Hamburger CDU beim CSD nicht willkommen: „Manchmal ist es ein harter Kampf“

Der Vorsitzende der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) Thomas Thomsen hat Verständnis für die Ausladung der CDU. Er warnt vor Auswüchsen.

Ein Festwagen bei der CSD-Parade, im Hintergrund der Turm des Hamburger Michels

Hier sieht sich die CDU durchaus: Wagen bei einer CSD-Demonstration in Hamburg Foto: Markus Scholz/dpa

taz: Herr Thomsen, können Sie nachvollziehen, warum die Hamburger CDU vom Christopher Street Day (CSD) ausgeladen worden ist?

Thomas Thomsen: Ich kann verstehen, dass die Organisatoren vom Verein „Hamburg Pride“ grundsätzlich Schwierigkeiten damit haben, dass die CDU eine Initiative unterstützt, die sich gegen das Gendern in der Verwaltung ausspricht. Ich selbst entscheide von Fall zu Fall, ob ich gendern möchte oder nicht. Ich finde es auch schwierig, wenn bei Klassen- oder Studienarbeiten Punkte abgezogen werden, wenn man nicht gendert. Aber ich kann auch den Pride-Verein verstehen, weil es für viele Menschen, die er vertritt, wichtig ist, wie sie angesprochen werden – also die Minderheit derer, die sagen: „Ich bin nicht binär, ich möchte als Mann, ich möchte als Frau leben.“

Die Kritik ist befeuert worden dadurch, dass die Vertrauensfrau der Volksinitiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“, Sabine Mertens, den Eindruck erweckt hatte, Homosexualität wäre anormal – was sie später korrigierte.

Ich habe Frau Mertens im Landesvorstand der CDU erlebt. Sie war strikt dagegen, dass jemand, wenn er selbst transgender ist, dann gendern dürfte etwa in der Schule. Das geht aus meiner Sicht zu weit.

Die CDU versucht ja zurzeit ihr Profil zu schärfen. Geht das zu Lasten von LGTBQI*?

Ich bin im Grunde ein eher liberal konservativer Mensch – in Sicherheitsfragen zum Beispiel – und liberal, wenn es um das Lebensgefühl geht oder darum, Menschen mit transgeschlechtlicher Identität ihren schwierigen Weg zu erleichtern. Wenn sich die CDU für mehr Sicherheit am Hauptbahnhof einsetzt, heißt das nicht, dass sie in allen Bereichen konservativ auftreten muss.

Hamburg Pride hat in der Ausladung auch kritisiert, dass sich die Hamburger CDU gegen das von der Ampel-Koalition im Bund geplante geschlechtliche Selbstbestimmungsgesetz ausgesprochen hat.

Die CDU ist nicht grundsätzlich gegen das Gesetz. Sie ist dagegen, dass man laut der aktuellen Vorlage unter anderem jedes Jahr entscheiden könnte, ob man als Mann oder Frau eingetragen sein möchte. Gegen solche Auswüchse richtet sich das – auch weil es nicht dem Interesse der Betroffenen dient. Wenn man überzieht, werden etliche Normalbürger sagen: Das wird mir jetzt zu viel. Dann geht die Akzeptanz für solche Regelungen zurück. Praktisch gewendet: Warum hatte man für das Bezirksamt Eimsbüttel gefordert, extra eine gendergerechte Toilette einzubauen, wenn es bereits ein barrierefreies WC gibt, das asexuell ist? Das verstehen viele nicht.

Und trotzdem bleibt das Gefühl, dass ein Teil der CDU damit Politik macht.

65, ist Hamburger Landesvorsitzender der Lesben und Schwule Union. Er war lange Jahre Bezirksabgeordneter in Eimsbüttel.

Sie können sicher sein, dass auch ich da große Bauchschmerzen habe. Natürlich nutzen es einige aus, dass jetzt überzogen wird, um populistisch unterwegs zu sein – was ich schrecklich finde. Als Lesben und Schwule in der Union (LSU) sind wir in der CDU dafür da zu sagen: Leute, das geht so nicht.

Und, hört die CDU dann auf Sie?

Dass der CDU Landesvorsitzende Dennis Thering sich klar von Mertens’ Äußerung distanziert hat, finde ich richtig. Andere in der CDU haben das nicht getan, obwohl sie von der LSU dazu aufgefordert wurden. Der vorige Landesvorsitzende Christoph Ploß ist wesentlich konservativer aufgetreten. Als LSU versuchen wir auch, nach innen zu wirken, Ängste zu mildern, Diskriminierungen abzubauen. Außerdem wollen wir verhindern, dass viele Schwule und Lesben, die ganz konventionell in langfristigen Beziehungen leben und eigentlich CDU wählen könnten, von populistischen Äußerungen abgeschreckt werden. So stelle ich mir Großstadt-CDU vor. Manchmal ist das ein harter Kampf. Deshalb ist es wichtig, dass wir von der CDU beim CSD dabei sind.

„Sekt oder Selters Dennis Thering“: Mo, 31. 7., 19 Uhr, Salon St. Georg, Lange Reihe 92

Wie geht es jetzt weiter mit dem Hamburg Pride?

Die Demonstration am 5. August ist ja nur ein Teil der Pride-Woche. Beim Straßenfest sind wir angemeldet. Da gibt es auch keine Absagen. Es geht also um die Demonstration. Die Organisatoren haben natürlich mit Recht gesagt, alle die teilnehmen, sollen hinter den Forderungen der Demonstration stehen. Der Knatsch entstand dadurch, dass die CDU das zumindest in Teilen nicht tut. Der Pride-Verein twitterte ja auch, es geht nicht darum, den Gesprächsfaden zu kappen. Mit der LSU und den liberalen Leuten der CDU habe er sehr gut zusammengearbeitet. Wir nehmen auch an der Pride-Party teil und zum Pride-Frühstück sind Dennis Thering und ich angemeldet. Mich freut, dass die stellvertretende Vorsitzende des Pride-Vereins und der Pressesprecher am Montagabend zu unserer Veranstaltung mit Dennis Thering im Rahmen der Pride Week kommen, um in den Austausch zu gehen. Wir versuchen, Differenzen und Missverständnisse auszuräumen.

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