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Grüne für Jugendzentrum am HermannplatzKarstadt-Leerstand sinnvoll nutzen

Aufgrund neuer Flüchtlingsunterkünfte brauche es neue Einrichtungen für Jugendliche, so die Grünen. Auch im Wedding wird über Nachtnutzung diskutiert.

Hineinspaziert ins Jugendzentrum Foto: dpa

Berlin taz | Für soziale Infrastruktur ist der Bedarf in Berlin groß, die Flächen aber rar. Dabei gibt es viel Leerstand, etwa in Büro- und Geschäftsgebäuden. Die Idee der Grünen-Bezirksverbände Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln liegt daher nahe: Sie fordern ein Jugendzentrum und Integrationsprojekt im Karstadt-Gebäude am Hermannplatz.

Im Januar schloss das Restaurant im Dachgeschoss, auch im zweiten Stockwerk stehen Flächen leer. Niemand weiß, wie es in dem Gebäude weitergeht, seitdem der österreichische Signa-Konzern um seinen Chef René Benko vor anderthalb Jahren Insolvenz anmelden musste und sich die Pläne für einen pompösen Neubau in Luft auflösten.

Ausgebaut wird in der Gegend derweil etwas anderes: neue Flüchtlingsunterkünfte. Mehr als 300 Menschen sollen im Herbst eine neue Unterkunft in der Sonnenallee beziehen, dem folgt im kommenden Jahr in Kreuzberg eine weitere für etwa 800 Personen im ehemaligen Gebäude der Rentenversicherung an der Hasenheide. Beate Bruker, Fraktionsvorsitzende der Neuköllner Grünen und Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, sagt: „Da kommen Familien mit Kindern, die Treffpunkte im Kiez brauchen.“

Doch nicht nur sie: In dem dicht besiedelten Bezirk fehlten schon jetzt ausreichend Angebote, sagt Bruker. Es gebe eine Vielzahl von Kindern und Jugendlichen, oft aus armen Familien, die einen Bedarf an entsprechenden Angeboten hätten. Gleichzeitig ist schon die Finanzierung der bestehenden Einrichtungen angesichts von Sparvorgaben des Senats unsicher. Die Priorität sei, so Bruker, „dass bestehende Einrichtungen vollständig erhalten bleiben“.

Doch damit zufrieden sind die Grünen nicht. Sie fordern, dass der Senat aktiv wird und neue Angebote im Karstadt-Gebäude finanziert. Bruker kündigt an, dass in beiden Bezirken entsprechende Anträge in die Bezirksverordnetenversammlungen eingebracht werden. Dabei gehe es um eine Zwischennutzung. Alternativen gebe es nicht. „Ich sehe nicht, wo im Donau- und Reuterkiez sowie an der Hasenheide noch andere Räume zu finden sind“, so Bruker.

Künstler wollen im Wedding mitreden

Eine ähnliche Gemengelage gibt es in der Müllerstraße im Wedding. Dort steht das alte Karstadt-Gebäude am Leopoldplatz sogar ganz leer, abgesehen von einem Discounter im Erdgeschoss. Die Umbaupläne wurden von der neuen Eigentümerin, der Versicherungskammer Bayern, gestoppt. Doch hier ist der Bezirk schon weiter – und plant, die Flächen für ein Kulturzentrum zwischenzunutzen.

Aktuell versucht das Kollektiv Stadtgewitter um den Kunstaktivisten Jakob Wirth sich in die Diskussion um die Nachnutzung einzumischen. Diese Woche trafen sich An­woh­ne­r:in­nen und Initiativen auf dem Dach des Einkaufszentrums Cittipoint ebenfalls in der Müllerstraße, um Pläne zu schmieden. Für Samstag ist eine Abschlussparade vom Dach bis zum Karstadt geplant. Man dürfe sich überraschen lassen, so die Ankündigung.

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5 Kommentare

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  • >reden wir darüber<

    Ausgewählte Artikel - gerade bei den "nicht ausgewählten Artikeln" wäre die Meinung der anderen taz-Leser interessant gewesen. Da sollen wir aber nicht darüber reden.

    Bin seit über 35 Jahren taz-Papier-Abonnent und muss mir im Oktober überlegen, wie es mit dem Abo weitergeht.

    Die Möglichkeit, im Forum an einer Diskussion teilzunehmen, wäre sicher ein Argument, weiterhin Geld für das taz-Projekt auszugeben.

  • Kulturaktivisten wollen also bei der Nutzung von Immobilien in Bestlage mitreden? Natürlich ohne Miete zu zahlen. Die Eigentümer und Investoren haben da wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden. Nicht jede Art von Kunst muss gefördert werden.

  • Das Allerletzte, was es an Berlins derzeit krassestem Drogenhotspot und Trinkerszenetreffpunkt, dem Leopoldplatz, braucht, ist ein Treffpunkt für geflüchtete Familien oder Kinder und Jugendliche

    Sollen die gleich lernen, wie man sich die Spritze setzt?

  • "Karstadt-Leerstand sinnvoll nutzen



    Aufgrund neuer Flüchtlingsunterkünfte brauche es neue Einrichtungen für Jugendliche"



    Warum keine Flüchtlingsunterkünfte im Karstadt?

  • Angesichts der Kürzungen und der weiterhin trüben fiskalischen Aussichten wäre es verwunderlich, wenn der Senat auf die Forderungen eingehen würde.

    Weshalb kümmert sich der Bezirk nicht selbst um die Finanzierung und nimmt den Kontakt zum Insolvenzverwalter auf?