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Großspenden an die Parteien 2024Die Neue macht das Rennen

Kurz vor Jahresende sieht alles danach aus, dass das BSW die Parteispendenrallye gewinnt. Und die Kleinpartei Volt schneidet besser ab als die Grünen.

Beim Kasse machen einsame Spitze: Als Großspendensammlerin schlägt BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht sogar CDU-Chef Friedrich Merz Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Es war eine rasante Aufholjagd, die die CDU hingelegt hat. Der Bruch der Ampelkoalition Anfang November beflügelte zwar das monetäre Engagement des deutschen Kapitals zugunsten des Merz-Vereins enorm. Dennoch müssen sich die Christ­de­mo­kra­t:in­nen bei der großen Parteispendenrallye in diesem Jahr wohl einem Newcomer geschlagen geben.

Kurz vor Silvester liegt das BSW mit mehr als 6,4 Millionen Euro deutlich vor der CDU, die auf rund 4,9 Millionen Euro kommt. Insgesamt vereinnahmten alle Parteien 2024 bis zu diesem Wochenende zusammen rund 17,4 Millionen Euro – deutlich mehr als im Bundestagswahljahr 2021. Damals waren es rund 13,5 Millionen Euro.

Seit März dieses Jahres sind die Parteien gesetzlich verpflichtet, Spenden über 35.000 Euro „unverzüglich“ unter Angabe des Spen­de­r:in­nen­na­mens der Bundestagspräsidentin zu melden. Zuvor lag die Grenze bei 50.000 Euro. Die entsprechenden Großspenden werden anschließend zeitnah in einer Bundestagsdrucksache veröffentlicht.

Zwar liegen die Zuwendungen insgesamt noch wesentlich höher. Das lässt sich aber erst durch die Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte der Parteien etwa eineinhalb Jahre später nachvollziehen. Da müssen alle, die mehr als 10.000 Euro spenden, öffentlich gemacht werden. Die zeitnah veröffentlichten Großspenden zeigen jedoch eine starke Tendenz auf.

Auf Platz eins steht das erst im Januar gegründete BSW. Das verdankt es dem Unternehmer Thomas Stanger. In zwei Tranchen spendete der gebürtige Würzburger, der seit zwei Jahrzehnten in Mecklenburg-Vorpommern lebt, im Frühjahr insgesamt 5,08 Millionen Euro an die Wagenknecht-Truppe. Sein Vermögen hat Stanger mit der von ihm 1983 mitgegründeten MA Lighting Technology GmbH gemacht, eine fränkische Elektronikfirma, die Steuertechnik für Licht- und Bühneneffekte bei großen Konzerten oder Theateraufführungen liefert.

Eine weitere Großspende für das BSW in Höhe von 50.000 Euro kommt von der Horizontwerke GmbH. Dahinter steckt der Freiburger Unternehmer Heinrich Röder, der sein Geld mit Wind- und Solarenergie verdient und noch 2021 von sich sagte, er wähle die Grünen, „seitdem es sie gibt“. Nun unterstützt er eine Partei, die klimapolitisch nicht von der FDP und kaum von der AfD zu unterscheiden ist.

Die restlichen rund 1,2 Millionen Euro kommen von einem eingetragenen Verein, den Wagenknecht & Co. im vergangenen Jahr gegründet hatten, um vor der offiziellen Parteigründung Spenden einsammeln zu können.

Volt bekommt mehr Spendengeld als die Grünen

Demgegenüber kommt die CDU auf 52 Großspenden, die Hälfte sprudelte nach der Neuwahlankündigung Anfang November. Ihr größter Gönner war der Jenaer E-Commerce-Unternehmer Stephan Schambach, der in drei Tranchen insgesamt 650.000 Euro springen ließ. Auf Platz zwei folgt der Kölner Immobilienfondsunternehmer Christoph Alexander Kahl mit 500.000 Euro. Seit 2020 hat er insgesamt 1,9 Millionen Euro an die Partei überwiesen.

Wie jedes Jahr fehlt auch dieses Mal nicht der BMW-Clan: Susanne Klatten, Stefan Quandt und Gabriele Quandt beglückten die Partei mit zusammen 140.002 Euro. Anders als in früheren Zeiten hielt sich ansonsten die Spendenbegeisterung der kriselnden Automobilindustrie in Grenzen.

Über 30 Großspenden kann sich die FDP freuen. Davon gingen 22 nach dem Rausschmiss von Parteichef Christian Lindner als Bundesfinanzminister ein. Mit insgesamt rund 2,42 Millionen Euro landete die rechtsliberale Partei auf Platz 3 und rangiert damit in der Spender:innen- weitaus höher als in der Wähler:innengunst. An der Spitze steht mit einer halben Million Euro der Kölner Unternehmer Dieter Albert Richard Morszeck, dessen Familie mit der Herstellung von Aluminiumkoffern reich geworden ist.

Überraschend auf Platz 4 findet sich Volt. Die linksliberale Kleinpartei, die bei der Europawahl mit 2,6 Prozent einen Achtungserfolg erzielte, kann sich über insgesamt 1,38 Millionen Euro freuen. Verantwortlich dafür sind bloß zwei Parteimitglieder: In drei Tranchen knapp 1,26 Millionen überwies der reiche Erbe Thadaeus Friedemann Otto, der aus einer Hausschuhproduzentendynastie aus dem niedersächsischen Goslar stammt und sich seine Zeit als Rapper in London vertreibt. Die StartUp-Unternehmerin Jutta Steiner, die auf der Volt-Landesliste in Brandenburg für den Bundestag kandidiert, spendierte 125.000 Euro.

