Grüner Parteitag: „Olympia in Berlin? Ja, aber …“
Beim Parteitag in Tegel scheitern die kategorischen Olympia-Gegner knapp. Stattdessen will man nun auf eine einschneidende Reform des IOC warten.
„NOlympia“ muss vorerst ohne Bündnis 90/Die Grünen auskommen. Deren Landesparteitag hat es am Samstag abgelehnt, zur Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 oder 2028 schon jetzt „Nein“ zu sagen und Protestbündnissen beizutreten. Vorerst – denn nach der Vollversammlung des Internationalen Olympischen Kommitees (IOC) im Dezember, bei dem das Gremium angeblich Reformen anstrebt, wollen die Grünen neu beraten. Einigkeit herrschte beim Parteitag darüber, dass Spiele in Berlin nur mit einem transparenten IOC, mit klarem Kostenplan und umfassender Bürgerbeteiligung möglich sein sollen.
Ein klares Nein zu einer Bewerbung und die Unterstützung von Gegenbündnissen hatte der Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg gefordert. Diese Position fand auch durchaus Anklang: Nur knapp scheiterte der Antrag unter den rund 150 Delegierten. In semisportlicher Atmosphäre – die Partei tagte in den „Seeterrassen“ am Tegeler See, auf dem trotz Dauerregens das eine oder andere Ruderboot zu sehen war – befand sich die andere Seite um den Landesvorstand und die Fraktionsspitze in einer schwierigeren Position. Schließlich stehen auch sie einer Olympia-Bewerbung äußerst skeptisch gegenüber: zu unübersehbar die Kosten, zu mächtig das IOC in seine jetzigen Form. Daraus ein „Ja, aber“ zu formulieren, war naturgemäß schwieriger als ein radikales Nein abzuleiten.
Reformen beim IOC in Sachen Transparenz und Knebelung der Ausrichter-Städte hielten die Spiele-Gegner für illusorisch, zumal in so kurzer Zeit. „Dieser Dinosaurier wird sich nicht reformieren lassen – seid doch mal realpolitisch“, rief das Kreuzberger Kreisvorstandsmitglied Werner Graf vom traditionell linken Parteiflügel den Delegierten zu. Abgeordnetenhausmitglied Dirk Behrendt sah in einem Nein auch eine strategische Waffe: Die Olympiabewerbung sei doch nur ein Projekt eines zerstrittenen rot-schwarzen Senats, der nach neuer Legitimation suche. Anstatt das zu unterstützen, sollten die Grünen eher ihre Chance nutzen, „den letzten Kitt wegzusprengen, der diese Koalition noch zusammen hält“, sagte Behrendt.
Die andere Seite setzte auf das Motto des Parteitags: „Zuhören, beteiligen, demokratisch mitentscheiden“. Man rede gerade über Beteiligung, sagte der Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu, „und Beteiligung ist nicht, wenn man einfach nur Nein sagt.“ Das gelte bei aller Skepsis gegenüber der Bewerbung. Landesparteichefin Bettina Jarasch argumentierte ähnlich:“ Ich sehe gar nicht ein, dass wir uns vorzeitig aus dem Spiel nehmen.“ Damit nehme man sich ja gerade die Möglichkeit, mitzugestalten, meinte sie.
Mitreden und mitentscheiden zu lassen, das ist nach Ansicht führender Grüner noch längst nicht in allen Köpfen angekommen. „ Manche tun immer noch so, als sei Beteiligung eine Art politischer Gnadenakt“, sagte Jaraschs Co-Parteichef Daniel Wesener. Für Fraktionschefin Antje Kapek ist die vom Senat angestrebte Möglichkeit, selbst Volksentscheide ansetzen zu können, „nicht ein Mehr an Beteiligung, sondern nur eine Fortsetzung der Politik von oben.“
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