Halloween in Berlin: Man darf reinkommen! Es gibt Süßes!

Halloween ist ein Volksfest geworden, bei dem heutzutage fast jeder mitmuss. Tatsächlich ermöglicht diese Party Begegnungen über alle kulturellen Grenzen hinweg.

„Süßes, sonst gibt's Saures“: ein grenzüberschreitendes Fest, dieses Halloween

Es ist unser erstes Halloween außerhalb des S-Bahn-Rings. Zuvor sind wir immer in Prenzlauer Berg um die Häuser gezogen, von Laden zu Laden. Und hatten Mühe, die Kinder in den Massen aufgekratzter Hexen, Zauberer und Zombies nicht aus den Augen zu verlieren. Jetzt wohnen wir in einem gerade noch als urban zu bezeichnenden Teil von Pankow, sind aber in der Einfamilienhaussiedlung verabredet, in der die Freundinnen der Kinder wohnen.

Voller Vorbehalte ziehen wir los, sind aber bald ganz von den Socken. Anders als in der früheren Heimat, wo man wegen der vielen Treppen in den Mietskasernen in genau dieselben Blumen-, Pizza- und Schuhläden ging, die man ohnehin gut kannte, wird man hier an jedem zweiten Haus hereingebeten! Und: Es gibt viel mehr Süßes, weil viel weniger Kinder unterwegs sind! Unsere Tour wird eröffnet in einem Altenheim. Es ist anders als erwartet. Viele Omas und Opas der heutigen Halloween-Fans finden dieses Fest ja total amerikanisch, künstlich, konsumgeil … Hier aber: großes Hallo. Eine Altenpflegerin trägt einen Hut mit Schleier und Spinnen-Applikation. Besonders mein kleiner Vampir und mein kleiner Pirat, die hier so selbstverständlich hereingestapft sind wie die anderen Kinder unserer Gruppe, kommen super an – aber auch das Gespenst und der Kumpel mit der Yoda-Maske. Kennen die Damen und Herren hier „Krieg der Sterne“?

Weiter geht’s, tief hinein ins Pankower Villenviertel, wo die Straßen heimelig schlecht ausgeleuchtet sind und das nasse Laub fast bis zu den Knien der Kinder reicht. Fast überall darf man kurz in den Flur treten und einen Blick ins Wohnzimmer werfen – die DDR-Elite, die hier einst residierte (Hanns Eisler! Christa Wolf!) scheint inzwischen endgültig ausgestorben zu sein. Stattdessen gibt es viel Bioschokolade – „böh“, macht mein Vampir.

Direkt am Bürgerpark beginnt eine Neubausiedlung der anderen Art: mit Häusern wie Schuhkartons und Gärten in der Größe von Handtüchern. Überall Kürbisse, Spinnennetze, Fledermäuse – das erinnert an den Film „Edward mit den Scherenhänden“.

Beil im Kopf

Ein Vater im Kartoffelsack fragt die Kinder, ob sie nicht wenigstens ein Gedicht aufsagen können, und hört sich geduldig irgendwas mit Haselnüssen an. Ein Mädchen mit schwarzer Perücke ruft aus dem Fenster verzweifelt um Hilfe. Komisch, ausgerechnet hier gibt es nun endlich mehr Kinder, wir sehen unter anderem: drei halbwüchsige Gruselclowns mit verrutschten Nasen, einen zirka vierjährigen Tod in Begleitung einer Mutter mit Kopftuch und einen Jungen mit Vater, die je ein Beil im Kopf haben und Russisch miteinander plaudern. Selbst hier in Pankow gibt es also noch diese typischen, tollen Halloween-Begegnungen über alle kulturellen Grenzen hinweg.

Am Ende können der Vampir und der Pirat ihre Beute kaum mehr schleppen, sie zappeln nur noch vor Kälte, Thrill, Überzuckerung. Ich schnalle sie aufs Rad und lasse ihnen zu Hause ein heißes Bad ein.

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