Grundsatzentscheidung aus Karlsruhe: Teure Ausbildung bleibt Privatsache

Kosten für Studium oder Ausbildung können nicht später von der Steuer abgezogen werden. Das Verfassungsgericht widerspricht dem Bundesfinanzhof.

Zwei Piloten im Cockpit einer Boeing 737.

Teurer als jedes Ticket: Piloten können die Kosten für ihre Ausbildung nicht später absetzen Foto: Ted S. Warren/imago

KARLSRUHE taz | Die Kosten für ein Studium und eine Ausbildung bleiben im Wesentlichen Privatsache. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte in einem am Freitag veröffentlichten Senatsbeschluss die geltende Gesetzeslage. Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, weil der Bundesfinanzhof, das höchste deutsche Finanzgericht, in einem Vorlagebeschluss von 2014 die aktuellen Regeln für verfassungswidrig gehalten hatte.

Traditionell gelten die Kosten eines ersten Studiums nach dem Schulabschluss als Privatausgaben, und zwar auch dann, wenn – etwa bei einem Studium an einer Privat-Uni oder im Ausland – hohe Studiengebühren zu zahlen sind. Als Privatsache gelten auch die Kosten einer Berufsausbildung. Relevant ist dies vor allem bei kostenpflichtigen Ausbildungen zum Beispiel als Pilot, Erzieher oder Dolmetscher.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat allerdings schon mehrfach Versuche unternommen, das zu kippen. Er hält es für systematisch richtig, dass die Ausbildungskosten als „Werbungskosten“ von der Steuer abgesetzt werden können – jedenfalls wenn sie auf einen konkreten Beruf abzielen. Die Kosten (auch für Bücher und Fahrkarten zur Ausbildungsstätte) könnten dann als Verlustvortrag festgehalten werden, um sie bis zu sieben Jahre später steuermindernd mit dem ersten Gehalt zu verrechnen.

Ein erstes entsprechendes Urteil des BFH von 2003 hat der rot-grüne Gesetzgeber allerdings 2004 ausgehebelt. 2011 versuchte es der BFH erneut, die Entscheidung des Gesetzgebers sei nicht deutlich genug gewesen. Damals regierten CDU/CSU und FDP, die das BFH-Urteil zunächst freundlich kommentierten. Dann aber setzte sich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) durch und der Bundestag entschied Ende 2011 erneut: Erstausbildungskosten sind Privatsache.

Schäuble hatte vor 1,5 Milliarden Euro Steuerausfällen pro Jahr gewarnt. Sozialpolitiker hatten zudem argumentiert, dass Verlustvorträge vor allem den Kindern reicher Eltern nutzen. Wer im Studium jobben muss, hat eigene Einnahmen und kann keine Verluste für später ansammeln. Es wurde nur die Möglichkeit des Abzugs als Sonderausgaben von 4.000 Euro auf 6.000 Euro jährlich erhöht. Das bringt Studenten aber in der Regel nichts, weil Sonderausgaben nur im laufenden Jahr geltend gemacht werden können.

Ausbildungskosten bis zu 50.000 Euro

Der Bundesfinanzhof gab aber immer noch nicht auf. Im Jahr 2014 beschloss er eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Es sei verfassungswidrig, wenn die Ausbildungskosten nicht als Werbungskosten von der (späteren) Steuer abgezogen werden können. Konkret ging es um drei Piloten, die Ausbildungskosten bis zu 50.000 Euro hatten. Hinzu kamen drei Studenten der Betriebswirtschaft.

Doch das Bundesverfassungsgericht wies die Richtervorlage nun zurück. Die Ausbildungsosten zwischen Schule und Beruf könnten als privat oder als beruflich eingestuft werden. Der Gesetzgeber könne hier wählen. Wenn er sich für eine Einstufung als Privatsache entscheide, sei das nicht willkürlich, so die Verfassungsrichter. Schließlich sei ein Studium auch für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig. Viele Studienabschlüsse seien auch nicht auf einen bestimmten Beruf festgelegt, sondern öffneten eine Vielzahl von beruflichen Möglichkeiten, etwa bei Betriebswirten oder Juristen. Dies gelte zwar nicht für die Pilotenausbildung, doch deren Absolventen seien so wenige, dass sie vernachlässigt werden durften.

Damit ist der langjährige Rechtsstreit bis auf Weiteres wohl geklärt.

(Az.: 2 BvL 22/14)

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