Gutachten zur Vorratsdatenspeicherung: Die katalogisierte Bevölkerung
Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs fordert eine strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit. Diese sollen nationale Gerichte vornehmen.
Das EuGH-Verfahren betrifft Gesetze aus Schweden und Großbritannien. Es wird aber europaweit genau beobachtet, weil die EuGH-Richter 2014 die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für unverhältnismäßig und damit für ungültig erklärten. Seitdem hat die EU keine neue Richtlinie eingeführt. In den meisten EU-Staaten werden aber die Telefon- und Internet-Verkehrsdaten immer noch anlasslos auf Vorrat gespeichert. In Deutschland wurde Ende 2015 die Wiedereinführung beschlossen.
Der EuGH muss nun aufgrund von Richtervorlagen prüfen, ob die schwedischen und britischen Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung mit EU-Recht vereinbar sind. Maßstab ist EU-Richtlinie zum Datenschutz in der elektronischen Kommunikation von 2002.
Der Generalanwalt legte jetzt sein Gutachten vor, das das EuGH-Urteil vorbereitet. Er erklärte, dass es im EU-Recht kein generelles Verbot von Vorratsdatenspeicherungen gebe. Allerdings müssten die meisten der 2014 aufgestellten EuGH-Vorgaben auch bei nationalen Gesetzen beachtet werden. So dürften die Daten nur zur Aufklärung schwerer Kriminalität genutzt werden. Vorab müsse ein Gericht den Abruf genehmigen. Dabei müsse auch nach Art der Daten differenziert werden.
Die schwedischen und britischen Gesetze müssen wohl nachgebessert werden. Für das deutsche Gesetz sind die Vorgaben aber wohl machbar. Der Abruf der Daten ist in Deutschland auf schwere Kriminalität beschränkt, es gibt einen Richtervorbehalt. Und die Standortdaten von Handys werden kürzer (vier Wochen) als die Telefon- und Internet-Verkehrsdaten (zehn Wochen) gespeichert. Email-Daten werden gar nicht mehr erfasst.
Relevanter für Deutschland ist die Forderung von Saugmansgaard Oe nach einer strengen Prüfung der Verhältnismäßigkeit. Schließlich werde hier die gesamte Bevölkerung „katalogisiert“. Er selbst will diese politisch heikle Prüfung allerdings nicht vornehmen, sondern sie den nationalen Gerichten überlassen.
Der EuGH wird erst im Herbst entscheiden. In hochpolitischen Verfahren wie diesem sind die Anträge des Generalanwalts nur ein vager Anhaltspunkt für das spätere EuGH-Urteil.
Az.: C-203/15 u.a.
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