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Hamburg schützt Mie­te­r*in­nenVerdrängung etwas schwerer

Hamburg geht mit gutem Beispiel voran: Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen wird genehmigungspflichtig.

Zur Miete? Oder schon Eigentum? In Hamburg wird die Umwandlung erschwert Foto: Axel Heimken/dpa

Es geht doch! Diese Woche hat der Hamburger Senat eine Verordnung beschlossen, die künftig die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen erschwert. Konkret geht es um Mietshäuser mit sechs oder mehr Wohneinheiten. Sollen sie in Zukunft in Eigentum umgewandelt werden, brauchen sie überall in Hamburg eine Genehmigung – aber die wird nur unter bestimmten Bedingungen erteilt. Zum Beispiel, wenn mindestens zwei Drittel der Wohnung an die aktuellen Mie­te­r:in­nen verkauft werden oder wenn der Eigentümer die Wohnung zur eigenen Nutzung an Angehörige veräußern will.

Solche Schritte sind in Städten wie Hamburg wichtig, in denen die Immobilienpreise ungebremst stiegen. Wer für eine Immobilie mit Mietwohnungen astronomische Summen bezahlt, ist entweder versucht, die Miete zu erhöhen, oder er wandelt die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen um und verkauft diese weiter.

Die neuen Eigentümer haben, ziehen sie nicht selbst ein, ihrerseits das Interesse, ihre Investition zu refinanzieren, und setzen auf Mieterhöhungen. Durch diesen Prozess werden alteingesessene Mie­te­r:in­nen aus ihren Wohnungen verdrängt, und das Angebot an bezahlbaren Wohnungen wird weiter verringert.

Die neue Genehmigungspflicht für die Umwandlung in Eigentums­wohnungen ist ein Instrument, das der Bund mit dem im Mai beschlossenen Baulandmobilisierungsgesetz geschaffen hat. Es erlaubt den Ländern, Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt auszuweisen. Schon im Juli hatte der Hamburger Senat eine erste Verordnung zu diesem Bundesgesetz beschlossen. Mit der diese Woche erlassenen zweiten Verordnung ist Hamburg nun das erste Land, in dem die Instrumente des Gesetzes vollumfänglich anwendbar sind.

Umwandlungen nicht verboten

Trotzdem ist natürlich nicht alles perfekt. „Die für Mie­te­r:in­nen so bedrohlichen Umwandlungen werden nicht verboten, sondern nur genehmigungspflichtig“, erklärte Heike Sudmann, wohnungsbaupolitische Sprecherin der Linken-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Die Hürden für die Genehmigung seien so tief gelegt, dass „kein:e Mie­te­r:in jetzt beruhigter schlafen kann“. Ihre Kritik gilt dabei weniger dem Hamburger Senat als vielmehr dem zugrunde liegendem Baulandmobilisierungsgesetz und der Bundesregierung.

Auch Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg befürchtet, dass der Rechtsanspruch auf die Genehmigung als Schlupfloch ausgenutzt werden könnte. Trotzdem ist er mit dem Ergebnis zufrieden: „Aus Hamburger Sicht hat man umgesetzt, was durch das Bundesgesetz möglich war.“

Sylvia Sonnemann von „Mieter helfen Mietern“ spricht von einer guten Nachricht für alle Hamburger Mieter:innen, wenn auch mit leichter Einschränkung: „Man hätte es schneller und noch strikter machen können. Gerade hier in Hamburg müsste man in allen Aspekten an die Grenzen gehen.“

Vor allem der Umstand, dass die Genehmigungspflicht erst ab sechs ­Wohnungen gilt, wo sie nach dem Bundesgesetz schon auch ab drei Wohnungen hätte greifen können, ruft Kritik hervor. Linken-Politikerin Sudmann hat darum in der Bürgerschaft das Vorgehen des Senats als „halbherzig“ bezeichnet.

Trotzdem ist Hamburg nun also ein Vorreiter. „Wir freuen uns, dass wir die Ersten sind“, sagt Sonnemann. Andererseits gebe es das Gesetz schon seit Sommer. „Da frage ich mich auch schon, ob die anderen Bundesländer schlafen.“ Tjade Brinkmann

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6 Kommentare

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  • @WINSTON SMITH:

    Ich lese gerne intelligentes Geschreibsel :)

    Nun ja, das Ergebnis dieser Komplexität ist leider, dass wir (schon seit einer Weile) mehr Einkommen aus Besitz als Einkommen aus Arbeit sehen (was sich -- auch -- in einem immer höheren Anteil der Miete bei den Ausgaben "normal" arbeitender Menschen spiegelt).

