Grundsatzrede zur China-Politik der USA: China bleibt größte Herausforderung

US-Außenminister Blinken sieht in China trotz des russischen Krieges in der Ukraine die langfristig größte Hausforderung der internationalen Ordnung.

US-Außenminister Blinken vor einer blauen Leuchtwand mit blauen Logos der Asia Society sowie der George Washinton University

US-Außenminister Blinken vor seiner China-Rede an der Uni in Washington Foto: Carolyn Kaster/ap

BERLIN taz | Die Volksrepublik China ist laut US-Außenminister Antony Blinken das einzige Land, „das sowohl die Absicht hat, die internationale Ordnung umzugestalten, als auch zunehmend die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und technologische Macht, um dies zu tun.“ Deshalb würde sich die US-Regierung trotz Putins Krieg in der Ukraine auf die von China ausgehende langfristige Herausforderung für die internationale Ordnung konzentrieren. Dafür spreche auch Chinas diplomatische Unterstützung für den russischen Angriffskrieg, sagte Biden in einer bereits länger erwarteten Grundsatzrede.

Er hatte die China-Politik der Biden-Regierung ursprünglich schon vor der Asien-Reise des US-Präsidenten skizzieren wollen, die am Dienstag dieser Woche endete. Doch sorgte eine Covid-Erkrankung des Außenministers für eine Verschiebung.

Laut Washingtons Chefdiplomaten habe in den letzten Jahrzehnten kein Land so sehr von der regelbasierten internationalen Weltordnung profitiert wie China. „Aber statt seine Macht dafür zu nutzen, diese Regeln, Abkommen, Prinzipien und Institutionen zu stärken, die zu seinem eigenen Erfolg beigetragen haben, sodass auch andere Staaten davon profitieren können, untergräbt Peking diese.“

Weil die USA sich nicht drauf verlassen könnten, dass Peking seinen Kurs ändere, wollten sie ihrerseits dessen „strategische Umgebung formen, um die eigene Vision eines offenen und inklusiven internationalen Systems voranzutreiben.“

„Militärischen Vorsprung der USA absichern“

Blinken sprach sogar explizit davon, dass es darum gehe, den militärischen Vorsprung der USA abzusichern und den Wettbewerb mit China in Schlüsselbereichen zu gewinnen. Zweifellos wollen die USA ihre durch Chinas Aufstieg herausgeforderte globale Hegemonie behalten, auch wenn Blinken relativiert: Die USA wollten mit China kooperieren, wo möglich (etwa bei Klima und Energie), und streiten, wo dies nötig sei.

Washington wolle aber weder die Herrschaft der Kommunistischen Partei in China stürzen noch dessen politisches System untergraben und strebe auch keinen neuen Kalten Krieg oder eine Isolation Chinas an, so Blinken.

Laut dem US-Außenminister sei China unter der Herrschaft von Präsident Xi Jinping innenpolitisch repressiver und außenpolitisch aggressiver geworden. In seiner Rede an der George Washington Universität in der US-Hauptstadt bezeichnete Blinken die Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in Chinas nordwestlicher Provinz erneut als Genozid, kritisierte aber auch Pekings Politik in Tibet und Hongkong.

Engere Beziehungen zu Verbündeten suchen

Die China-Politik der US-Regierung basiert laut Blinken auf drei Prinzipien: „Investieren, Verbünden und Konkurrieren“. Mit den Investitionen sind von den USA in den letzten Jahrzehnten vernachlässigte Hausaufgaben gemeint, also Investitionen in die eigene Infrastruktur, Wettbewerbsfähigeit, Forschung, Innovation wie auch Demokratie in den USA selbst.

Dieser Punkt ist das größte Eingeständnis, dass die wachsende Herausforderung durch China in den letzten Jahren auch auf viele eigene Fehler der USA zurückgeht. Zugleich dürften hier viele Maßnahmen von den Republikanern blockiert werden.

In der Frage von Verbündeten verwies Blinken auf multilaterale Formate, die bei Präsident Bidens gerade beendeter Asienreise Thema waren wie das informelle Quad-Bündnis mit Japan, Indien und Australien. Auch das vom Präsidenten proklamierte Indo-Pazifische Rahmenabkommen für Wohlstand (IPEF) zählt dazu. Damit soll Chinas Herausforderung in der Region nach Jahren des dortigen US-Rückzugs wirtschaftlich gekontert werden. Beobachter bezweifeln allerdings, ob dies ausreicht.

Im Umgang mit Taiwan gebe es keine Kursänderung, so Blinken. Damit zitierte er Präsident Joe Biden, nachdem dieser mit wiederholten Äußerungen zur Bereitschaft der USA, die international isolierte Inselrepublik auch militärisch zu verteidigen, für Verwirrung gesorgt hatte.

Beim Thema Investitionen wie dem Bemühen um Bündnispartner werden auch die größten Unterschiede zur Vorgängerregierung von Donald Trump deutlich. Denn die hatte sich nicht für multilaterale Formate interessiert und durch ihren Rückzug Chinas Einflussmöglichkeiten nur weiter vergrößert.

Zum Punkt Konkurrieren betonte Blinken, dass künftig im Verhältnis zu China stärker auf Gleichbehandlung geachtet und wirtschaftliche Abhängigkeiten vermieden werden sollten. Zugleich sprach er sich deutlich gegen anti-chinesischen und anti-asiatischen Rassismus in den USA aus. Chinesische Studierende seien in den USA willkommen und eine Bereicherung des Landes, so Blinken.

Retourkutsche aus China

China kritisierte Blinkens Rede wie erwartet. Die USA verbreiteten falsche Informationen und übertrieben die Bedrohung durch China, hieß es aus Peking. Außenamtssprecher Wang Wenbin warf den USA am Freitag ferner vor, sich in Chinas innere Angelegenheiten einzumischen und dessen Innen- und Außenpolitik zu diskreditieren.

„Der Zweck ist, Chinas Entwicklung einzudämmen und zu unterdrücken und die Vorherrschaft und Macht der USA zu wahren“, sagte Wang in Peking der Presse. Die „regelbasierte internationale Ordnung“ sei nichts anderes als ein Regelwerk, das die USA und eine Handvoll anderer Länder formuliert hätten. Peking dürfte sich durch die Rede in seinem Argwohn gegenüber den USA bestätigt fühlen.

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