Hamburger AfD-Spitzenkandidat: Freunde ziemlich weit rechts
Auf Facebook unterhält Dirk Nockemann recht einschlägige Freundschaften. Er selbt verteidigt die Vernetzung – und bedient eine oft gehörte These.
HAMBURG taz | Die Chancen stehen für Dirk Nockemann nicht schlecht. Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl könnte der AfD-Kandidat auf Listenplatz 3 in die Bürgerschaft ziehen. Der mögliche Erfolg löst aber auch Bedenken aus. Denn auf Facebook unterhält der frühere Hamburger Innensenator Freundschaften nach ganz weit rechts. „Sowas geht überhaupt nicht“, sagt Katja Karger. Überrascht ist die Hamburger DGB-Vorsitzende jedoch nicht. „Ich finde es aber entsetzlich, dass das salonfähig wird“.
Auf Facebook sind Freundschaften schnell geschlossen. Ein Klick, schon steht die Beziehung. „Freundschaften zu suchen und Freundschaftsanfragen zuzustimmen ist aber eine bewusste Entscheidung“, sagt Felix Krebs vom „Hamburger Bündnis gegen Rechts“. Erst recht bei einem Ex-Innensenator und Bürgerschaftskandidaten.
Nach Recherchen von NDR und taz unterhält Nockemann via Facebook eine Freundschaft mit Michael Stürzenberger, dem Bundesvorsitzenden der radikal islamfeindlichen Partei „Die Freiheit“. In Bayern stuft sie der Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich ein. Den Münchener Stürzenberger macht die Behörde auch als führenden Kopf des rechtslastigen Blogs „Politically Incorrect“ aus. In Hannover hetzte er im November 2014 bei den „Hooligans gegen Salafisten“ über die „Köpfeabschneider“.
Der Bundesvorsitzende der „Bürgerbewegung Pro Deutschland“ Manfred Rouhs will nach eigenen Angaben auch ein Facebook-Freund von Nockemann sein. „Eine Freundschaftsanfrage von Herrn Rouhs ist bei mir offen“ sagt indes Nockemann, der selbst und mit engen Vertrauten seine Facebook-Seite pflegt. Er bestreitet zudem, was Rouhs weiter behauptet: ihn zu kennen.
Am 14. Oktober 2010 stellte Rouhs bei einem „Interessententreffen“ an der Elbe seine Partei vor. Bei der nicht groß öffentlich beworbenen Veranstaltung war laut Aussagen von Rouhs auch Nockemann anwesend. Im Internet findet sich ein Bericht von der Veranstaltung. „Ich habe Herrn Rouhs nicht ein einziges Mal gesehen“, behauptet Nockemann indes. Bis 2011 saß Rouhs für „Pro Köln“ im Stadtrat. Verschiedene Gerichte bestätigten die Einschätzung des Innenministeriums Nordrhein-Westfalens, nach der die Wählervereinigung „verfassungsfeindliche Bestrebungen“ verfolge.
Rouhs betont aber, „keinen ständigen Kontakt“ zu ihm zu haben. Mit Nockemann will sich Stürzenberger „noch nicht direkt ausgetauscht“ haben. „Ich habe Herrn Stürzenberger nicht ein einziges Mal gesehen“ sagt auch Nockemann und schiebt nach: „Stürzenberger gehört keiner verbotenen Partei an“.
Der Brisanz von Kontakten als Politiker ist Nockemann eigentlich bewusst. Dem ARD-Politmagazin „Panorama“ sagte er: „Ich war vorher Innensenator, und ich muss auch aus eigener Überzeugung genau abwägen, mit wem ich rede“. Unter den Freunden finden sich aber auch weitere frühere Pro-Aktivisten und NPD-Mitglieder. All diese Vernetzungen hält Nockemann für nötig um „Informationen“ und „Stellungnahmen zu bekommen, was in der Republik passiert, denn die lieben Medien berichten nur über das, was verbreitet werden soll“, sagt er.
„Wenn ich ein ausschließlicher Privatmensch bin, ist das – finde ich – schon schwierig, aber das ist seine private Entscheidung“, sagt die Hamburger DGB-Vorsitzende Karger. „Wenn man ein Amt hat, politisch agiert, sollte man sich sehr genau ankucken, mit wem man sich anfreundet“ sagt sie weiter. Sie sieht einen, wie sie sagt, systematischen Zusammenhang: „Wenn man sich rechtsaußen von der CSU bewegt, dann liegt die Nähe zu nazistischem Gedankengut einfach per se nahe“.
Die AfD in der Hansestadt würde trotz anderer Bekenntnisse gegen diese Kontakte nicht intervenieren. Nockemann nimmt eine „böse kalkulierte Rolle ein“, sagt Karger. Er will anschlussfähig für „die Braunen“ sein und zugleich unangreifbar.
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