Hallen-Notunterkünfte in Bremen: Wettkampf statt Wohnraum

Zwei von ursprünglich 22 Bremer Turnhallen sind noch Notunterkünfte, was immer sehr umstritten war. Doch auch dort wird bald wieder geschwitzt statt geschlafen.

Zumutbar? Provisorisches Quartier in der Halle des Polizeipräsidiums in der Vahr. Foto: Innere Mission

BREMEN taz | Nur zwei von ursprünglich 22 Bremer Sporthallen werden noch als Flüchtlingsunterkünfte genutzt. Weiterhin belegt sind die Halle des Sportamts auf dem Stadtwerder und die Halle des Schulzentrums Alwin-Lonke-Straße. Aber auch diese beiden werden nach Auskunft des Senats „in Kürze“ nicht mehr für Geflüchtete benötigt.

Nur zehn Monate nachdem ein Teil der Bremer Sporthallen als Notunterkünfte akquiriert wurde, was in Teilen der Bevölkerung als besondere Härte gegenüber dem Schul- und Breitensport angesehen wurde, stehen die Anlagen also wieder für ihre eigentlichen Funktionen zur Verfügung. Lediglich in Blockdiek und am Hohweg, wo die Geflüchteten erst im April beziehungsweise Mai ausziehen konnten, müssen noch Instandsetzungsarbeiten durchgeführt werden, wie der Senat jetzt als Reaktion auf eine Anfrage der SPD-Fraktion erklärte.

Nur zehn Monate? Aus Sicht der betroffenen Sportvereine war das trotzdem eine schwierige Situation – sogar „nahezu existenziell“, sagt Linus Edwards, der Sprecher Landessportbundes Bremen. Man wolle aber keinesfalls den Geflüchteten die Schuld geben, betont Edwards. Klar sei: „Der Sport war extrem solidarisch.“ Trotzdem sei es sehr belastend gewesen, dass im vergangenen Winterhalbjahr nicht nur normales Training, sondern auch viele Punktspiele ausfallen mussten.

Mit 22 Gebäuden war zwar kaum ein Achtel der insgesamt 160 Bremer Hallen belegt, die das öffentliche Sportmanagement verwaltet (hinzu kommen noch etwa acht Hallen in Vereinsbesitz). Aber: Nur 30 dieser Hallen sind Mehrfachhallen, haben also mindestens drei Felder und sind damit Wettkampf-geeignet. Nur acht dieser Großhallen blieben für den Sport frei.

Die CDU ist der Auffassung, „dass Planung und Kommunikation seitens der Sozialbehörde“ im Vorfeld der Belegungen „katastrophal“ gewesen seien. „Vereine wurden buchstäblich vor vollendete Tatsachen gestellt“, sagt der sportpolitische Sprecher der CDU, Marco Lübke, der taz: „Die Vereine hatten kaum eine Möglichkeit umzuplanen und zu reagieren.“ Schulen und Sportvereine hätten „mehr Planungssicherheit, Offenheit und Transparenz“ gebraucht. Das Sozialres­sort hatte die schnellen Belegungsentscheidungen immer mit dem extremen Zeitdruck begründet, unter dem die Behörde bei der Beschaffung von Notunterkünften stand.

Die jetzige Rückabwicklung der Belegung läuft nach Angaben des Landessportbundes hingegen reibungslos. Die Behörden hielten sich exakt an die vereinbarten Zeitpläne, lobt Edwards, auch die Instandsetzungsarbeiten würden wie geplant vorgenommen. Meist handele es sich lediglich um Malerarbeiten, die durch die intensive Wohnbelegung der Hallen notwendig geworden seien.

In besonderen Situationen unterstützte die Stadt betroffene Vereine mit Sonderzuwendungen: Etwa den TV Eiche Horn, der sein internationales Frisbee-Turnier im Januar 2016 nach Oldenburg verlegen musste, oder die TänzerInnen von Grün-Gold Bremen: Der Weltmeister-Club musste sich Ende 2015 dringend auf die Meisterschaften im Formationstanz in Wien vorbereiten und durfte dafür ersatzweise die Stadthalle an der Bürgerweide nutzen. Doch diese Sonderaufwendungen summieren sich auf insgesamt kaum 20.000 Euro.

Marc Millies, Bremer Flüchtlingsrat

„Die Hallen-Unterbringung wäre in jedem Fall zu vermeiden gewesen“

Großes Lob hat die Opposition für die Vereine. „Die Sportlerinnen und Sportler zeigten großes Verständnis und Hilfsbereitschaft“, lobt Lübke. Die Nutzung von Turnhallen als Notunterkünfte war auch aus seiner Sicht alternativlos.

Das freilich sieht Marc Millies vom Bremer Flüchtlingsrat komplett anders: „Die Hallenunterbringung wäre in jedem Fall zu vermeiden gewesen“, betont er gegenüber der taz, denn die steigenden Zahlen der Geflüchteten seien „seit Jahren absehbar“ gewesen. Insbesondere für unbegleitete Minderjährige sei die Hallen-Unterbringung sehr gefährdend.

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