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Gutachten vom Sozialverband zu EinsamkeitJung und trotzdem einsam

Einsamkeit habe im Durchschnitt nicht zugenommen, so ein Sozialverbands-Gutachten. Auch Jüngere seien jedoch betroffen, gerade zu Coronazeiten.

In der Coronapandemie haben sich Einsamkeitsgefühle verstärkt Foto: Bob Venables/imago

Berlin taz | Ein Supermarkt um die Ecke, ein Park, in dem man auch mal die Nachbarin trifft, eine Kneipe. Es sind solche „sozialen Orte“, die den Menschen ein Gefühl von Zugehörigkeit, von Verbundenheit vermitteln. Der Wegfall der sozialen Orte „erhöht das Einsamkeitsrisiko“, sagt die Soziologin Claudia Neu. Sie stellte am Donnerstag ein Gutachten des Sozialverbandes Deutschland (SoVD) zum Thema „Einsamkeit“ vor.

In der Metastudie, in die viele Befragungen und Datensammlungen eingingen, zeigte sich, dass viele Klischees über die Einsamkeit so nicht stimmen. Einsamkeit treffe „keineswegs nur die Älteren, sondern Jugendliche, junge Erwachsene ebenso wie mittlere Jahrgänge und die Hochbetagten“, heißt es in dem Papier.

Es gebe auch keine Hinweise, dass sich die Zahl der Einsamen in den vergangenen Jahren deutlich erhöht habe, so die ForscherInnen. In Deutschland geben je nach Studie zwischen 4 und 12 Prozent der Bevölkerung an, sich meist oder oft einsam zu fühlen. Das wären rund 4 bis 9 Millionen Menschen.

Einsamkeit ist das „subjektive Gefühl der Unverbundenheit“, heißt es in der Studie. Sehr oft lösen dabei Ereignisse wie Umzug, Trennung, Arbeitslosigkeit, Todesfälle tiefe Gefühle der Einsamkeit aus. Armut, chronische Krankheit, Behinderung erhöhen das Risiko für Einsamkeit, führen aber nicht zwangsläufig dazu.

Ältere steckten Krise besser weg

Relativ hohe „Einsamkeitsquoten“ finden sich in der späten Adoleszenz, später dann in der Lebensphase zwischen 45 und 60 Jahren und bei den Hochaltrigen jenseits des 80. Lebensjahrs.

Auch der Wohnort spielt eine Rolle. Besonders einsam fühlten sich Menschen in „abgelegenen Regionen“, heißt es in dem Papier. Das sind nicht notwendigerweise ländliche Regionen, sondern Gebiete, die stark von Abwanderung und Strukturwandel betroffen sind. Wer länger als 20 Minuten Wegezeit vom nächsten Park oder der nächsten Freizeiteinrichtung wohne, fühle sich eher einsam und abgeschnitten.

In der Coronapandemie haben sich Einsamkeitsgefühle verstärkt. Jeder fünfte Deutsche fühle sich „nicht mehr zugehörig“, sagte Ursula Engelen-Kefer, Vizepräsidentin des Sozialverbandes. Das Gutachten kam zu dem Schluss, dass zumindest die erste Phase der Coronakrise im Frühjahr 2020 von älteren Menschen als deutlich weniger belastend empfunden wurde als von jüngeren.

Von den nach 1994 Geborenen klagten 62 Prozent über Einsamkeitsgefühle wegen Corona, von den vor 1946 Geborenen waren es nur 36 Prozent. Wegen des Shutdowns waren Schulen und Universitäten sowie viele Treffs gerade für Jugendliche geschlossen und Partys verboten.

Im Rahmen der gleichfalls am Donnerstag vorgelegten Studie „JuCo 2“ der Universitäten Hildesheim und Frankfurt erklärten knapp 46 Prozent der befragten 15- bis 30-Jährigen, Angst vor der Zukunft zu haben, sich einsam zu fühlen, finanzielle Sorgen und andere Nöte zu haben.

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