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Hackerangriff auf „Washington Post“Redakteure gezielter Themenbereiche anvisiert

Die US-Zeitung „Washington Post“ wurde Ziel eines Cyberangriffs. Aus abgefangenen Mails geht ein Spionageverdacht hervor.

Das Hauptquartier der Washington Post in Washington Foto: Andrej Sokolow/dpa

Eines der bekanntesten US-Medienhäuser wurde Ziel eines Hackerangriffs. Wie das Wall Street Journal am Sonntag berichtet, sollen Cyberkriminelle versucht haben, Zugriff auf die E-Mail-Konten von mehreren Journalisten der Washington Post zu erhalten. Der Angriff soll sich laut einer internen Mitteilung von Post-Chefredakteur Matt Murray bereits am Donnerstag ereignet haben. Das Unternehmen habe daraufhin eine Untersuchung eingeleitet.

Die Angreifer sollen es speziell auf die Microsoft-Konten von Journalisten abgesehen haben. Die Washington Post setzt auf Softwareprodukte von Microsoft, wie den E-Mail-Dienst Outlook. Ein erfolgreicher Angriff auf diese Konten könnte daher weitreichende Folgen haben. „Obwohl unsere Untersuchung noch andauert, gehen wir davon aus, dass der Vorfall nur eine begrenzte Anzahl von Konten von Post-Journalisten betroffen hat. Wir haben die betroffenen Konten bereits kontaktiert“, sagte Murray in einer internen Mitteilung.

Die betroffenen Journalisten wurden nach dem Angriff aufgefordert, ihre Zugangsdaten zu ändern. Wer hinter dem Cyberangriff steckt, ist bislang noch nicht geklärt. Das Wall Street Journal berichtete, dass vor allem Redakteure aus den Themenbereichen nationale Sicherheit, Wirtschaftspolitik und China betroffen waren. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass möglicherweise eine ausländische Regierung hinter der Cyberattacke steckt.

Journalisten haben oft gute Kontakte in Regierungskreise oder bestimmte Industriezweige. Sie tauschen oft vertrauliche Informationen über hochsensible Themen aus. Diese Dinge machen Journalisten zu beliebten Angriffszielen.

Murrays zweiter Cyberangriff

Für Murray, der vor seinem Wechsel zur Post im vergangenen Jahr Chefredakteur beim Wall Street Journal war, ist es bereits der zweite Cyberangriff unter seiner Federführung. Im Jahr 2022 machte News Corp, Herausgeber des Journals, öffentlich, dass es ebenfalls Opfer eines Cyberangriffs wurde. Dieser Angriff erstreckte sich über mehrere Jahre.

Damals gelang es den Hackern, Zugang zu E-Mails und Dokumenten von WSJ-Journalisten zu erlangen. Dazu zählten auch Entwürfe von noch nicht publizierten Artikeln. Die damaligen Cyberkriminellen hatten es auf Informationen abgesehen, die vor allem aus chinesischer Sicht von Interesse sein könnten. Darunter Texte über Taiwan oder die unterdrückte Minderheit der Uiguren. Ein Sicherheitsanalyst für NewsCorp ging zum damaligen Zeitpunkt davon aus, dass der Angriff aller Wahrscheinlichkeit dazu diente, geheimdienstliche Informationen für die chinesische Regierung zu sammeln. Die Täter wurden allerdings nie gefasst.

Die Washington Post, die 2013 von Amazon-Gründer Jeff Bezos für 250 Millionen Dollar gekauft wurde, hat in den vergangenen Monaten und Jahren große Verluste hinnehmen müssen, sowohl bei den Online-Userzahlen als auch im traditionellen Zeitungsgeschäft. Vor allem Bezos’ Entscheidung, während der vergangenen Präsidentschaftswahl keinen Kandidaten zu unterstützen, sorgte unter Lesern für Empörung.

Laut Medienberichten soll der Umsatz der Zeitung von 190 Millionen Dollar im Jahr 2023 auf 174 Millionen Dollar im vergangenen Jahr geschrumpft sein. Für eine US-Zeitung im Wahljahr ist das eine dramatische Entwicklung.

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