    Gleichzeitig pflegen wir aber den Leistungskult in so einem Masse, dass wir meinen, auf die "Transferleistungsempfänger*innen" (aka "Hartz IV"-ler) herabzuschauen, vielleicht noch durch das laute Meutengekläff der Regenbogenpresse aufgemuntert.

    Dabei sind die wahren Transferleistunsempfänger (u.a.) unsere Vermieter!

    Klar, die kleinen haben's nicht leicht, wie Sie sagen. Die Vermögenskonzeitration findet ja auch "ganz oben" statt: in den oberen fünf bis zum oberen halben Perzentil.

    Piketty sei als Lektüre empfohlen!

  • @Tomas Zerolo: Vielen Dank, dass Sie mein Geschreibsel gelesen haben, ist ja leider auch alles andere als selbstverständlich in dieser Diskussion. Also: Nach den öffentlich verfügbaren Zahlen ist die Mietpreisentwicklung bundesweit sehr unterschiedlich, pointiert: Leerstand in Brandenburg, Mietexplosion in Berlin. Aber das geht auch an meinem Punkt vorbei - Der preistreibende Mietwohnungsmangel ist ein Problem der gesamten Gesellschaft, nicht der privaten Vermieter, die hohe Mieteinnahmen zu Recht hoch versteuern müssen und zu Recht auch nicht nach Staatshilfe rufen können, wenn ihre Finanzierung nicht aufgeht und die Bank die Immobilie versteigert. Ist schon ein bisschen her, gab es aber oft. Die Dinge sind komplexer, als es die ideologisierte Diskussion darstellt. Meine Hoffnung ist, dass die taz als linke, aber doch unabhängige Zeitung diese Komplexität besser darstellen kann als es derzeit geschieht.

  • @WINSTON SMITH: schauen Sie sich an, wie sich die Mieten in den letzten zwanzig Jahren im Vergleich zu den anderen Kosten entwickelt haben.

    Ziehen Sie dann Schlüsse.

  • Mieterschutz ist eine wichtige Aufgabe des Staates, also der Allgemeinheit. Leider geht die öffentliche Diskussion - auch bei der taz - seit langem dahin, dass es vor allem eine (Zwangs-)Aufgabe der Vermieter ist: Die sollen gefälligst den Mietraum vorhalten, nicht umwandeln, alles instandhalten und natürlich auch modernisieren, wenn das z.B. wg. Klimaschutz notwendig ist. Natürlich dürfen die Mieten trotzdem steigen. Dabei schwingt immer mit, dass die Vermieter üble Spekulanten („Miethai“), jedenfalls aber reich sind: Es trifft also die Richtigen. Das ist purer Populismus: Die Not einer Mehrheit wird politisch nutzbar gemacht, indem auf eine kleine Gruppe vermeintlich Schuldiger gezielt wird, die als gemeinsamer Feind die bedürftige Mehrheit vereinen, nämlich hinter der Partei, die diesen Feind am scheinbar besten bekämpft. Kommt bekannt vor? Genau - sehr erfolgreiches und daher häufig kopiertes politisches Mobilisierungsmittel, das aber mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar ist. Es wäre schön, wenn die taz auch diesen Aspekt berücksichtigt. Für Vermögensumverteilung ist das Steuerrecht, und nicht das Mietrecht da.

  • @WOMBAT: Nicht ohne Genehmigung.

    Sie dürfen in der BRD auch Cannabis oder Alkoholika nicht ohne Genehmigung verkaufen.

    So isses in der Zivilisation.

    Sie müssen schon den kleinen Anarcho-Kapitalisten in Ihnen drin ein wenig zähmen.

  • Äh jetzt mal blöd gefragt - wenn ich als Vermieter eine Wohnung besitze und vermiete - dann darf ich die nicht mehr weiter verkaufen bei über 6 Wohneinheiten, es sei denn an Angehörige????

    WTF???