Grünen-Forderung: Mehr Rechte für Flüchtlinge

Beschwerdekommission soll bei Problemen helfen und vermitteln. Gesellschaftliche Gruppen veröffentlichen „Appell für Solidarität und Humanität“.

Sollen sich beschweren können: Neuankömmlinge in Hamburg. Bild: dpa

HAMBURG taz | Eine unabhängige Beschwerdestelle für Flüchtlinge will die grüne Bürgerschaftsfraktion in Hamburg einrichten lassen. „Bislang gibt es für Flüchtlinge keine unabhängige Instanz, an die sie sich bei Problemen wenden können“, begründet Innenexpertin Antje Möller den Antrag, der am heutigen Mittwochabend im Parlament eingebracht wird. Die jüngsten Gewaltvorfälle in Flüchtlingsunterkünften hätten deutlich gemacht, dass „Flüchtlingsunterkünfte nicht zu Angst-Orten werden dürfen“, findet auch die grüne Parteichefin Katharina Fegebank.

Die SPD-Mehrheit kündigte an, den Antrag in den Sozialausschuss der Bürgerschaft überweisen zu wollen. „Das Anliegen halten wir für richtig“, sagte SPD-Sozialpolitiker Uwe Lohmann. Allerdings sei der grüne Vorstoß „allzu sehr mit heißer Nadel gestrickt“ und müsse erst noch gründlich debattiert werden.

Die Grünen schlagen eine fünfköpfige Kommission vor, die unbeschränkte Zutritts- und Auskunftsrechte erhalten solle und auch als Schlichtungsinstanz fungieren könne. Die Mitglieder sollten Experten in der Flüchtlings- und Sozialarbeit sein und vom Sozialausschuss der Bürgerschaft ernannt werden. Gewährleistet müsse zudem sein, dass die Kommission von der Innen- und der Sozialbehörde organisatorisch unterstützt wird. Ein einjähriger Modellversuch könne bereits im Januar 2015 beginnen, hoffen die Grünen.

Anlass für den Vorstoß sind Berichte über Misshandlungen von Asylbewerbern durch Sicherheitspersonal in Flüchtlingsheimen in Nordrhein-Westfalen. Auch in Hamburg berichteten Mitte voriger Woche mehrere Flüchtlinge, sie seien von Sicherheitsmännern und Polizisten geschlagen und getreten worden. Innensenator Michael Neumann (SPD) ordnete daraufhin eine Überprüfung der Vorwürfe an, auch das Landeskriminalamt hat Ermittlungen aufgenommen.

Bis Ende des Jahres muss Hamburg etwa 14.000 Plätze für Flüchtlinge zur Verfügung stellen. 4.000 Plätze fehlen noch, wobei für rund 2.500 zumindest Pläne vorliegen. Für rund 1.500 gibt es bislang keinerlei Ideen.

Erstaufnahme: Sie befindet sich in der Alten Post in Harburg. Weitere Unterbringungen gibt es in der Sportallee in Groß Borstel, auf einem Parkplatz im Altonaer Volkspark und in Nostorf/Horst in Mecklenburg-Vorpommern.

Überfüllung: In der Erstaufnahme leben rund 2.300 Flüchtlinge, 300 von ihnen in Zelten. 800 sind bereits länger als die üblichen drei Monate in der Erstaufnahme.

Pläne: Die Sozialbehörde will auf ehemalige Schulen und Kasernen zurückgreifen und zwei Wohnschiffe zur Verfügung stellen.

Geld: Die Bürgerschaft hat im September die Mittel für das laufende Jahr von 152 auf 300 Millionen Euro nahezu verdoppelt.

Zugleich haben am Dienstag Kirchen, Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbände sowie andere Organisationen einen „Appell an die Hamburger Zivilgesellschaft“ veröffentlicht. Im Hinblick auf den nahenden Winter sei „die praktizierte Solidarität und Humanität“ aller BürgerInnen notwendig, heißt es in dem Aufruf. Insbesondere sollten „Willkommens-Initiativen zur nachbarschaftlichen Unterstützung und persönlichen Hilfe“ gegründet werden.

„Wir wollen mit dem Appell Akzente setzen, um schnell helfen zu können“ sagte die Hamburger DGB-Vorsitzende Katja Karger. Mit diesem „Schulterschluss“ hofft Landespastor Dirk Ahrens, Chef des Diakonischen Werkes, „ein Klima und eine Atmosphäre zu schaffen, die Flüchtlinge in einer weltoffenen Stadt offen zu empfangen“.

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