte ebenfalls Hendricks Namen genannt.
Urteil in einem Monat
Nicht so eindeutig waren die Ausführungen der Kammer bezüglich des von Hendricks veröffentlichten Bildes. Artus hatte Anfang Februar den Tweet eines anderen Nutzers geteilt. Dieser Nutzer hatte ein Foto eines Plakats getwittert, dass an der Roten Flora hing und auf dem unter anderem ein gemaltes Porträt von Hendricks zu sehen war.
Eigentlich sei die Veröffentlichung eines Fotos nur nach Einverständnis erlaubt, so die Richterin. Aber auch hier müsse abgewogen werden, weil es sich gar nicht um ein Foto, sondern um ein Bildnis handele. Artus sei auch nicht die erste gewesen, die dieses Bild veröffentlichte.
Artus zeigte sich nach Verhandlungsende enttäuscht, dass keine Entscheidung gefallen ist, war aber zuversichtlich, dass das Gericht ihr erlauben wird, Hendricks Namen weiterhin zu nennen. Die Kammer will ihr Urteil am 26. April verkünden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?