Da können die Grünen nicht mithalten. 2021 sammelten sie noch mehr als 3,4 Millionen Euro ein, diesmal sind es nur etwa 922.000 Euro, die sich auf 14 Großspenden aufteilen. Größter Einzelgönner war mit 100.000 Euro der Berliner Investor und Anlageberater Jochen Wermuth, gefolgt von dem Kölner Musiker Henning May mit 95.000 Euro.

Campact größter SPD-Spender

Abgeschlagen nur auf Platz 6 rangiert die Nochkanzlerpartei SPD. Sie konnte acht Großspenden in Höhe von insgesamt 520.000 Euro verbuchen. Bemerkenswert: Größter Spender ist der Verein Campact. Obwohl sich die Kampagnenorganisation als „unabhängig von Parteipolitik und Wirtschaftsinteressen“ versteht, unterstützte sie die SPD im brandenburgischen Landtagswahlkampf mit etwa 160.000 Euro.

Die Grünen bekamen für ihre Wahlkämpfe in Brandenburg und Sachsen sogar rund 233.300 Euro. Zudem erhielt noch eine Nichtregierungspartei Geld von Campact: Für die Linke blieben 68.038 Euro für ihren Wahlkampf in Sachsen übrig – was angesichts der Großzügigkeiten an SPD und Grüne eher nach einer Alibizahlung aussieht. Aber immerhin war das die einzige Großspende, die die in ihrer Existenz bedrohte linke Partei in diesem Jahr bekam. Von den im Bundestag vertretenen Parteien schnitt nur die AfD schlechter ab: Die extrem rechte Partei ist – zumindest offiziell – leer ausgegangen.

Noch nicht richtig zu taxieren ist die CSU, die bisher mit vier Großspenden 290.000 Euro einkassiert hat. Aber noch nicht dabei ist die milde Gabe des Verbandes der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie, der seit Jahrzehnten Hauptsponsor der Christsozialen ist, jedoch stets erst kurz vor Schluss im Jahr seine Hundertausende rüberschiebt. Es wäre schon sehr außergewöhnlich, wenn das nicht auch diesmal der Fall wäre. Dadurch dürfte sich die CSU zumindest noch vor die SPD schieben.

Außer Campact haben auch noch andere Groß­spen­de­r:in­nen gleich mehrere Parteien beglückt. So überwies die Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) je 100.000 Euro an die SPD, die CSU und die Grünen, 350.000 Euro an die FDP und 600.000 Euro an die CDU. Der Berliner Unternehmer und Ex-FDP-Bundesschatzmeister Harald Christ, der wegen der „D-Day“-Affäre aus der FDP ausgetreten ist, spendete im Dezember je 40.000 Euro an CDU, CSU, SPD, FDP und Grüne.

Die Dr. Theiss Naturwaren, Produzent von Naturheilkundeprodukten, gab 60.000 Euro der SPD, 47.000 Euro an die CDU und 40.000 Euro der FDP. Die Privatbank Berenberg zahlte 200.000 Euro an die CDU und 50.000 Euro an die FDP. Von der Socrates Beteiligungsgesellschaft des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Hans-Hermann Tiedje bekamen die beiden Parteien je 60.000 Euro und vom Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie je 45.000 Euro. Der „Jägermeister“-Erbe Florian Rehm verteilte 82.501 Euro an die CDU und 43.751 Euro an die Grünen.

Neben Volt konnten sich weitere Klein- und Kleinstparteien in diesem Jahr über Großspenden freuen, wenn auch in einer kleineren Größenordnung: An die MLPD spendeten zwei Par­tei­ak­ti­vis­t:in­nen im Rentenalter aus Gelsenkirchen und Sindelfingen zusammen 232.907,50 Euro, die DKP erhielt von einer Spenderin aus Rheinland-Pfalz 50.000 Euro und die rechte WerteUnion bekam 200.000 Euro von ihrem Förderverein.

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4 Kommentare

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  • Ob die beiden Großspender des BSW das alles tatsächlich aus eigner Kasse bezahlen? Oder etwa im östlichen Ausland Erstattung dafür bekommen??

  • Das ausgerechnet die Russland - Hörige Frau Zarenknecht die meisten Spenden erhält, ist extrem Besorgniserregend!



    Auf der anderen Seite haben wir die CDU CSU FDP SPD die seit 1949 echte, scharfe Anti- Korruption Gesetze mit harten Gefängnissstrafen, gegen Parlamentarier, Richter, Staatsanwalte, Lobbyisten verhindern. Und dadurch seit Jahrzehnten immer mehr unsere Demokratie verraten, ihren Dienst - Eid brechen und unsere Demokratie immer unglaubwürdiger machen.

  • Niedlich. Kamala Harris hat das Weiße Haus auch mit einer Milliarde USD nicht gewinnen können.

  • Die können zwar viel spenden, aber auch nicht mehr als einmal wählen. Und was die anderen Wähler mit ihrer Stimme machen, dafür sind die immer noch selbst verantwortlich, Wahlkampfwerbung hin oder her.